Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ja schon mehrfach über einen solchen Antrag der Linken debattiert. Ich habe mir das Vergnügen gegönnt, die Debatten dazu anzusehen und die Protokolle durchzulesen. Ich kann Ihnen sagen: Viel Neues ist eigentlich nicht gekommen. – Bemerkenswert fand ich aber heute schon, dass Die Linke Konrad Adenauer zitiert und die FDP Karl Marx.
Heiterkeit bei der CDU/CSU)
Das hatten wir bis jetzt in der Debatte noch nicht.
Aber ganz ernsthaft: Die Argumente liegen ja alle auf dem Tisch, und sie sind noch mal verstärkt worden durch das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium, das im Mai letzten Jahres vorgelegt wurde; übrigens der Wissenschaftliche Beirat des jetzigen Bundeskanzlers Olaf Scholz, der damals noch Bundesfinanzminister war. Dieser Beirat kommt zu dem klaren Ergebnis, dass eine Vermögensabgabe wirtschaftlich unsinnig und verfassungsrechtlich höchst zweifelhaft wäre.
Zuruf von der LINKEN: Steht aber auch im Grundgesetz!)
Von daher wäre es nicht sinnvoll, dies weiter zu verfolgen. Vielmehr sollte man sich um andere Dinge kümmern, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Markus Herbrand [FDP])
In diesem Gutachten des Beirates werden verschiedene Argumente aufgeführt. Ich finde ein Argument dabei sehr wichtig: Das ist Vertrauen. Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger, der Unternehmen in den Rechtsstaat, Vertrauen in Rechtssicherheit und Regelbindung des Staates. Wenn jetzt ad hoc auf Vermögen zugegriffen wird, es letztendlich enteignet wird, wird dieses Vertrauen verloren gehen, und der Investitionsstandort Deutschland wird darunter leiden. Darum sollten wir an solch eine Vermögensabgabe gar nicht erst denken, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Diese Vermögensabgabe wäre der absolute Standortkiller. Deshalb sollte man davon absehen.
Ein wenig vermessen finde ich es auch – obwohl ich den Kollegen Görke ja dafür schätze, dass er Herrn Adenauer zitiert –, den Lastenausgleich aus den 50er-Jahren hinzuziehen.
Die Krise war ähnlich!)
– Es war eben eine andere Krise. – Wir sollten uns noch mal bewusst machen, in welchem Zustand unser Land damals war: 8 Millionen Flüchtlinge in unserem Land, 40 Millionen Wohnungssuchende.
8 Millionen Flüchtlinge? 12 bis 14 Millionen Flüchtlinge!)
Ich will ja nicht kleinreden, dass wir derzeit auch vor einer Herausforderung stehen. Aber die jetzige Situation mit der Krise nach dem Krieg zu vergleichen, halte ich fast für unanständig, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Wir müssen auch wissen: Damals hat man es nicht, wie Sie es jetzt wollen, gemacht, um umzuverteilen, sondern man hat es auch deswegen gemacht, weil der Staat nicht mehr kreditwürdig war. Es gab keine Kapitalmärkte, die Deutschland damals auch nur einen Euro oder einen Pfennig gegeben hätten.
Zuruf von der AfD: D‑Mark!)
Steuerlich war auch nichts mehr möglich: Die Einkommensteuer – das wird Die Linke freuen – hatte damals einen Spitzensteuersatz von 95 Prozent. Das fordert noch nicht mal Die Linke hier im Bundestag.
Bei Helmut Kohl: 53 Prozent!)
Also, von daher haben wir jetzt eine völlig andere Situation. Unser Land ist nach wie vor höchst kreditwürdig. Wir sind an den Kapitalmärkten gerne gesehen; wir bekommen dort genug Geld.
