- Bundestagsanalysen
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Hellmich, ich danke Ihnen für die klaren Worte, weil die Situation in der Tat sehr besorgniserregend ist.
Rund 100 000 russische Soldaten stehen an der ukrainischen Grenze – und das bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr. Diese russische Provokation müssen wir klar verurteilen. Sie ist Teil der hybriden Vorgehensweise gegenüber dem Westen und unserer osteuropäischen Partner. Sie geht von der Desinformation im Internet über Migrationsfragen in Belarus bis hin zu den Raketen in Kaliningrad, nur 500 Kilometer von hier. Viele andere Beispiele wurden auch von meinem Vorredner aufgezeigt.
Soeben hat mir der ukrainische Botschafter Melnyk – mich freut, dass er die Debatte hier auf der Tribüne verfolgt – in einem Gespräch die konkrete Bedrohungslage und die Perzeption, die Wahrnehmung, der Bevölkerung geschildert. Wir dürfen nicht vergessen: Im Osten der Ukraine herrscht schon Krieg. Täglich werden dort Soldaten verletzt; 70 ukrainische Soldaten sind in diesem Jahr gefallen. Wir reden also nicht über theoretische Szenarien, sondern über tagtägliche Gewalt im Osten Europas. Deshalb muss für uns hier im Hause klar sein: Wir müssen eine weitere Eskalation der Gewalt mit allen Mitteln verhindern.
Wir zeigen uns solidarisch mit der Ukraine und stehen zu dem Prinzip, dass jedes Land seine außenpolitische Orientierung frei wählen kann. Rote Linien aus Moskau dürfen wir nicht akzeptieren – und militärische Aggression schon gar nicht.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Deshalb ist es jetzt unbedingt notwendig, dass auch die neue Bundesregierung die moderierende Rolle fortführt, die Bundeskanzlerin Merkel in den vergangenen Jahren eingenommen hat. Das geht aber nur aus einer Position der Stärke heraus, und das bedeutet in erster Linie, vor allem, Einigkeit und Klarheit innerhalb der Bundesregierung.
Bisher lebten zumindest Teile der SPD in einer Traumwelt, in der klare Sprache gegenüber Russland Fehlanzeige war. Natürlich brauchen wir Dialog und Gesprächsbereitschaft, aber wir brauchen auch Härte und klare Signale gegenüber Moskau.
Was heißt denn das?)
Ich bin schon ziemlich bestürzt, dass Herr Mützenich am ersten Tag der neuen Regierung der Außenministerin in die Parade fährt und ihr die Russland-Politik aus den Händen reißen will. Das ist nicht die Außenpolitik „aus einem Guss“, die Sie im Koalitionsvertrag aufgeschrieben haben. Ich meine, das schwächt unsere Position. Außerdem, glaube ich, brauchen wir eine klare Position zu Nord Stream 2.
Es stellen sich die Fragen: Wie geht es jetzt weiter in der Ukraine? Wird das Normandie-Format fortgeführt? Kann die Regierung zu dem Gipfel, der in Berlin stattfinden soll, einladen? Und was ist letztendlich mit den Defensivwaffen, mit der Verteidigungsfähigkeit der Ukraine, die auch Robert Habeck vor einigen Monaten erwähnt hat? Ich glaube, wir brauchen jetzt mehr Klarheit von dieser Regierung.
Meine Damen und Herren, wir werden mit Russland auf vielen verschiedenen Wegen konfrontiert. Russland ist die zentrale sicherheitspolitische Herausforderung in Europa, und der können wir nur aus einer Position der Stärke heraus begegnen; das muss ich hier noch einmal betonen.
Konkret bedeutet das eine starke Bundeswehr, eine starke NATO und starke transatlantische Beziehungen. Deshalb ist es schade, dass das 2‑Prozent-Ziel nur verklausuliert im Koalitionsvertrag aufgeschrieben ist
Aber immerhin!)
und die Fortführung zentraler europäischer Rüstungsvorhaben, wie zum Beispiel FCAS, im Koalitionsvertrag gar nicht verankert ist. Ohne solche Projekte bleibt die Vision eines starken, eines souveränen Europas ein Wunschtraum. Dass Sie unsere NATO-Partner mit dem Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag als Beobachter verwirren, kommt dann noch dazu und ist unserer Ansicht nach auch nicht hilfreich.
Wir verwirren nur Sie, Herr Erndl, und das ist uns ein Vergnügen!)
Meine Damen und Herren, Sicherheit in Europa gibt es nur mit Russland. Deshalb ist es wichtig, dass die Bundesregierung jetzt eine klare Position findet, die unsere Interessen und die Interessen Europas aufnimmt und sich keinen Träumereien hingibt. Jede Aggression Russlands muss harte Konsequenzen mit sich bringen. Diese klare Botschaft muss auch von der neuen Bundesregierung klar formuliert werden.
Herzlichen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU)