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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Linkspartei ist es so wie bei „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Jedes Jahr suchen Sie sich einen anderen Anlass, um hier im Deutschen Bundestag entweder einen Gesetzentwurf oder einen Antrag zur Einführung der Vermögensteuer oder einer Vermögensabgabe vorzulegen. Allein in den letzten zehn Jahren war dies 20‑mal der Fall.
Es war dieses Mal notwendig!
Aber dieses Mal, Herr Bartsch, haben Sie so schlampig und so wenig in die Tiefe gehend gearbeitet wie noch nie.
Zuruf von der LINKEN: Wir wollten es für Sie einfacher machen!)
In Ihrem gesamten Antrag, der auf eine Seite passt, steht keine einzige Zahl: weder zum Steuersatz, den Sie sich vorstellen, noch welchen Freibetrag Sie sich für Familien oder für den Mittelstand vorstellen, noch nicht einmal ein Datum, ab wann diese Abgabe gelten soll, und auch keine Definition, für wen sie überhaupt gelten soll.
Sie schreiben in dem Antrag nur nebulös von Multimillionären. Ich habe mal im Duden nachgeblättert: Was ist ein Multimillionär? Ein Multimillionär ist nach Definition jemand, der ein Vermögen von mehr als 2 Millionen Euro auf dem Papier besitzt, inklusive Haus, Altersversorgung und allem, was dazugehört. Es zählt also nicht das Barvermögen auf dem Konto, sondern alles, was er hat. Da hat jemand, der ein Einfamilienhaus in München oder in Stuttgart oder in Köln besitzt – obwohl es sehr klein ist – und ein sehr kleines Einkommen oder eine sehr kleine Rente bezieht, doch schon ein relativ hohes Vermögen angehäuft. Oder nehmen Sie den Bäckermeister in meinem Wahlkreis Schwäbisch-Hall – zwei Verkaufsfilialen, ein Auto, mit dem er die Brötchen ausfährt –: Der ist mit 2 Millionen Euro Vermögen dabei. Diesem Bäckermeister, der in den letzten zwei Jahren in der Coronazeit leiden musste, der jetzt doppelt so hohe Strom- und Ölpreise zahlen muss, der in dritter Generation arbeitet und mit der Familie überlegt, ob er überhaupt weitermachen kann, dem wollen Sie jetzt durch eine Mittelstandsvermögensabgabe noch den Todesstoß versetzen. Das ist nicht der Umgang, den wir mit dem Mittelstand, mit Familien pflegen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Nein, ich habe auch nach nochmaligem Lesen keine einzige Zahl in Ihrem Antrag gefunden. Was ich dort finde, ist eine Aufforderung an uns.
Nee, Sie sind nicht mehr Bundesregierung!
Das stimmt! Da hat er recht!
Heiterkeit)
– Okay, das stimmt. Dann ist es eine Aufforderung an die Bundesregierung
und an den Finanzminister, einmal bei den anderen Parteien – den Grünen und der SPD – nachzuschauen, was die in den letzten Jahren noch für Vorstellungen hatten. Aber billiger und peinlicher geht es da wirklich nicht.
Bei allem Respekt: Der Kollege Klüssendorf hat sich ja hier heute etwas zurückgehalten. Vor drei Monaten im ntv-Interview ist er aber etwas deutlicher geworden. Er hat klar gesagt, was die Ziele sind: Nach einem Freibetrag will man in Zukunft 10 bis 30 Prozent Teilenteignung durchsetzen, wenn man die Mehrheiten hat.
Was ich hier gehört habe, war ja schon fast eine Koalitionsaussage zugunsten der Linken, und ich glaube, Sie hätten das ruhig etwas genauer formulieren können.
Wenn man allerdings bei den Linken nachschaut, was die in den letzten Jahren zum Thema Vermögensabgabe und Vermögensteuer im Deutschen Bundestag eingebracht haben, dann ist es etwas schwieriger, eine einheitliche Linie zu finden. Wenn ich höre, was Ihr Vorschlag im Jahr 2018 zu einer Vermögensteuer war, die nach Ihrem Vorschlag ja jährlich erhoben werden soll, dann stehen mir schon die Haare zu Berge. Sie wollten eine jährliche Abgabe von 5 Prozent auf den Verkehrswert.
Wir sind hier bei der einmaligen Vermögensabgabe!
Zuruf des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE])
5 Prozent, Herr Fraktionsvorsitzender, bedeuten: Im ersten Jahr ist das Wohnzimmer weg, im zweiten ist das Bad weg, im dritten die Diele. Im zehnten Jahr muss die Familie in der Garage wohnen. Nach 20 Jahren ist das Haus komplett wegbesteuert. Das ist die Vermögensteuer jährlich.
Jetzt kommen wir zu Ihrem Vorschlag der Vermögensabgabe. Im letzten Jahr hatte Ihr Antrag zu dem Thema fast den gleichen Titel, allerdings etwas konzentrierter. Herr Kollege, Sie haben 300 Milliarden Euro als mögliche Einnahmeposten genannt, die eine Vermögensabgabe, wie Sie sich diese vorstellen, bringen kann.
In Ihrem Antrag letztes Jahr sind Sie etwas genauer geworden und haben beschrieben, wie Sie die 300 Milliarden Euro einnehmen wollen. Dort schreiben Sie, dass Sie nämlich nicht nur die Menschen, die hier direkt steuerpflichtig sind, zur einmaligen Vermögensabgabe heranziehen wollen, sondern Sie wollen auch alle Menschen einbeziehen, die beschränkt steuerpflichtig sind, also Menschen, die nicht in Deutschland leben, die keine Deutschen sind, aber die Vermögen in Deutschland haben.
So wie die Amerikaner und wie die Briten das machen!)
Denen wollen Sie 100 000 Euro Freibetrag zugestehen, und den Rest wollen Sie zwischen 10 und 30 Prozent besteuern.
Ich frage mich, wie Sie auf die 300 Milliarden Euro kommen wollen. Nehmen Sie den Chinesen Herrn Li, bekannt als ein vermögender Unternehmer, der 10 Prozent an der Daimler AG hält: Dem wollen Sie 100 000 Euro Freibetrag geben, und dann wollen Sie ihn mit 30 Prozent besteuern. Na, herzlichen Glückwunsch und viel Erfolg! Soll das Stuttgarter Finanzamt ihm einen Steuerbescheid nach China schicken, und was soll er damit machen? Oder gehen Sie nach Brandenburg. Dort baut Elon Musk eine Fabrik mit 40 000 Mitarbeitern, für die am Ende des Tages der Staat Zuschüsse zahlt. Auf der anderen Seite wollen Sie ihn besteuern, um auf Ihre 300 Milliarden Euro zu kommen. Das ist am Ende des Tages nicht durchdacht.
Meine Damen und Herren, wenn wir hier Finanzgesetze oder Anträge beraten, formuliere ich es normalerweise so, dass die Debatte gezeigt hat, dass wir unterschiedliche Ansichten haben und ich mich auf die Beratungen im Finanzausschuss freue. Allerdings kann das heute gar nicht der Fall sein, weil in Ihrem Antrag gar nicht drinsteht, was wir beraten können. Deswegen ist es folgerichtig, dass dieser Antrag nicht an den Finanzausschuss überwiesen wird, –
Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.
– sondern dass wir heute direkt darüber abstimmen und ihn auch ablehnen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege von Stetten. – Sie haben gesehen: Die Sitzungsleitung hat gewechselt. Da wir aktuell bei einem Ende der Sitzung um 4.29 Uhr morgen früh liegen, kommen erst mal freundliche Appelle und der Hinweis darauf, dass ich diesmal etwas genauer als sonst auf die Redezeiten achten werde.
– Nein, bei Ihnen noch nicht, Frau Beck.
Heiterkeit)
Ich habe gerade meine weibliche Seite entdeckt.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Katharina Beck, Bündnis 90/Die Grünen.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)