Es ist auch schon darauf hingewiesen worden, dass der Staat auch hohe Einnahmen hat. Natürlich muss man das teilweise inflationsbereinigt sehen. 2012, also vor zehn Jahren, hatten Bund, Länder und Kommunen circa 600 Milliarden Euro Steuereinnahmen. In diesem Jahr – zehn Jahre später – werden wir fast 900 Milliarden Euro Steuereinnahmen haben; das sind 50 Prozent mehr. Nach der jüngst vorliegenden Steuerschätzung werden wir im Jahr 2028 1 Billion Euro Steuereinnahmen haben. Wir haben also genug Geld, man muss damit nur vernünftig umgehen. Da hat die Ampel noch einiges zu tun.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Das Instrument einer einmaligen Vermögensabgabe ist kein Instrument – jedenfalls ist es im Grundgesetz nicht so angelegt –, um Umverteilung zu betreiben. Hier wird immer der Eindruck erweckt, die sogenannten breiten Schultern würden nichts beitragen. Ich will Ihnen nur mal sagen, dass 10 Prozent der Steuerpflichtigen 50 Prozent des Aufkommens der Einkommensteuer gewährleisten – 50 Prozent sorgen für 94 Prozent des Aufkommens, also fast das komplette Volumen.
Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)
Wir haben einen linear-progressiven Tarif; dazu stehen wir auch. Die breiten Schultern leisten also schon erheblich mehr. Das ist auch gut so, das soll auch so sein. Man muss aber vorsichtig sein, dass man das Rad nicht überdreht und zu einer Drosselung kommt, die grundgesetzlich sowieso nicht zulässig wäre.
Substanzsteuern haben grundsätzlich das Problem, dass sie unter Umständen auch aus der Substanz bezahlt werden müssen. Darum ist es richtig, Erträge aus der Substanz vernünftig zu besteuern, die Substanz selber aber nicht. Hier wird auch der Vermögensbegriff nicht richtig definiert. Hier wird immer der Eindruck erweckt, das sei alles Liquidität, das habe der Unternehmer oder wer auch immer auf dem Konto liegen. Bei dem von Ihnen erwähnten 1 Prozent der Multimillionäre
Und Milliardäre!)
– und auch Milliardäre – sind über 60 Prozent des Vermögens in Betriebsvermögen gebunden. Das ist gebundenes Kapital, das steht denen gar nicht zur Verfügung.
Wenn Sie sich mal Familienunternehmen ansehen, die ja das Rückgrat unserer Wirtschaft darstellen, sehen Sie: Die haben meist Gesellschaftsverträge, die vorschreiben, dass sie gar nichts entnehmen oder frei veräußern können. All dies würden Sie kaputtmachen, wenn diese Betroffenen Geld aus der Reserve nehmen müssten, wenn sie denn nach diesen Krisen überhaupt noch Reserven haben. Sie würden vielen Familienunternehmen in unserem Land den Todesstoß versetzen, und deshalb kann man das auch gar nicht fordern und weiterverfolgen.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Maximilian Mordhorst [FDP])
Ich will jetzt gar nicht von den bürokratischen Kosten reden. Wir haben im Rahmen der Grundsteuer und im Rahmen der Erbschaftsteuerreform umfassend debattiert, wie man Vermögen ermittelt. Das hier ist, wie ich meine, auf Knopfdruck gemacht. Jetzt wollen Sie für eine einmalige Abgabe das gesamte Vermögen der Bundesrepublik Deutschland neu bewerten, sonst wüssten Sie ja nicht, ob Sie die Freibeträge erreichen oder ob sie erhöht werden müssen. Das ist ein Wahnsinn! Das ist ein Bürokratiemonster, das Sie da erzeugen würden. Ein weiterer Grund, Ihren Antrag abzulehnen.
Zuruf von der LINKEN)
Dieser ganze Antrag ist letztendlich ein Griff in die parlamentarische Mottenkiste, mal wieder ein Feldversuch der Linken, sich an den Unternehmern und an den Menschen, die es zu Vermögen gebracht haben, zu bereichern. Es ist erstaunlich, welch große Einheit sich hier im linken Block zeigt. Von daher hoffen wir mal, dass wenigstens die FDP in diesem Punkt stehen bleibt und wir uns auf die FDP verlassen können.
Keine Sorge!)
Herzlichen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Güntzler. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Emilia Fester, Bündnis 90/Die Grünen.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)