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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kolumbien blickt auf eine gewaltsame Vergangenheit zurück. 450 000 Tote hat der blutige Konflikt seit 1986 gefordert, und noch immer sind über 120 000 Menschen verschwunden – eine unfassbare Zahl. Das sind unfassbare Schicksale. Fast jede Familie in Kolumbien ist in der einen oder anderen Form von diesen Gräueltaten unmittelbar betroffen.
2016 gelang es dem damaligen Präsidenten Santos, ein Friedensabkommen auszuhandeln. Dennoch ist es bis heute ein sehr steiniger Weg. Das Abkommen war der Anfang eines langen Prozesses der Aussöhnung. Welchen Beitrag kann Deutschland hier leisten? Frieden? Frieden ist die Grundbedingung für gesellschaftliches Miteinander und Wohlstand. Jeder Mensch soll in Frieden aufwachsen dürfen. Wir müssen dennoch mit realistischem Blick auf den Friedensprozess schauen. Der Weg der eigentlichen Vergangenheitsbewältigung muss letztlich von der kolumbianischen Gesellschaft beschritten werden. Die eingesetzte Wahrheitskommission hat die bisher umfassendste Untersuchung des bewaffneten Konflikts in Kolumbien veröffentlicht. In Tausenden Interviews sind Zeugen und Opfer zusammengekommen. Sie haben über Mord, über Folter, über Vertreibung und Entführungen berichtet. Die Wahrheitskommission, sie ist ein sinnvoller Schritt zur Aufarbeitung, der die Chance zur Versöhnung öffnen soll. Wir können diesen Weg nur als Partner begleiten. Das haben übrigens die parteinahen Stiftungen und auch die deutsche Außenpolitik in den vergangenen Jahren getan.
Dem Antrag der Ampelfraktion zufolge will man alles machen. Aber wie? Dazu steht eigentlich nicht viel drin. Ich denke, wir sollten in drei Bereichen ansetzen:
Erstens: Erkenntnisgewinn schafft Frieden. Die Stabilisierung des Friedens und die Aufarbeitung der Vergangenheit sind zentrale Aufgaben der Politik und der Gesellschaft in Kolumbien. Wir können diesen Prozess mit Kooperationen, gerade auch mit Wissenschaft und Forschung, stärken. Erst wenn man die Ursachen und die Folgen des jahrzehntelangen Konflikts versteht, kann man eine dauerhafte Friedensordnung schaffen. Schon seit 2010 baut die Bundesregierung die Zusammenarbeit mit Kolumbien in den Bereichen Frieden, Umwelt und Klima aus, und dies mit ganz hohen Millionenbeträgen. Ich begrüße, dass Sie in der neuen Koalition das Deutsch-Kolumbianische Friedensinstitut, CAPAZ, das von der Bundesregierung unter Angela Merkel initiiert wurde, unterstützen werden. Mittlerweile sind über 20 deutsche und kolumbianische Hochschulen einbezogen. Es zeigt, wie wichtig die Vernetzung zwischen Akteuren aus Politik, Gesellschaft und Wissenschaft in diesem Friedensprozess ist. Umso überraschender ist, dass die Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Forschung in Ihrem Antrag kaum Erwähnung findet.
Zweitens: Sicherheit schafft Frieden. Wir müssen die Zusammenarbeit mit dem Sicherheitssektor und der Justiz stärken. Man könnte Unterstützung leisten in der Ausbildung von Polizistinnen und Polizisten. Die Rechtsmedizin muss in Kolumbien dringend gestärkt werden; da gibt es erheblichen Kooperationsbedarf. Noch immer konnten Tausende von Leichen nicht identifiziert werden. Die Angehörigen können ihre Familienangehörigen nicht begraben. Das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat ist aber essenziell für einen nachhaltigen gesellschaftlichen Frieden.
Beifall bei der CDU/CSU)
Schließlich drittens: Bildung schafft Frieden. Die Kooperation zwischen deutschen und kolumbianischen Bildungseinrichtungen und Hochschulen ist wichtig, um gerade jungen Menschen berufliche Perspektiven zu eröffnen; denn eines ist doch ganz klar: Soziale Ungleichheit, Perspektivlosigkeit und mangelnde Aufstiegschancen sind ein Auslöser gesellschaftlicher Konflikte. Die junge Generation, die durch Qualifizierung berufliche Perspektiven bekommt, kann zu einem Hoffnungsträger für den Frieden in Kolumbien werden. Da müssen wir ansetzen und dies unterstützen.
Ja, der gewaltsame Konflikt muss aufgearbeitet werden. Für eine nachhaltige Friedensordnung sollte der Fokus aber gleichzeitig auf die Zukunft gerichtet werden; denn Perspektiven schaffen Frieden.
Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Rachel. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Nils Schmid, SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)