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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit einigen Monaten diskutieren wir den Weiterbetrieb, die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke. Ich will noch mal kurz die Ursachen für diese Debatte aufzählen: Es ist in erster Linie der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Es ist mit Sicherheit an zweiter Stelle das ausbleibende Gas aus Russland, wohlgemerkt kein Embargo, sondern das einseitige Abdrehen der Gaslieferungen durch Putin. Es ist der fehlende Ausbau der erneuerbaren Energien
Beifall bei Abgeordneten der SPD)
im Süden unserer Republik durch die bayerische Landesregierung ebenso wie quasi der Boykott des Netzausbaus, mindestens genauso wichtig wie der fehlende Windkraftausbau. Und es ist natürlich auch – auch das wurde schon gesagt – der Ausfall der Atomkraftwerke in Frankreich.
An dieser Stelle: Hier wurde von einer Renaissance der AKW international gesprochen. Wir hatten gerade in der Anhörung ein interessantes Ergebnis: International betrachtet ist gerade das Gegenteil der Fall, weil der internationale Kraftwerkspark der AKW schneller altert, als Ausbaupläne der entsprechenden Staaten vorhanden sind. Das heißt, es passiert statt einer Renaissance de facto ein schleichender Ausstieg aus der Atomenergie, also das komplette Gegenteil.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Positiv am vorliegenden Gesetzentwurf ist aus meiner Sicht auf jeden Fall, dass es sich gerade nicht um eine Notreserve, sondern es sich um einen regulären, geregelten, auf absehbare Zeit festgelegten, steuerbaren, vorbereitbaren Streckbetrieb handelt, also nicht um irgendeine Konstellation nach dem Motto: Gehen wir mal schnell mit ein paar AKW ans Netz. – Das kann nicht funktionieren. Insofern: Völlig richtig, dass wir das hier so machen.
Ausgangspunkt, liebe Kolleginnen und Kollegen, war der hier schon mehrfach angesprochene zweite Stresstest. Und es ist eben nicht so, Herr Lenkert, dass alles zu 100 Prozent gesichert ist, sondern der Test hat eindeutig ergeben, dass es ein gewisses, wenn auch kleines Leistungsrisiko für ein paar Stunden gibt.
Zuruf des Abg. Ralph Lenkert [DIE LINKE])
Es ist auch klar, dass die Atomkraftwerke, die wir in den Streckbetrieb geben werden, dieses Risiko leider nur zum Teil auffangen werden. Es besteht also ein Risiko. Ich persönlich bin überzeugt, dass dieser Fall nicht eintreten wird, weil eben auch unsere anderen Maßnahmen zum Tragen kommen.
Der Preiseffekt, über den geredet worden ist – auch das hat die Anhörung ergeben –, ist höchst spekulativ. Die Spannbreite, die da berechnet worden ist – je nachdem, welches Szenario angenommen worden ist –, zeigt aber eines: Der Preiseffekt, den wir damit erzielen würden, insbesondere auch bei einem Betrieb bis Ende 2024, ist so gering, dass er weit hinter dem zurückbleibt, was wir an Entlastungspaketen geschnürt haben, und auch weit hinter dem zurückbleibt, was mit der Strompreisbremse erreicht werden wird. Insofern ist es völlig richtig, den Weg, den Sie vorschlagen, nicht zu gehen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es ist klar: Der Streckbetrieb der Atomkraftwerke ist nur ein Baustein, um zu einer Energiesicherheit in diesem Winter zu kommen. Es sind bereits einige Dinge genannt worden. Ich will nur betonen: Die Gasspeicher sind zu fast 100 Prozent gefüllt; es wurde übrigens der höchste Füllstand der letzten Jahre erreicht, obwohl Putin seinen Gashahn zugedreht hat. Wir werden weiter Gas einsparen. Die Preissignale, die gesetzt sind, werden trotz der Preisbremsen erhalten bleiben. Auch das ist ein wichtiger Punkt. Und zum Jahresende werden die schwimmenden LNG-Terminals am Netz sein und uns unterstützen. Wir werden die Gaskraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung nicht abschalten, wir werden auch weiterhin Gas verstromen; das ist ein wichtiges Signal. Wir haben also eine Fülle von Maßnahmen, und wir werden in diesem Winter energiesicher sein.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Noch ein Wort zum längerfristigen Weiterbetrieb, den Sie vorschlagen – ich bin da wirklich sehr erstaunt –: Nach Ihrer Idee läuft der Weiterbetrieb bis 2024. Aber das Entscheidende ist ja Ihr Hintertürchen – und das muss man hier ganz klar benennen – in Form dieser Prüfoption. Das ist ein ganz klares Hintertürchen – und ich zähle es jetzt mal auf – für den Ausstieg vom Ausstieg des Ausstiegs aus dem Ausstieg.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Ich habe selten so eine Kapriole gesehen, die Sie hier schlagen. Die ist mit uns nicht zu machen.
Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Noch ein paar Sätze zum Thema „Abhängigkeiten von Brennstäben und Brennelementen sowie Uranförderung“. Wir würden uns auf diesem Weg in dieselbe Abhängigkeit von Russland begeben, die wir beim Gas hatten.
Sie waren doch in der gleichen Anhörung! Sie waren in der gleichen Anhörung gerade!)
50 Prozent der weltweiten Förderung sind in Russlands Hand, entweder direkt oder mittelbar. Das heißt, dieses Preisspiel mit der Verunsicherung der Märkte, das Putin mit uns beim Gas gespielt hat, kann er, könnte er, würde er an dieser Stelle wieder genauso spielen,
auch wenn die Konstellation ein klein wenig anders ist; das ist mir bewusst.
Aber wir dürfen dieses Risiko an dieser Stelle auf keinen Fall eingehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ein Satz vielleicht noch – – Nein, kein Satz mehr.
Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)
Ich bitte um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Dr. Klaus Wiener.
Beifall bei der CDU/CSU