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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Innenministerin hat, meine ich, die richtigen Worte zu den Helfern gefunden. Meiner Fraktion ist aber wichtig, dass wir es auch noch mal betonen: Bei der Bewältigung der Flutkatastrophe haben ganz, ganz viele ehrenamtliche wie auch hauptberufliche Helfer mitgearbeitet. Sie haben Unmenschliches geleistet; sie sind über ihre Belastungsgrenze hinausgegangen. Dazu zählen – Frau Faeser, Sie haben das auch aufgezählt – die Angehörigen der Feuerwehren, des THW, der Polizeien, der Bundeswehr und natürlich auch aller Hilfsorganisationen.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Ich als Abgeordneter des am zweitstärksten betroffenen Wahlkreises fand es sehr eindrucksvoll, wie intensiv die Solidarität war. Spontanhelfer kamen aus nah und fern. Landwirte, Unternehmer mussten gar nicht lange darüber nachdenken, sondern haben sofort ihr schweres Gerät bewegt und sind in den Einsatz gegangen. Das, meine Damen und Herren, sind die wahren Helfer dieser Katastrophe. Denen können wir zutiefst zu Dank verpflichtet sein.
Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Auf der anderen Seite – das hat die Innenministerin ja auch schon angedeutet – wirkt diese Flutkatastrophe quasi wie ein Brennglas und macht deutlich, wo wir dringend verbessern müssen:
Beispiel Risikoerkennung. Der Deutsche Wetterdienst und das BBK hatten Daten geliefert, aber es fehlten Strukturen, es fehlte der Prozess, um diese schnellstmöglich weiterzuleiten und um diese vor allen Dingen für die örtliche Ebene zu interpretieren.
Im Zuge der Flutkatastrophe gab es auch erhebliche Schwierigkeiten, die Bevölkerung zu warnen und die angemessenen Verhaltenshinweise zu geben. Ein Radiosender hat – das muss man sich vorstellen – eine dringende Warnmeldung einfach liegen lassen und hat stattdessen ein aufgezeichnetes Musikband weitergespielt. Das geht überhaupt nicht! Es muss sichergestellt werden, dass die Bevölkerung frühzeitig und flächendeckend gewarnt wird. Das sollte auch fester Bestandteil der Katstrophenschutzplanung der Kreise werden.
Beifall bei der CDU/CSU)
Der Wiederaufbau der Sireneninfrastruktur seit März 2021 und das Cell Broadcasting, also dass Warnhinweise unmittelbar auf das Mobilfunkgerät kommen, sind hier genau die richtigen Ansätze.
Es muss auch sichergestellt werden, dass die Bevölkerung die Hinweise überhaupt versteht. Eine Warnung allein reicht nicht. Ich muss auch wissen, wie ich mich zu verhalten habe. Es gab Bürger, die, als sie das Wasser schon haben fließen sehen, noch in den Keller gegangen sind, um die Stecker zu ziehen, um Gegenstände zu holen. Einige sind dabei tragischerweise ums Leben gekommen.
Ein großes Problem war auch die Anforderung, die Disposition von Einsatzkräften. Es gab den großen Bereitstellungsraum im Bereich des Nürburgrings; 5 000 Helfer kamen hier zusammen. Es fehlten aber die Strukturen, um zu erkennen, dass da schon spezialisierte Kräfte stehen. Stattdessen hat man bundesweit nochmals spezialisierte Kräfte angefordert, und die vor Ort blieben zunächst ohne Einsatz.
Die durch den Ausfall der Netze – Strom, Mobilfunk, aber auch die teilweise ausgefallenen Funknetze der BOS für die Gefahrenabwehr – entstandenen Kommunikationslücken wurden leider nicht immer zügigst geschlossen. Die Situation vor Ort konnte deshalb nicht erkundet werden, es konnte kein Lagebild ermittelt werden, sodass die Einsatzkräfte auch nicht schnellstmöglich vor Ort eingesetzt werden konnten. Spontanhelfer, die teilweise mit schwerstem Gerät vor Ort auftauchten, wurden weggeschickt, weil man für sie keine Verwendung hatte. Meine Damen und Herren, da müssen wir dringend nachbessern. Es müssen Strukturen zur Koordinierung und Einbindung von Spontanhelfern vor Ort geschaffen werden.
Beifall bei der CDU/CSU)
Besonders wichtig für ein funktionierendes Krisenmanagement sind Krisenstäbe. Die müssen ihre Arbeit aus dem Effeff beherrschen. Nur hierdurch lässt sich die Chaosphase möglichst klein halten und dann auch die Krise langfristig in den Griff bekommen. Die verantwortlichen Krisenmanager, die Landräte und Bürgermeister, müssen dafür bestmöglich ausgebildet sein. Und sie sollten im eigenen Interesse die Lehrgänge und Kurse, die das BBK anbietet, dringend nutzen. Ich kann nur empfehlen – ich glaube, wir ziehen da alle an einem Strang –, das BBK auch im Bereich der Akademien viel besser auszurüsten und deutlich auszuweiten.
Beifall bei der CDU/CSU
Es muss Pflicht werden für Bürgermeister!)
Es ist auch so, dass beim Krisenmanagement die Abläufe und Kommunikationswege natürlich intensiviert werden müssen – wenn nötig, durch schärfere rechtliche Verpflichtungen. Es ist hier zu begrüßen, dass der neue NRW-Koalitionsvertrag vorsieht, für Krisenstäbe und operative Einheiten auf kommunaler und Landesebene Katastrophenschutzübungen durchzuführen. Ein fortlaufendes Lagebild ist für das Krisenmanagement wichtig. Auch in Fällen, in denen eine Katastrophe über mehrere Kreise, über mehrere Bundesländer geht, muss schnellstmöglich ein Gesamtlagebild vorliegen. Das im März 2021 initiierte Gemeinsame Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz beim BBK – da ziehen wir ja alle an einem Strang – ist hier ein ganz wichtiger Schritt.
Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, wir wissen alle, dass beim Bevölkerungsschutz neue Aufgaben auf uns zugekommen sind. Diese Gesellschaft wird komplizierter und technischer. Angriffe und Schwierigkeiten, Katastrophenlagen werden möglicherweise häufiger auftreten. Es ist ein sehr komplexes Gefüge aus Extremwetterlagen, Großbränden, Pandemien, Terrorlagen, Cyberattacken auf kritische Infrastrukturen oder längerfristigen Stromausfällen. Darauf müssen wir uns gemeinsam – Bund, Länder und Kommunen – bestmöglich vorbereiten. Wichtig ist hier: Risikoerkennung, komplettes Lagebild, Einsatz und Verteilung von Kräften und vor allen Dingen die professionelle Arbeit der Krisenstäbe. Das ist die Basis eines funktionierenden Bevölkerungsschutzes.
Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege.
Lassen Sie uns alle gemeinsam daran arbeiten.
Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich grüße Sie ganz herzlich an diesem Donnerstagmittag und möchte einfach nur mal darauf aufmerksam machen, dass die Tagesordnung, glaube ich, bis 2.30 Uhr geht. Es wäre deshalb gut, wenn Sie sich an Ihre Redezeiten halten würden. In diesem Sinne übergebe ich jetzt das Wort an Misbah Khan von Bündnis 90/Die Grünen.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)