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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die einen wollen Armut und Hunger überwinden, wollen Arbeit und Wohlstand, jedoch ohne ihre Lebensgrundlagen zu zerstören. Die anderen wollen den Wohlstand erhalten und ausbauen und müssen dies nachhaltiger tun als bisher. Wenn wir heute über Nachhaltigkeit sprechen, so müssen wir einen Blick auf Entwicklungs- und Schwellenländer richten. Denn zur Wahrheit gehört: Unser Wohlstand ist eng mit den Entwicklungsländern verknüpft.
Es gibt immer wieder Stimmen, die meinen, Entwicklungsländer gingen uns nichts an. Das ist ein fataler Irrtum. Wir haben nämlich alle täglich mit Entwicklungsländern zu tun. Haben Sie heute Morgen einen Kaffee getrunken? Woher kommen die Bohnen? Haben Sie vielleicht eine Jeans angezogen? Wo wird die Baumwolle angebaut, und wo wird diese Kleidung genäht? Können die Näher davon leben?
Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Woher kommen die Bestandteile der Batterien für die Handys, für die E‑Autos, für die Laptops, woher kommt das Kobalt, das Lithium? Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
2014 wurden die 17 Nachhaltigkeitsziele beschlossen mit dem Ziel, diese bis 2030 auch zu erreichen. Doch wo stehen wir? Stichwort „Armutsbekämpfung“, „Kampf gegen den Hunger“ – wir haben es heute schon gehört: Die Zahlen steigen wieder, auch durch Corona. Beim Thema „Umweltschutz und Erhalt der Biodiversität“ haben wir Nachholbedarf. Zum Thema „bezahlbare und saubere Energie“: Weltweit sind Tausende Kohlekraftwerke geplant. Gehen sie ans Netz, ist das Erreichen des 2‑Grad-Ziels unmöglich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Beispiele sollen verdeutlichen, warum wir das Thema Nachhaltigkeit nicht isoliert betrachten können, nicht nur auf Deutschland bezogen, nicht nur auf Europa bezogen, sondern weltweit betrachten müssen. Wir müssen begreifen, dass wir eine Welt sind und wir alle für sie gemeinsam Verantwortung tragen.
Beifall bei der CDU/CSU
Am deutschen Wesen soll die Welt genesen!)
Deshalb möchte ich drei Gedanken nennen, wie wir gemeinsam als eine Welt nachhaltiger werden können.
Erster Gedanke: Entwicklungssprünge ermöglichen und nutzen. Was heißt das? Für Entwicklungsländer geht es nicht darum, unsere Entwicklungen nachzuholen, sondern es geht darum, Entwicklungsschritte auch zu überspringen und direkt auf neue, auf umwelt- und klimafreundliche Technologien, auf nachhaltige Technologien zu setzen. Und wer, wenn nicht wir, wer, wenn nicht unsere Wissenschaft, unsere Wirtschaft, könnte hier unterstützen?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Afrika wächst die Bevölkerung am schnellsten und wird sich bis 2050 sogar verdoppeln. Bereits heute haben auf dem afrikanischen Kontinent 600 Millionen Menschen keinen Zugang zu Strom. In Afrika wird in den kommenden zehn Jahren so viel gebaut werden, wie in Europa in den vergangenen 100 Jahren gebaut wurde. Die Fragen sind also, ob der Strom aus fossilen oder erneuerbaren Quellen erzeugt wird, ob mit Stahl und Beton oder mit nachwachsenden Rohstoffen gebaut wird. Auch daran wird sich entscheiden, ob sich der Klimawandel bremsen lässt oder nicht.
Beifall bei der CDU/CSU)
Deshalb sage ich ganz deutlich: Nachhaltigkeit ist Entwicklungspolitik. Oder anders gesagt: Entwicklungspolitik ist weltweite Nachhaltigkeitspolitik. Dass hier, in diesem Etat, gespart wird,
Warum habt ihr im Haushaltsausschuss nicht zugestimmt?)
ist ein falsches Signal der Bundesregierung.
Beifall bei der CDU/CSU
Zuruf des Abg. Alexander Dobrindt [CDU/CSU])
Die Union, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat in den vergangenen 16 Jahren hier einiges auf den Weg gebracht.
Zuruf der Abg. Deborah Düring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
– Frau Künast, vielleicht nehmen Sie mal ein paar Baldriantropfen, damit Sie ein bisschen ruhiger werden.
Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich nenne das Stichwort „Energiepartnerschaften.“
Reden Sie mal mit Ihrer Ministerin! Die kriegt nichts hin!
Wer hat denn die Finanzplanung gemacht fürs BMZ? Das war Minister Müller!)
Diese gilt es auszubauen und zu stärken. Afrika könnte rechnerisch ganz Europa mit Solarenergie versorgen. Wieso nutzen Sie, liebe Bundesregierung, die aktuelle Krise nicht, um diese Partnerschaften zu stärken?
Das größte Solarkraftwerk der Welt in Marokko ist ein gutes Beispiel, ein Beispiel für gemeinsame Investitionen, ein Beispiel für internationale Zusammenarbeit, ein Beispiel, wie Technik – unter anderem aus Deutschland – einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten kann. Ich sage Ihnen eines: Wir brauchen mehr davon.
Beifall bei der CDU/CSU)
Zweiter Gedanke. Es braucht – wir sehen ja, wie eng wir verbunden sind; die Welt ist ein globales Dorf, allein was die Lieferketten betrifft – auch faire Lieferketten. Es braucht fairen Handel und faire Produktion; aber „fair“ darf kein Nachteil, sondern es muss ein Vorteil für die Unternehmen sein. Deswegen müssen wir dieses Thema auch in internationalen Abkommen, die man im Übrigen auch wollen muss, liebe Grüne, angehen. Diese Abkommen müssen entsprechende Regeln enthalten. Auch die europäische Handelspolitik muss einen Beitrag zu diesen Nachhaltigkeitszielen leisten. Wir als Union haben in der letzten Wahlperiode einen ersten wichtigen Schritt mit unserem Lieferkettengesetz gemacht.
Beifall bei der CDU/CSU
Zuruf der Abg. Deborah Düring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Dritter Gedanke. Es braucht weltweite Standards. Nachhaltigkeit bedeutet auch, globale Güter zu schützen und Verantwortung für das Gemeinwohl zu übernehmen. Die Politik kann Regeln festsetzen – das ist klar –; aber es kommt auch auf uns alle an.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, beim Thema Nachhaltigkeit geht es um den Erhalt unserer Lebensgrundlagen – ökologisch, wirtschaftlich, sozial und kulturell. Es geht um Gerechtigkeit gegenüber Menschen in anderen Teilen der Welt und gegenüber kommenden Generationen. Es geht um Chancengleichheit, sozialen Zusammenhalt, und es geht um Frieden.
Beifall bei der CDU/CSU)
Nächster Redner: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Dr. Jan-Niclas Gesenhues.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)