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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Wissing, Sie lassen sich in den letzten Wochen ganz oft mit dem Satz zitieren, dass Sie sich nicht in Zukunftsvisionen wie Flugtaxis verlieren wollen, sondern ganz konkret den Glasfaserausbau voranbringen wollen.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD
Ich finde das bemerkenswert. Denn ganz ehrlich: Sie legen eine Strategie vor, sagen aber, Visionen lehnen Sie ab.
Weil Ihre Vision ein Flugtaxi alleine ist!)
Da frage ich mich: Worauf arbeiten Sie denn hin?
Steht alles in der Strategie!)
Wie kann man denn eine Strategie vorlegen, wenn man das Ziel, wo man hinwill, gar nicht definiert?
Wo ist denn Ihre Vision? Wie eine Seifenblase zerplatzt!)
Digitalpolitik ist weit mehr als Gigabitausbau. Digitalpolitik muss sich einbetten in eine wirtschaftspolitische Dimension, in eine gesellschaftspolitische Dimension, eine sicherheitspolitische und auch – das merken wir doch in den letzten Monaten massiv – in eine geostrategische Dimension. In dieser Situation zu sagen: „Das interessiert mich gar nicht. Mit Visionen habe ich nichts zu tun; ich definiere gar kein Ziel, wo ich hinwill“, das finde ich schon sehr bemerkenswert.
Beifall bei der CDU/CSU
Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das zweite Problem ist: Ihre Strategie ist keine wirkliche Strategie. Bei jeder Unternehmensstrategie finden Sie Meilensteine, Etappenziele und Kennzahlen und können dann entsprechend steuern. Wir haben zwar eben gehört, dass Sie Ziele definiert haben. Aber diese Ziele sind so ambitionslos, dass jeder sieht, dass man sie sofort erfüllen kann: Stichwort „Gigabitanschluss in 50 Prozent der Haushalte bis 2025“. Am Montag hatten wir eine Anhörung dazu. Alle haben gesagt: Na ja, das schafft er ja locker; das ist ja schon auf dem Weg. – Das ist überhaupt nicht ambitioniert.
Mit Blick auf das DESI-Ranking der Europäischen Kommission hat der Minister kritisiert, dass wir nur auf Platz 13 sind. Sein Ziel: Platz 10.
Frau Schön, gestatten Sie eine Zwischenfrage aus der FDP-Fraktion?
Vielen Dank, liebe Kollegin, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie haben gerade kritisiert, die vorgelegte Strategie sei zu ambitionslos und die Ziele, die darin definiert seien, seien so anspruchslos, dass man sie locker erreichen könne.
Deshalb frage ich jetzt an dieser Stelle einfach mal: Warum sind diese Ziele denn nicht schon lange erreicht, wenn sie so einfach zu erreichen gewesen wären? Immerhin war es ja auch Ihre Fraktion, die in den letzten Jahren die Regierung dabei unterstützt hat, Digitalisierung nur zu verwalten statt zu gestalten.
Da frage ich mich wirklich: Wo liegt eigentlich der Kern Ihrer Kritik? Kritisieren Sie nur deshalb, weil Sie nicht selbst daran beteiligt waren, diese Digitalstrategie vorzulegen, oder ist es tatsächlich fundiert, dass Ihnen Visionen fehlen, obwohl wir noch nicht mal die Grundlagen dafür geschaffen haben?
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Frau Kollegin Konrad, Sie finden in dieser Strategie auf allen Seiten Maßnahmen, zu denen die Ausgangslage genannt wird, und dann steht im Text: Da wollen wir uns verbessern.
Das machen Sie, ohne ein Zieldatum zu nennen, wann Sie dort hinkommen wollen. Bei der Landwirtschaft wollen Sie sich daran messen lassen, dass die Anwendung digitaler Technologien in der Landwirtschaft zunimmt. Um wie viel denn? Sie sagen nicht, wie viel mehr Fachkräfte Sie haben wollen. Sie sagen nicht, wie viel mehr Frauen Sie in den Digitalberufen haben wollen. Sie sagen nicht, wie viele Unicorns wir in unserem Land brauchen, damit Sie das als Erfolg deklarieren.
Sie sagen: Wir wollen von allem mehr. – Und das ist für Sie dann ein ambitioniertes Ziel. Das ist es nicht. Die FDP hat immer gesagt: Wir wollen greifbare Ziele, und wir wollen ein Monitoring. – Davon ist kaum etwas zu finden.
Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei den wirklichen Schlüsselthemen zeigen Sie jetzt schon nach einem Jahr eine extreme Abkehr von dem, was Sie im Koalitionsvertrag versprochen hatten. Im Koalitionsvertrag und in den Sondierungspapieren haben Sie festgestellt: Der Schlüssel, um in Zukunft leistungsfähiger zu sein, ist die Digitalisierung in Staat und Verwaltung bzw. die Staats- und Verwaltungsmodernisierung. – Dieses Anliegen teilen wir. In der Strategie findet man kaum mehr etwas davon. Sie sagen: Wir brauchen eine eID. – Auch dieses Anliegen teilen wir. Machen Sie das! Dabei haben Sie uns an Ihrer Seite. Aber bei allen anderen Themen der Staats- und Verwaltungsmodernisierung machen Sie das weiter, was wir vorgelegt haben. Es gibt kaum neue Impulse.
Zuruf des Abg. Maximilian Funke-Kaiser [FDP])
Im Gegenteil: Es droht sogar ein Rückschritt. Lieber Kollege Funke-Kaiser, wo sind denn die Milliarden für die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes?
Das steht im BMI-Haushalt! Das steht im WP! Schauen Sie genau hin! Da steht sehr viel drin! Da steht sehr viel Geld drin!)
Wir haben da etwas vorgelegt. Wir haben mit den Ländern vereinbart, dass wir alle Verwaltungsdienstleistungen von Bund, Ländern und Kommunen digitalisieren. Wenn dann die nächsten Schritte kommen sollen, dann braucht es auch eine Folgefinanzierung, sonst ruht das Projekt. Ich hoffe, dass der Digitalminister sich für diese Themen genauso einsetzt wie für die Milliarden im Verkehrsbereich. Denn sonst kann er den Titel „Digitalminister“ an den Haken hängen; dann ist er in erster Linie Verkehrsminister.
Das Thema „Modernisierung und Digitalisierung des Staates“, all das, was Sie eben versprochen haben, was die Menschen in unserem Land spüren sollen, braucht eine finanzielle Unterfütterung und auch den politischen Willen dieser Regierung, das zusammen mit Ländern und Kommunen umzusetzen, und davon ist in dieser Strategie nichts zu finden.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich will noch ein Wort zum Gigabitausbau sagen. Jetzt sagt der Minister hier nach einem Jahr, der Ausbau vor Ort laufe jetzt super. Wer ist dafür verantwortlich? Beruht das etwa auf Ihrem Handeln als Digitalminister? Sie haben doch beim Thema Gigabitausbau überhaupt nichts geändert. Sie haben vor einem halben Jahr eine Strategie vorgelegt. Aber am Montag in der Anhörung hat man uns bestätigt, dass Sie überhaupt keine fundamentalen Änderungen vorgenommen haben. Deshalb beruht der Ausbau, der jetzt gerade passiert, auf dem, was wir, was die Vorgängerregierung gemacht hat.
Beifall bei der CDU/CSU)
Jetzt haben Sie eine neue Chance. Der Minister hat gesagt, er will einen Fonds für alternative Verlegemethoden. Wo ist das Konzept? Wo ist die Finanzierung? Wo ist dieser Fonds? Ich sehe ihn nicht.
Der Minister hat als zweites Schlüsselthema einen schnelleren Ausbau, schnellere Planungsprozesse, eine Genehmigungsfiktion genannt. Letztere finden wir schon gar nicht mehr in dieser Digitalstrategie. Und beim Thema Planungsbeschleunigung zeigt der Minister mit dem Finger auf die Länder und sagt: Das müssen die doch machen.
Von all dem, was in den ersten Monaten versprochen wurde, ist noch nichts umgesetzt. All das, was jetzt an Ausbau erfolgt, beruht auf den Gesetzen, die wir vorgelegt haben. Wir erwarten – wenn Sie hier wirklich einen Fortschritt haben wollen, wenn Sie eine Modernisierung haben wollen, wenn Sie den digitalen Aufbruch machen wollen, den Sie hier versprechen –, dass Sie in all diesen Punkten mehr Tempo gewinnen, dass Sie in all diesen Punkten die Finanzierung sichern und dass Sie sich vor allem als Digitalminister darum kümmern, dass das Monitoring stattfindet und dass jedes Haus seine Hausaufgaben macht. Das können wir noch nicht erkennen. Wir werden genau schauen und Sie auch gerne dabei unterstützen; denn auch uns liegt der digitale Aufbruch sehr am Herzen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Detlef Müller.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)