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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein „neuer Gedenkort für deutsche Gräueltaten“ soll also errichtet werden – so nannte „Spiegel Online“ in schöner Direktheit das geplante Dokumentationszentrum „Zweiter Weltkrieg und deutsche Besatzungsherrschaft in Europa“.
Ich schicke voraus: Auch die AfD-Fraktion weicht nicht von der einzig möglichen Meinung ab, die man als informierter und vernünftiger Mensch von den historischen Vorgängen haben kann. Das nationalsozialistische Regime mit seiner aggressiven Rassenideologie und der von Hitler hemmungslos eingesetzten Kriegsmaschinerie hat unsägliches Leid über Europa gebracht und insbesondere mit der Shoah ein Verbrechen von historischer Monstrosität begangen, auf das die Antwort nur lauten kann: Nie wieder!
Beifall bei der AfD)
Nun haben wir das Denkmal für die ermordeten Juden Europas, wir haben die Topographie des Terrors, wir haben die KZ-Gedenkstätten, das Programm „Jugend erinnert“ und vieles mehr. All das hat aber nicht verhindert, dass auf der Documenta in Kassel – der Kunstausstellung mit weltweiter Ausstrahlung, unter Mitverantwortung von Kulturstaatsministerin Claudia Roth – vor wenigen Tagen ein riesiges Banner einer indonesischen Künstler- oder Aktivistengruppe zu sehen war, das widerwärtige antisemitische Karikaturen nach Art des „Stürmers“ enthielt, wirklich Hass und Hetze schlimmster Art – um die Begriffe zu verwenden, mit denen Sie sonst immer so schnell zur Hand sind.
Erlauben Sie eine Zwischenfrage?
Das heißt Nein, ja. – Das hat nicht verhindert, dass Sie, Frau Roth, das alles verharmlost haben, nicht Kunstpolizistin sein wollten, wie Sie sagten. Erst als der Druck zu groß wurde und bereits die „Jüdische Allgemeine“ Ihren Rücktritt forderte, rufen Sie nun scheinheilig nach Konsequenzen.
Beifall bei der AfD)
Werte Kollegen, wie viele Dokumentationszentren wollen Sie denn noch bauen, damit diese Heuchelei endlich aufhört, Sie nicht mehr unterscheiden zwischen den bösen Antisemiten und den vielleicht doch irgendwie guten Antisemiten?
Erkennen Sie denn nicht, dass Ihr exzessives Zelebrieren der deutschen Schuld und Verantwortung völlig unglaubwürdig ist und zunichte gemacht wird, wenn Sie gleichzeitig die postkolonialistische Ideologie, die diese Karikaturen produziert hat und die erwiesenermaßen eine antisemitische Schlagseite hat, quasi zur kulturellen Staatsdoktrin erheben in Deutschland?
Beifall bei der AfD)
Die Probleme gehen noch weiter. Im ersten Satz Ihrer Unterrichtung schreiben Sie:
Der Zweite Weltkrieg und die Verbrechen der Deutschen
wandten Gewalt bislang ungekannten Ausmaßes an …
Das heißt: Sie fabrizieren hier – und wollen es schon der Jugend so vermitteln – das Negativnarrativ einer deutschen Kollektivschuld.
Ich erinnere Sie an die Worte des Bundespräsidenten a. D. Roman Herzog, der sagte:
Eine Kollektivschuld des deutschen Volkes … können wir … nicht anerkennen; ein solches Eingeständnis würde zumindest denen nicht gerecht, die Leben, Freiheit und Gesundheit im Kampf gegen den Nationalsozialismus und im Einsatz für seine Opfer aufs Spiel gesetzt haben
Oder selbst Opfer waren!)
und deren Vermächtnis der Staat ist, in dem wir heute leben.
Beifall bei der AfD
Die wollen alle mit Ihnen nichts zu tun haben! Warum wohl?)
Diesem besseren Deutschland, das auch in finstersten Zeiten im Untergrund immer lebendig war,
Die Sie jeden Tag verraten!)
werden Ihre Pläne jedenfalls eklatant nicht gerecht.
Wenn wir dann noch lesen, parallel zur Dauerausstellung zur Kriegszeit sollen Wechselausstellungen zur Gegenwart wie auch zur Vorgeschichte stattfinden, dann wird klar: Die Nazigräuel sollen hier zum Fluchtpunkt der gesamten deutschen Geschichte stilisiert werden.
Unter der Last dieser Schuld und der Pflicht der unendlichen Wiedergutmachung sollen jetzt in aktuellen Debatten alle Argumente verstummen, etwa gegen die schrankenlose Masseneinwanderung oder jetzt gegen eine bis zur Selbstschädigung reichende Opferbereitschaft bei Maßnahmen im Ukrainekrieg. Stets wird eine hypermoralische Haltung als alternativlos präsentiert – abweichende Sichtweisen werden schnell unter Naziverdacht gestellt.
Beifall bei der AfD
Widerspruch der Abg. Marianne Schieder [SPD]
Das, meine Damen und Herren, ist ein Missbrauch der historischen Erinnerung. Es ist auch ein Missbrauch der Opfer des Nationalsozialismus. Deswegen lehnen wir Ihren Vorschlag in dieser Form ab. Wir sind gespannt auf die Debatte.
Beifall bei der AfD
Es war auch nicht geplant, Sie da mit einzubeziehen!)
Für die FDP-Fraktion erhält das Wort Thomas Hacker.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)