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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern.“ Wir sind entschlossen, in der Zukunft zu lesen, und werden daher gemeinsam nüchtern und sachlich die vergangenen 20 Jahre seit dem Beginn des Afghanistan-Einsatzes durchblättern, analysieren, verstehen, um daraus Lehren zu ziehen. Es ist gut, dass wir jetzt eines unserer weiteren Ziele im Koalitionsvertrag erfüllen. Wir wollten eine Enquete-Kommission; wir setzen sie jetzt ein.
Diese hat den Auftrag, den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan aufzuarbeiten. Der Unionsfraktion danke ich für deren Unterstützung; denn die Zusammenarbeit in der Enquete-Kommission erfordert eine lösungsorientierte Kooperation aller demokratischen Parlamentarierinnen und Parlamentarier.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das ist wichtig; denn dieser Afghanistan-Einsatz wurde in Deutschland von unterschiedlichsten Regierungsbündnissen getragen, und somit tragen alle daran Beteiligten auch Verantwortung dafür. Wir werden vielfältige Aspekte aufarbeiten, die sich nicht auf den bloßen Militäreinsatz reduzieren lassen. Nicht umsonst sprechen wir hier von einem vernetzten Engagement. Es werden damit alle Bereiche von Verteidigung bis hin zur Entwicklungszusammenarbeit und zu den Menschenrechten miteinander verknüpft.
Im Zentrum wird die Beantwortung der Frage stehen, warum es uns nicht gelungen ist, Afghanistan dauerhaft zu befrieden. Welche Ziele hatten wir uns im Jahr 2001 gesetzt, wie haben wir sie denn überhaupt definiert, und wie haben wir unsere Ziele im Laufe dieses Einsatzes angepasst?
Die damit einhergehenden Herausforderungen, denen sich die Bundeswehr sowie die zivilen Akteurinnen und Akteure in den knapp 20 Jahren gestellt haben, wollen wir untersuchen und gründlich abklopfen. Für die künftige Konzeptionierung möglicher anderer Einsätze können wir dann aus diesem Erfahrungsschatz schöpfen. Aus den gewonnenen Erkenntnissen, aus der Analyse dieses Einsatzes werden wir unsere Lehren ziehen.
In der Geschichte unseres Parlaments gab es zudem noch nie eine Enquete-Kommission, die sich in diesem Ausmaß mit außenpolitischen und militärischen Fragen beschäftigt hat. Daher freue ich mich auf diese wichtige Arbeit in der ersten Enquete-Kommission überhaupt, die endlich die Auswirkungen des außenpolitischen Handelns von Parlament und Regierung in der gebotenen Tiefe analysiert.
Dankbar bin ich allen Sachverständigen, die sich mit ihrer Expertise der sachlichen, wissenschaftlichen Aufarbeitung annehmen und diesen Prozess aktiv mitgestalten wollen und auch werden. Die Enquete-Kommission ist das Team, das Wissen schafft, es ist das Team Wissenschaft. Das ist ein ganz wichtiger Baustein.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die Enquete-Kommission wird Anregungen und Vorschläge aus den verschiedenen Meinungsspektren einarbeiten, berücksichtigen, die objektive Betrachtung gewährleisten und so mitarbeiten: keine Polemik – ich gucke nach links und rechts – und keine Häme, wie sie gern von manchen Fraktionen zur Schau gestellt werden, sondern ein entschlossener Aufarbeitungs- und Lernprozess. Der Einsatz von politisch neutralen Sachverständigen erlaubt uns zudem, unabhängig von den Informationen arbeiten zu können, die uns die Regierung bereitstellen könnte. Wir sind unabhängig.
Die Enquete-Kommission als parlamentarisches Institut unterstreicht die Bedeutung des Bundestages, wenn es um so grundlegende Fragestellungen wie die Ausrichtung und Gestaltung von künftigen Auslandseinsätzen geht. Und das ist auch gut so; denn es geht darum – ich sagte es bereits –, die Zukunft zu lesen. Und das müssen wir können, wenn unsere Parlamentsarmee gemeinsam mit den zivilen Helferinnen und Helfern künftig in Krisengebieten noch besser und effektiver Hilfe leisten soll.
Genauso wichtig ist es zudem, die Öffentlichkeit für unsere Arbeit zu sensibilisieren und mit unserem finalen Bericht inhaltlich korrekte Informationen bereitzustellen. Mit diesem Bericht wird die kursierende Desinformation zum Thema des Afghanistan-Einsatzes endlich ausgeräumt werden, auch wenn manche politischen Akteure hier sie bei unseren Bürgerinnen und Bürgern hervorrufen wollen. Absichtlich verfälschte Fakten und eine daraus entstehende Verunsicherung bei den Bürgerinnen und Bürgern, das hat in unserer Demokratie nichts, aber auch gar nichts zu suchen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Deshalb nutzen wir die zur Verfügung stehenden Mittel und gewährleisten eine kritische, objektive und vor allem eine transparente Auseinandersetzung mit unserem Handeln. Ich bin froh, dass unsere Demokratie diese Öffentlichkeit und Kontrolle mit parlamentarischen Mitteln herstellt und gewährleistet.
Die Verantwortung vor der Zukunft, die Verantwortung gegenüber unseren Soldatinnen und Soldaten, die Verantwortung gegenüber den Menschen in Krisengebieten, die Verantwortung gegenüber den Menschen, die wir leider zurücklassen mussten, gebietet es, dass wir uns dieser Sache mit aller Ernsthaftigkeit annehmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)