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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Kultur und Medien hat sich am Mittwoch in einer mehr als zweistündigen Sitzung mit dem Thema Documenta befasst. Mein persönliches Fazit ist: Wenn wir es ernst meinen mit dem Dialog mit dem Globalen Süden, dann werden wir einen sehr anstrengenden Weg vor uns haben. Die Debatte und der Dialog werden die großen Unterschiedlichkeiten in der Auffassung aufzeigen, wenn es darum geht, was zulässig ist an Sagbarem und Zeigbarem.
Das wird sehr anstrengend sein. Länder, Nationen, Ethnien und Minderheiten auf der ganzen Welt haben unterschiedliche Herangehensweisen an gesellschaftliche Traumata. Die Aufarbeitung von Geschichte und Kunst ist immer Teil gesellschaftlicher Reflektionen.
Am Mittwoch in der Ausschusssitzung ist deutlich geworden, dass gegenseitige Gespräche, gemeinsamer Dialog, das Entwickeln von gegenseitigem Verständnis über Grenzen von Zeigbarem und Sagbarem hinweg in einer Kunstausstellung auf deutschem Boden nicht stattgefunden haben, und das leider trotz Hinweisen auf die mögliche Brisanz. Im Ergebnis prägten Überschriften wie „Eklat“, „Skandal“ und „Antisemitismus“ die Documenta. Das ist nicht gut. Anders als Sie, meine Damen von der CDU/CSU, habe ich einen sehr reflektierten Vertreter der Ruangrupa vorgefunden, der sehr nachdenklich und auch sehr ehrlich reagiert hat.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Anikó Merten [FDP])
Vielleicht findet sich noch ein entsprechender Beitrag in der Mediathek. Wenn Sie etwas weniger aufgeregt sind, gucken Sie sich das mal an.
Ich werde, wie viele andere auch, immer für die Freiheit der Kunst einstehen. Aber Kunst hat Grenzen, und diese wurden deutlich überschritten. Dass auf der Documenta klar erkennbar antisemitische Kunst ausgestellt wurde, hat Jüdinnen und Juden weltweit, aber auch die meisten von uns tief erschüttert. Antisemitismus indes ist keine deutsche Erfindung, sondern leider auch heute noch globale Realität. Der Holocaust aber ist eine schreckliche und verabscheuungswürdige deutsche Erfindung. Daraus erwächst eine besondere Verantwortung für uns alle.
Beifall der Abg. Gitta Connemann [CDU/CSU])
Dies gilt auch für Kunstausstellungen.
Die Documenta hat etwas Neues gewagt. Sie ist abgerückt von althergebrachten Kuratierungen. Ein international anerkanntes Kollektiv von außerhalb Europas wurde mit der Kuratierung betraut. Das war ein Wagnis, das war eine Chance und ein Risiko. Inzwischen dürfte klar sein: Die Mischung aus kollektiver Kuratierung mit anderen Wegen der Entscheidungsfindung, mit unklaren begleitenden Strukturen, fehlender internationaler Expertise, nicht wirklich geklärten Zuständigkeiten und fehlenden begleitenden Gesprächen hat für die Documenta zu einem bedrohlichen Ergebnis und zu Vertrauensverlust geführt.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Und sie hat Grenzen überschritten.
Die Documenta ist eine der weltweit größten Ausstellungen zeitgenössischer Kunst, und das soll sie auch bleiben. Sie soll weiterhin Ausstellungsort für internationale zeitgenössische Kunst und ein Treffpunkt für Kunstinteressierte aus der ganzen Welt sein. Ich bin mir sicher, dass Hessen zusammen mit der Stadt Kassel eine Fehleranalyse vornehmen wird; wir haben das am Mittwoch im Ausschuss auch schon gehört.
Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss, bitte.
Ich bin mir sicher: Die Vorschläge, die Staatsministerin Roth gemacht hat, sind gute Vorschläge für die Zukunft. Ich bin mir auch sicher, dass wir eine gemeinsame Lösung zusammen mit dem OB und mit dem Land finden werden.
Jetzt noch einen Satz – –
Nein, nein. Jetzt entziehe ich Ihnen das Wort. Sie sind 23 Sekunden über Ihrer Redezeit. Sie dürfen Platz nehmen.
Danke für die Aufmerksamkeit.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)