- Bundestagsanalysen
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, vor allen Dingen auch aus den vielen betroffenen Landkreisen und Städten, die die Hochwasserkatastrophe am 14. und am 15. Juli des vergangenen Jahres noch in den Knochen haben und diese Debatte verfolgen! Jeder von uns kann den Tag einordnen und weiß, was er oder sie an diesem Tag getan hat. Kolleginnen und Kollegen haben sich an diesen Tag erinnert, und es sind eindrückliche Schilderungen gewesen.
Ich war am 14. Juli im Rahmen meiner Aufgaben als damals zuständiger Berichterstatter für den Zivil- und Katastrophenschutz bei der Bundesleitung des BBK und beim Technischen Hilfswerk in Bonn. Ich werde nie den Regen vergessen, der da auf uns niederprasselte. Niemand von uns, der in der Region lebt – Herr Seif hat es angesprochen; ich lebe im Rhein-Sieg-Kreis, dem Nachbarkreis zum Rhein-Erft-Kreis, in der direkten Nachbarschaft zur Ahr –, wird vergessen, dass das eine außergewöhnliche Lage war. Wir waren mit dieser Lage konfrontiert, und wir ahnten im Verlaufe des Tages: Das ist eine außergewöhnliche Lage.
Meine Damen und Herren, wir haben uns hier als Parlament gemeinsam auf eine Vereinbarte Debatte verständigt, weil es nicht gelingen kann, die einzelnen Verantwortungsteile in einem föderalen Staat auf die eine Seite zu schieben und sich selber aus der Verantwortung herauszunehmen. In weiten Teilen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es gelungen. Doch was bringt es, an einzelnen Stellen die Auszahlungsprogramme eines einzelnen Landes zu kritisieren? Ich glaube, es gehört der guten Ordnung halber dazu, zu begrüßen, dass das Land Rheinland Pfalz dauerhaft in der Debatte hier vertreten war. Ich hätte an dieser Stelle gern mehr Vertreter auf der Bundesratsbank gesehen; denn es ist eine gemeinsame Lage in diesem Land.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, verzichte ich darauf, einzelne Punkte darzustellen, die in meinem Heimatland Nordrhein-Westfalen nicht gelungen sind oder nicht so gut waren, wie man sich das als Opposition – und das ist die Sozialdemokratie in Nordrhein-Westfalen – gedacht hat. Es wäre zu einfach und zu billig, über einzelne Kabinettsabwesenheiten oder nicht ausgezahlte Gelder zu sprechen, weil es keinem Menschen in diesem Land etwas bringt und etwas voranbringt, wenn wir uns selbst aus der Verantwortung herausnehmen. Das ist etwas, was uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, über alle föderalen Ebenen gemeinsam bewegen muss.
Was bringt es, immer wieder zu sagen: „Beim nächsten Mal machen wir das anders, beim nächsten Mal machen wir das besser“, und tun es dann doch wieder nicht in diesem föderalen Staat? Es wird auch nicht gelingen, immer nur über das sprechen, was nicht gelungen ist; denn in einer Krise und in einer Katastrophe muss man sich auch an das halten, was uns stark gemacht und zusammengehalten hat.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, vor allem den Helferinnen und Helfern, niemandem ist damit geholfen, wenn wir uns in der Krise auseinanderdividieren und auseinandertreiben, wie es unverantwortliche Hetzer und Spalter hier auch heute wieder versucht haben.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
In der Krise halten wir zusammen und haken uns unter.
Lassen Sie uns doch aus dieser Debatte eines verabreden: Die Katastrophe darf nicht zum Normalfall werden, aber wir müssen damit leben, dass in unserer durchtechnologisierten Welt, in unserem engen Miteinander Katastrophen stattfinden können. Die Digitalisierung und die Technik werden uns davor nicht bewahren und nicht retten. Aber es darf kein negativer Gewöhnungseffekt entstehen, weil wir wissen, dass ein Jahrzehnt an der Ahr wieder aufgebaut wird. Wir müssen auch im Jahr zwei und im Jahr drei und im Jahr vier danach hinschauen. Jedem Einzelnen der Opfer und der vielen Helferinnen und Helfer, die in Verantwortung verletzt worden oder ums Leben gekommen sind, sind wir es schuldig, es besser und anders zu machen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deswegen muss man eine zweite Gewöhnung an die Katastrophe vermeiden.
Wir brauchen eine gemeinsame Verabredung, was die Finanzmittel angeht. Das ist der Standard in einem Parlament. Aber es ist auch die gemeinsame Verabredung, dass wir uns besser vorbereiten. Es ist etwas zum Klima gesagt worden. Mit der Katastrophe leben lernen bedeutet aber auch, sie nicht hinzunehmen, und dort müssen wir bessere Vorsorge machen.
Es kann auch nicht sein, dass wir wenige Tage vor dem Ahr-Hochwasser und dem 14. und 15. Juli übereinstimmend der Auffassung waren: Gut, dass der Warntag abgesagt worden ist. – Aber genau das ist 2021 passiert. Wir müssen warnen können. Wir müssen sensibilisieren können. Wir müssen jede und jeden unserer Mitbürger/-innen in die Lage versetzen, sich in einem demokratischen Rechtsstaat damit auseinanderzusetzen, dass Vorsorge uns alle angeht.
Das ist etwas, was ich als Lehre aus diesem Jahr der Katastrophe und aus dieser Debatte mitnehme. Ich finde, weite Teile der demokratischen Fraktionen haben das auch getan. Es ist ein guter Punkt, diese Vereinbarte Debatte aufzusetzen. Wir haben im Innenausschuss dazu Anfang der Woche eine sehr beeindruckende Anhörung gehabt.
Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege.
Herzlichen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Möglichkeit, hier sprechen zu dürfen als jemand, der in einem der am schwersten betroffenen Kreise lebt.
Danke.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)