- Bundestagsanalysen
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir waren gerade mit dem Umweltausschuss in Stockholm; das will ich nur vorab mal sagen. Ich war beeindruckt von dem Pragmatismus dort: Über alle Parteigrenzen hinweg hat man das Thema Energieversorgung ganz ruhig, ganz sachlich diskutiert. Ich glaube, es würde dem Haus hier auch gut zu Gesichte stehen, wenn wir dahin zurückkommen könnten.
Beifall bei der CDU/CSU)
Jetzt zur Rede: Wir befinden uns in der Tat in einer außergewöhnlichen Situation. Noch nie in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte hatten wir es mit einem Energieschock dieses Ausmaßes zu tun. Zum einen steigen die Preise für Energie massiv, und hier vor allem die Preise für Gas; zum anderen erleben wir eine Angebotsverknappung, wieder bei Gas, die in den kommenden Monaten sogar noch schlimmer werden dürfte.
Wir hatten bereits einmal solch eine Situation, und zwar war das in den 70er-Jahren. Allerdings sind damals – in Anführungsstrichen – „nur“ die Preise für Öl gestiegen; Öl war noch genug da. Aber das war schon schlimm genug: Der massive Angebotsschock hat zu hoher Inflation geführt, hoher Arbeitslosigkeit und stagnierenden Finanzmärkten. Im Grunde war das, volkswirtschaftlich gesehen, ein verlorenes Jahrzehnt.
Mit Blick auf eine sichere Energieversorgung zu bezahlbaren Preisen – darum geht’s ja – stehen wir erneut vor solch einer Herkulesaufgabe. Wenn wir diese Herausforderung nicht stemmen, nicht klug, pragmatisch und auch ideologiefrei angehen, dann droht wieder ein verlorenes Jahrzehnt.
Beifall bei der CDU/CSU)
Und um das an dieser Stelle auch noch einmal deutlich zu sagen: Das, was wir erleben, hat nichts mit dem unsäglichen Narrativ der Ampel zu tun, dass 16 Jahre angeblich nichts passiert sei.
Lachen des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich will hier gar nicht näher darauf eingehen, dass wir vom kranken Mann Europas zu Beginn des Jahrtausends in den darauffolgenden 15 Jahren zur stärksten Volkswirtschaft Europas geworden sind. Das habe ich heute Mittag hier an dieser Stelle schon einmal gesagt.
Auch in Sachen Ausbau der erneuerbaren Energien müssen wir uns wahrlich nicht verstecken. Ich habe mir hierzu die Daten noch einmal genau angesehen.
Oh!)
– Ja, Ich habe mir die Daten noch einmal genau angesehen. Das würde ich Ihnen auch empfehlen. – Sowohl im weltweiten Vergleich als auch im Vergleich zum OECD- und zum EU-Durchschnitt stehen wir in Deutschland hervorragend da.
Sie haben es kaputtgemacht! Sie haben Tausende Arbeitsplätze vernichtet!)
Natürlich wäre mehr besser gewesen; aber das gilt, glaube ich, immer im Leben. Der Problemlage werden Sie mit diesem Narrativ nicht gerecht. Es geht hier um Jobs, es geht hier um Existenzängste, um Existenzen und natürlich auch um das Klima.
Richtig, um Existenzen!)
Was ist deshalb zu tun? Wirtschaftsminister Habeck hat es ja selbst gesagt: Jede Kilowattstunde zählt, und alle Optionen müssen auf den Tisch.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD
Guter Minister!)
Verwundert bin ich allerdings über die Bereitschaft des Wirtschaftsministers, wieder tonnenweise Kohle zu verbrennen, und das mit zum Teil total veralteten Kraftwerken. Der zu erwartende Mehrausstoß wird auf 30 bis 60 Millionen Tonnen CO2 geschätzt. Ich habe einmal nachgesehen: Das Tempolimit würde 1,9 Millionen Tonnen bringen – das ist schon massiv –, was mich dann auch zu den Kernkraftwerken bringt. Um das hier auch ganz klar zu sagen: Auch ich sehe die Risiken
Aha!)
und die noch offenen Fragen hinsichtlich der Endlagerung des Atomabfalls. Allerdings: Wir laufen auf eine potenziell massive Mangelsituation zu – das habe ich gerade erklärt –, mit verheerenden Folgen für unsere Arbeitsplätze, für unsere sozialen Sicherungssysteme und am Ende damit dann auch für den sozialen Frieden. Deshalb scheint mir ein – das betone ich ausdrücklich – zeitlich begrenzter Weiterbetrieb der drei noch bestehenden Kernkraftwerke sinnvoll, wobei wir
Aber das hilft doch nicht beim Mangel an Wärme! Es geht um den Mangel an Wärme, nicht um Strom!)
– bevor Sie anfangen, hier wieder reinzurufen – als Unionsfraktion, das will ich auch noch einmal betonen, den Ausstieg aus der Kernenergie grundsätzlich eben nicht in Frage stellen. Daran halten wir fest.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die im Prüfvermerk der Bundesregierung genannten Hindernisse – vom Personal über die Brennelemente bis hin zur rechtlichen Situation – sind inzwischen alle widerlegt. Das wissen wir inzwischen von den Stellungnahmen der Experten
Was?)
sowie vom Gutachten des TÜV Süd. Ich empfehle, einfach mal da hineinzuschauen.
Auch sind die Kosten gering – das will ich hier auch noch einmal deutlich sagen –; denn die Kernkraftwerke stehen. Sie müssen gar nicht neu gebaut werden. Die Kosten des Weiterbetriebs sind deutlich geringer, als es die Zahlen suggerieren, die hier immer wieder in den Raum gestellt werden.
Beifall bei der CDU/CSU
Kriegen Sie mal Ersatzteile für 40 Jahre alte Bauteile!)
Ich habe den Eindruck, dass es in dieser Frage nicht um die Lösung eines drängenden Problems geht, sondern schlicht um Ideologie.
Ihnen geht es um Ablenkung von Ihren Versäumnissen!)
Was Ihren Gesetzentwurf angeht, so will ich einen Punkt besonders herausgreifen: 20 Jahre längere Laufzeit erscheinen mir unverhältnismäßig. Wir müssen und können den Ausbau der erneuerbaren Energien schneller vorantreiben. Was wir jetzt brauchen, sind belastbare Daten, Fakten und Prognosen für die weitere Energieversorgung in Deutschland, kurz-, mittel- und langfristig und insbesondere für den Fall, dass der Gashahn zugedreht wird.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Was wir nicht brauchen, sind Schnellschüsse.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Deshalb lehnen wir den Gesetzentwurf ab.
Vielen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU
Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])
Als nächster Redner erhält Ralph Lenkert für Die Linke das Wort.
Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Jakob Blankenburg [SPD])