Tagesordnungspunkt:
Zwischenrufe:
2
Beifall:
6
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! „Deutschlands strategische Souveränität stärken – Für eine neue China-Strategie“ lautet der Titel dieser von der Union beantragten Aktuellen Stunde. Es ist schön, dass wir dies hier diskutieren können, weil es genau das ist, woran die Bundesregierung arbeitet; genau das eignet sich als Titel für das, was wir machen.
Ein kluger außenpolitischer Akteur hat in den letzten Tagen gesagt – einige von Ihnen waren dabei –: Erstens. Scholz ist deutlich kritischer aufgetreten in China, als es Merkel jemals getan hat.
Nachdem er den Hafen verkauft hat!)
Zweitens. Merkel würde heute wahrscheinlich auch kritischer auftreten, als sie damals auftrat. – Insofern haben wir vielleicht alle unsere Lerneffekte. Ich will es noch mal sagen, weil Sie das so ein bisschen in Abrede stellen: Frau Merkel war die treibende Kraft eines EU-China-Handelsabkommens; sie war die treibende Kraft, kann man alles nachlesen. Ich zitiere:
Im Videomeeting mit Xi Jinping setzt die Kanzlerin ihren wirtschaftsfreundlichen Chinakurs fort.
Das war nicht 2014, sondern das stand in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 6. Juli 2021, also vor gerade einmal ein bisschen mehr als einem Jahr.
Mich hat gerade ein Kollege darauf hingewiesen, dass ich doch vielleicht die Union – vielleicht auch Herrn Spahn, Herrn Wadephul und andere – persönlich daran erinnern kann, wo sie eigentlich war bei der Debatte um den Verkauf des Hafens von Piräus, als wir Griechenland dazu gedrängt haben, eine für Europa ganz wichtige Infrastruktur zu 100 Prozent an China zu verkaufen.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Es stimmt doch nicht! Es ist einfach nicht wahr! Der Hafen Piräus wurde 2008 verkauft!)
Wir waren da irgendwo alle mit dabei. Aber ich finde das falsch. Und ich finde, das könnten Sie dann auch sagen.
Also: Der Anstoß zu der Debatte ist richtig. Aber ich finde, Sie sollten deutlich machen, dass die Positionen innerhalb der Parteien deutlich vielfältiger verteilt sind; auf den Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein ist schon hingewiesen worden.
Und ich finde, es ist ein bisschen seltsam, mit welchem außenpolitischen Rigorismus Sie aus der Opposition heraus auftreten. Wir haben es bei Herrn Röttgen im Zusammenhang mit dem Iran auch schon gesehen. Jetzt machen Sie es entsprechend bei China. Es ist schon interessant, welche Rolle die Union da zurzeit einnimmt.
Und auch darauf ist hingewiesen worden: Beim Lieferkettengesetz – ich habe das nun führend verhandelt – haben Sie ein Jahrzehnt lang blockiert und versucht, das Ganze abzuschwächen. Es ist am Ende gekommen, aber im Grunde genommen gegen Ihren Widerstand, und das wissen Sie ganz genau. Das, was wir damit erreicht haben, und das, was wir jetzt von den Unternehmen hören, hat eine höhere Bedeutung als das, was wir drei Jahrzehnte an Menschenrechtspolitik gegenüber China diskutiert haben,
Zuruf von der CDU/CSU: Ach, herrje!)
und das ist gut so, und das ist gegen Ihren Widerstand durchgesetzt worden.
Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Im Übrigen: Der Zeitpunkt von Reisen des Bundeskanzlers wird durch den Bundeskanzler festgesetzt. Nicht in jedem Zeitpunkt steckt auch eine Symbolik. Aber ich glaube, wir können doch alle gemeinsam in aller Ruhe feststellen, dass dieser Besuch erfolgreich war, dass er notwendig war, dass es – bei allen Unterschieden, die wir mit China haben – notwendig ist, Russland zu isolieren oder zumindest einzuhegen. Deswegen war es auch richtig, dass die Außenministerin in Kasachstan war. Deswegen war es auch richtig, dass wir Regierungskonsultationen mit Indien hatten. Es war ein Erfolg, dass China deutlich gemacht hat: Mit Atomwaffen zu drohen, kann kein Teil von Außenpolitik sein. Und es war auch gut, dass der Bundeskanzler die Taiwanfrage angesprochen hat und auch Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtler wie Yu Wensheng getroffen hat.
Wir sind uns hoffentlich einig – die meisten hier sind es –, dass die Menschenrechtslage in China verheerend ist, ob wir über Tibet reden, Xinjiang, Hongkong oder anderswo. Die Lage der Uiguren in Xinjiang ist verheerend: 1 Million Menschen befinden sich in sogenannten Umerziehungslagern, Zwangssterilisationen werden durchgeführt, es herrscht permanente Überwachung, Religion und Kultur werden zerstört. Es ist eine Schande, dass es uns als Bundesregierung gemeinsam mit anderen nicht gelungen ist, das Thema im UN-Menschenrechtsrat auf die Tagesordnung zu setzen, weil China es verhindern konnte.
Wir sehen, dass in Hongkong alle internationalen Abkommen durch China gebrochen worden sind, dass die Medien gleichgeschaltet sind. Deswegen ist es gut – das will ich an der Stelle auch sagen –, dass wir fraktionsübergreifend einen Parlamentskreis „Hongkong“ ins Leben gerufen haben. Ich will viele Kolleginnen und Kollegen ermuntern, dazuzukommen.
Ich will ein Letztes zur China-Strategie sagen, weil das, glaube ich, dazugehört: Das ist eine außenpolitische Strategie, aber auch eine innenpolitische Strategie. Wir können nicht zulassen – das betrifft übrigens nicht nur China, sondern auch andere Länder –, dass China versucht, in Deutschland Druck auf Dissidenten auszuüben, und versucht, quasistaatliche Überwachungs- und Polizeistrukturen aufzubauen. Wir müssen dem mit aller Macht außenpolitisch, aber auch innenpolitisch entgegenwirken.
Vielen herzlichen Dank.
Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Dieter Janecek spricht jetzt für Bündnis 90/Die Grünen.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)