- Bundestagsanalysen
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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien! Werte Verbraucher/-innen und Fluggäste! An deutschen Flughäfen herrscht gerade wirklich keine Urlaubslaune, sondern Frust und Ärger bei den Fluggästen und bei den betroffenen Beschäftigten. Es geht nicht nur um die vielen Flugverspätungen und ‑ausfälle. Viele Fluggäste erreichen ihre Flüge erst gar nicht,
So ist es!)
weil bereits am Check-in-Schalter, aber vor allem in der Sicherheitskontrolle und Gepäckabfertigung das nötige Personal in dreistelliger Höhe fehlt, wie auch am Düsseldorfer Flughafen in meinem Wahlkreis.
Nach zwei Jahren coronabedingter Zwangspause wollen und könnten die Menschen wieder fliegen. Aber warum fehlt an allen Ecken und Enden das Personal an den Flughäfen und bei den Fluggesellschaften? Obwohl wir hier in Deutschland die arbeitsplatzsichernde Kurzarbeit haben und die Unternehmen das Kurzarbeitergeld aufstocken können und obwohl die eine oder andere Fluggesellschaft mit richtig viel Steuerzahlergeld in der Krise gerettet wurde, haben sie viele Beschäftigte allen Warnungen zum Trotz gehen lassen. Leiharbeiter/-innen wurden nicht mehr eingesetzt, befristete Verträge liefen aus. Viele haben sich was Besseres gesucht und – zu ihrem Glück, muss man sagen – auch gefunden.
Jetzt kommt zu den unerträglich langen Schlangen vor den Sicherheitskontrollen, einer schleppenden Gepäckabfertigung und kurzfristig ausgedünnten Flugplänen noch ein weiteres Manko hinzu: bei der Erstattung des Flugpreises für annullierte Flüge und die Ausgleichszahlungen bei verspäteten Flügen. Da die Fälle sich jetzt häufen, fällt richtig auf, dass die Fluggäste nur sehr aufwendig, kompliziert und sehr langsam zu ihrem Recht kommen. Jetzt rufen manche: Ändert die Fluggastrechte!
Eigentlich wollte dieser Antrag der Union ja Fluggastrechte stärken. Das ist jetzt zu „weiterentwickeln“ geschrumpft. Aber es gibt dank der EU selten so was Starkes und Eindeutiges wie das Recht der Fluggäste auf Entschädigung bei Flugausfällen und ‑verspätungen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es kommt nur auf die Distanz des gebuchten Fluges und die Dauer der Verspätung bzw. die Annullierung des Fluges an. Punkt! Es kommt nicht auf Einzelumstände an; es muss nichts individuell geprüft werden. Die EU-Verordnung über die Fluggastrechte ist hier klar und eindeutig: Tritt der Fall ein, muss es eine pauschalierte Zahlung der Airline an alle betroffenen Fluggäste geben. Punkt!
Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Aber es klappt oft nicht mit den Entschädigungen, weil das Verfahren für die Fluggäste umständlich und kompliziert ist. Und es kostet Zeit, Geld und Geduld, bis man den schon voll bezahlten Flugpreis und gegebenenfalls die Entschädigung wieder auf dem Konto hat. Oder man wirft gleich das Handtuch – was man eigentlich erst am Hotelpool machen wollte –, weil man seine eh schon strapazierten Nerven nicht weiter schädigen möchte.
Also, wir haben jetzt kein Problem mit Fluggastrechten. Wir haben ein Problem mit ihrer Durchsetzung. Die muss auf den Prüfstand.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich sehe keinen Grund, warum die Rückerstattung und die Ausgleichszahlung nicht automatisiert an alle betroffenen Fluggäste ausgezahlt und am nächsten Tag auf ihrem Konto landen könnten. Die Airline weiß, dass ihr Flug verspätet war, wie sehr er verspätet war oder ob er annulliert wurde; sie weiß um die Entfernungskilometer. Die Airline weiß, welcher Mensch diesen Flug gebucht hat. Die Airline kennt die Kontonummer, von der dieser Flug bezahlt wurde. Warum kann die Entschädigung dann nicht ohne Wenn und Aber schnell auf das Konto des Fluggastes kommen?
Der Bundesverkehrsminister muss jetzt zügig prüfen, wie so ein automatisiertes Entschädigungsverfahren funktionieren kann, und den Fluggesellschaften klarmachen, dass es hier nicht um Kulanz geht, sondern um Recht und Gesetz, woran auch sie sich zu halten haben.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die Bundesverbraucherschutzministerin hat ihrerseits schon klar geäußert, dass auch die Praxis der Vorkasse auf den Prüfstand muss. Es kann nicht sein, dass die Fluggäste bereits bei der Buchung den vollen Ticketpreis bezahlen und so den Airlines monatelang zinslose Darlehen gewähren,
Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
aber umgekehrt nur umständlich die Rückzahlung der Airlines erzwingen können, obwohl sie ihnen doch zusteht. Das sollte das Motiv auch der CDU/CSU-Fraktion sein.
Es muss Schluss sein mit dieser Hinhaltetaktik der Fluggesellschaften, die hoffen, dass die Fluggäste ihre Rechte nicht kennen, sie nicht durchsetzen können und entnervt aufgeben. Wir brauchen die Fluggastrechte in diesem Punkt nicht weiterzuentwickeln. Die Ampelregierung will diese Rechte der Verbraucher/-innen und Fluggäste endlich auf Augenhöhe mit den Rechten der Airlines bringen.
Vielen Dank.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Frau Kollegin Martens. – Als nächster Redner erhält das Wort der Kollege Jürgen Braun, AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD)