Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich für den Antrag, der eine in meinen Augen wirklich wichtige Diskussion über Gerechtigkeit und Ungleichheit anstößt. Kaum ein Land in Europa hat eine so hohe Ungleichheit bei privaten Vermögen wie Deutschland, und das ist heute, im dritten Krisenjahr in Folge, nicht anders. Viele Menschen fragen sich, wie sie über die Runden kommen.
Ich möchte aber noch eine andere Perspektive in die Debatte heute einbringen. Auch in den Kommunen, die eine zentrale Rolle bei der Daseinsvorsorge spielen, ist das Geld knapp. Zu den Löchern in den Kassen kommen die erwarteten hohen Energiepreise. Zu Hause mache ich Kommunalpolitik. In meiner Heimat Ginsheim-Gustavsburg im Kreis Groß-Gerau und überall anders fragen wir uns gerade: Heizen wir jetzt das Bürgerhaus oder doch lieber die Turnhalle? Stecken wir das Geld in das kommunale Krankenhaus oder in den dringend benötigten Kitaplatz? Es fehlt das Geld an allen Ecken und Enden.
Doch es gibt auch Menschen, die ihr Vermögen trotz aller Krisen vermehren. Das betrifft in erster Linie die Reichsten in diesem Land. Allein ein gesundes Gerechtigkeitsempfinden sagt uns doch, dass sie ihren Beitrag zur Finanzierung unseres Gemeinwohls leisten müssen.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wenn die aktuellen Krisen die Schere zwischen Arm und Reich noch größer werden lassen, dann ist es unsere Aufgabe, dem entgegenzuwirken. Für mich konkret bedeutet das: Wir können über eine Art Vermögensabgabe oder auch über eine fairere Erbschaftsteuer reden, die vor allem bei der Frage der Chancengleichheit entscheidend ist.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Zurufe von der CDU/CSU)
Wir brauchen jedenfalls ein gerechteres Steuersystem. Das heißt auch: Wir müssen die finanziellen Möglichkeiten der Kommunen in dieser breiten Debatte im Blick behalten.
Die Kommunen sind das Fundament unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens. Sie tragen eine große Verantwortung für die Versorgung der Menschen: von der Geburtsklinik über Kitas, Schulen, Büchereien bis hin zu Rettungsdiensten und Altersheimen, von der Energieerzeugung über Sparkassen, ÖPNV bis hin zur Müllentsorgung. Kurz gefasst: In den Kommunen wird konkrete Daseinsvorsorge betrieben und ein Großteil der öffentlichen Investitionen getätigt. Doch die aktuellen Krisen lassen kaum finanziellen Spielraum. Vielmehr stehen einzelne Bereiche in Konkurrenz zueinander. Doch wer soll denn die Entscheidung treffen, was wichtiger ist: Turnhalle oder Schwimmbad? Radweg oder Bus? Kita oder Altersheim? Es geht hier schlichtweg um die Finanzierung unseres Gemeinwohls.
Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)
In den letzten Jahren wurden verschiedene Mittel und Wege in Betracht gezogen, um mit den kommunalen Haushaltsproblemen umzugehen: Übernahme von Altschulden durch den Bund, Reform der Gemeinschaftsteuern oder des Finanzausgleichs, verschiedene länderspezifische Initiativen wie zum Beispiel die Hessenkasse. Ich denke, dass wir weiterhin diese Projekte vorantreiben und uns um eine nachhaltige und gerechte Lösung für unsere Kommunalfinanzen bemühen müssen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich denke aber auch, dass eine Vermögensabgabe ihren Beitrag zu mehr Gerechtigkeit in der gesamtstaatlichen Finanzpolitik leisten kann.
Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Tim Klüssendorf [SPD] und Christian Görke [DIE LINKE])
Die grundsätzlichen Argumente für eine Vermögensabgabe liegen auf der Hand. Laut Oxfam konnten allein die reichsten zehn Personen in Deutschland ihre Vermögen während der Pandemie um 78 Prozent steigern: von 125 auf 223 Milliarden Euro. Gleichzeitig erreichte die Armutsquote mit 16 Prozent, also circa 13 Millionen Menschen, einen Höchststand. Ich persönlich finde, das ist nicht gerecht und nur schwer auszuhalten.
Beifall des Abg. Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Natürlich gibt es viele technische Fragen zur genauen Ausgestaltung, die vorab zu klären sind. Außerdem liegen schon zahlreiche Vorschläge aus unterschiedlichen Quellen vor, die aufgegriffen werden können. Die Wirtschaftsweisen sind nicht wirklich für ihre revolutionäre Art bekannt, empfehlen aber trotzdem eine zeitlich befristete Erhöhung des Spitzensteuersatzes bzw. einen Energie-Solizuschlag für Besserverdienende.
Genau so ist es!)
Es gibt zahlreiche Argumente für eine gerechtere Ausrichtung unserer Steuerpolitik. Ich bin gerne bereit, über den Nutzen einer klug durchdachten Vermögensabgabe zu reden. Es geht letztlich auch darum, gut durch die Krise zu kommen. Dabei müssen wir die Kommunen unbedingt mitnehmen, weil diese in großem Maße für unsere Daseinsvorsorge verantwortlich sind und damit auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Ohne sie geht es nicht!
Vielen Dank.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Fritz Güntzler, CDU/CSU-Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU)