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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal möchte ich mich bei Ihnen bedanken, liebe CDU/CSU-Fraktion, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, dass Sie heute die berufliche Bildung als Tagesordnungspunkt im Plenum aufrufen.
Ich möchte Ihnen auch gerne anbieten, dass wir konstruktiv zusammenarbeiten und die vielen guten Vorschläge aufgreifen.
Aber ich möchte gerade in Ihre Richtung einmal klar sagen, dass dieser vorliegende Antrag deutlich zeigt, dass es gut ist, dass Sie nicht mehr Teil der Regierung sind. In den letzten 16 Jahren sind Sie nämlich die Systematisierung der Berufsorientierung, die Sie hier anmahnen, nicht angegangen. Es gab keinen Fokus auf die berufliche Bildung.
Das stimmt überhaupt nicht!
Es gab auch nur Schwarz-Weiß-Filme!)
Die Mindestausbildungsvergütung haben wir im Arbeitsministerium erstritten. Bevor Sie sich jetzt zu lautstark aufregen: Ich habe verstanden, dass Sie mit den letzten 16 Jahren eher nichts zu tun haben wollen und daran nicht erinnert werden wollen. Das ist in den letzten Monaten deutlich geworden.
Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Albani?
Herzlichen Dank, Frau Kollegin, dass Sie die Frage zulassen. – Wenn Sie das so sagen – und ich möchte Sie extra früh bremsen –, nehmen Sie dann bitte zur Kenntnis – ich hoffe, Sie können mir da zustimmen –, dass wir in der letzten Legislatur mit der grundsätzlichen Veränderung des Berufsbildungsmodernisierungsgesetzes und der erstmaligen Einführung der DQR-Stufen 5 und 6 genau diesen Weg begonnen haben, den wir heute konsequent weitergehen. Wenn das nichts ist, verstehe ich das nicht ganz. Und auch das Aufstiegs-BAföG haben wir deutlich modernisiert, mehr Geld hineingepackt: 350 Millionen Euro. Wenn 350 Millionen Euro nichts sind, dann bitte ich Sie, mich zu korrigieren. Ignorieren Sie das bitte nicht. Sind Sie dazu bereit?
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich gehe sehr gerne auf Ihre Frage ein, Herr Kollege. Ich werde in den weiteren Ausführungen meiner Rede noch einmal deutlich machen, was wir jetzt in der beruflichen Bildung eigentlich brauchen, was wir übrigens auch in den Koalitionsvertrag geschrieben haben. Da stehen nämlich nicht nur kleine kosmetische Veränderungen drin, sondern eine strukturelle Antwort.
350 Millionen Euro sind Kosmetik?)
Und deshalb mache ich meine Kritik – wenn Ihnen das besser passt – auch sehr gerne an Ihrem Antrag selbst deutlich und würde damit jetzt auch fortfahren.
Beifall bei der SPD
Zuruf von der CDU/CSU: Das war aber schwach!)
Wenn man sich Ihre Analyse anguckt, dann möchte ich Sie – das ist auch in Ihren Ausführungen deutlich geworden – auf einen Umstand hinweisen: Hier sind einige junge Menschen, die uns zuhören. Wo kommen die eigentlich in Ihrem Antrag vor? Wo findet die Perspektive junger Menschen in Ihrem Antrag statt? Wo geht es eigentlich um Freiräume, auszuprobieren, wo Stärken und Schwächen sind? Wo geht es darum, welche Berufswünsche junge Menschen haben? Wo geht es in Ihrem Antrag darum, dass junge Menschen sich geregelte Arbeitszeiten wünschen, Kreativität in ihrem Beruf und auch gute Arbeitsbedingungen? Wo geht es in Ihrem Antrag um Ausbildungsmobilität, darum, dass man sich Wohnraum nicht leisten kann, dass es tatsächlich auch ein Problem ist, dass man mit dem Bus zum Beispiel nicht zur Berufsschule kommen kann, dass man sich die Preise nicht leisten kann? Wo geht es um junge Menschen in Ihrem Antrag? Ich sehe davon nichts.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Zweite ist: In Ihrer Analyse kommen Sie sehr klar dazu, dass Sie die akademische Bildung und die berufliche Bildung gegeneinanderstellen, und ich glaube, es ist falsch, das gegeneinanderzustellen.
Wir stellen es überhaupt nicht gegeneinander! Wir bringen es zusammen!)
Wir haben zwei Säulen, und worum es dieser Ampelkoalition hier geht, ist, Brücken zu bilden, Brücken zwischen den Säulen, dass man immer wieder von der einen Säule zur anderen gehen kann. Es geht darum, unterschiedliche Lebensmodelle möglich zu machen und nicht das eine gegen das andere auszuspielen. Das ist nicht unser Stil. Wir wollen viel innovativer, viel moderner sein.
Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wenn wir über Gleichwertigkeit sprechen, dann muss es auch darum gehen, Weiterbildung zusammen mit beruflicher Bildung, mit Ausbildung zu denken, dann muss es um Weiterbildungspfade gehen. Auch das sehe ich nicht in Ihrem Antrag.
Dann wurde ein weiterer Punkt völlig außen vor gelassen, und das ist die Frage, was eigentlich mit den vielen jungen Menschen ist, die im Übergang sind. Der Berufsbildungsbericht hat es wieder deutlich gemacht: 230 000 Menschen sind im Übergang. Was ist eigentlich mit ihnen?
Auch nicht gesprochen haben Sie darüber, was eigentlich mit der Integrationskraft unseres beruflichen Bildungssystems ist. Sie sagen nicht wirklich: Wir wollen ein Einwanderungsland sein, und wir bilden das in diesem beruflichen Bildungssystem auch ab. Deshalb muss ich sagen: Wenn ich mir nur die Analyse Ihres Antrags angucke, dann wundert es mich auch nicht, dass Sie in den Forderungen wirklich weit hinter dem zurückbleiben, was eigentlich strukturell verlangt ist.
Es ist gut und richtig, auf Digitalisierung einzugehen. Vielleicht haben Sie in den letzten Haushaltsberatungen zur Kenntnis genommen, dass das bereits im Haushalt angelegt ist. Es ist natürlich auch richtig, dass wir eine Systematisierung der Berufsorientierung brauchen; genau das werden wir jetzt angehen. Auch hier haben wir schon viele Instrumente im Haushalt abgebildet.
Zusätzlich wollen wir aber noch die Jugendberufsagenturen als ein Mittel, damit junge Menschen wirklich einen Anlaufpunkt haben,
Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]
einen Anlaufpunkt, an dem sie immer auch Menschen erreichen können, die ihnen die Hand reichen, die ihnen neue Perspektiven und vielleicht auch neue Ausbildungswege aufzeigen. Das haben wir im Koalitionsvertrag verankert. Das wollen wir stärken. Wir wollen, dass das eine Stütze für junge Menschen ist.
Wir wollen die Ausbildungsmobilität erhöhen. Gerade hierfür werden wir jetzt ein Programm für junges Wohnen auflegen. Und wir wollen eine strukturelle Antwort auf all diese Fragen geben und dabei auch diejenigen, die in den Übergängen sind, diejenigen, die ungelernt sind, ansprechen. Wir wissen doch, dass es extrem schwer ist, wenn man keine Ausbildung hat, eine gute Berufsbiografie zu haben, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Deswegen sprechen wir immer wieder von der Ausbildungsgarantie.
Die Ausbildungsgarantie ist ein Sargnagel!)
Diese Ausbildungsgarantie ist noch mal an ein Angebot an Unternehmerinnen und Unternehmer, an alle Akteurinnen und Akteure der beruflichen Bildung und natürlich auch an alle hier im Parlament. Sie soll die Berufsorientierung, die berufliche Bildung insgesamt neu auflegen, ihr ein Upgrade geben und vom Übergang zwischen Schule und Beruf bis hin zu den schulischen Angeboten in der beruflichen Bildung die Ausbildungsangebote im schulischen Bereich zusammendenken und vor allem – auch hier bleiben Sie auf jeden Fall hinter meinen Erwartungen zurück – Kleinstbetriebe und mittelständische Unternehmen dabei unterstützen, dass sie ausbilden können.
Denn das zeigt der Berufsbildungsbericht ja auch: dass gerade an dieser Stelle wirklich strukturelle Defizite und Probleme vorhanden sind. Deswegen wollen wir zum Beispiel auch die Verbundausbildungen stärken.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Also, Sie sehen: Wir können Ihrem Antrag nicht zustimmen, weil er einfach viel zu kurz greift und wir als Fortschrittskoalition strukturell sehr, sehr Großes vorhaben und genau das auch umsetzen werden.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP
Hauptsache, Sie scheitern nicht an Ihrer eierlegenden Wollmilchsau!)
Dr. Götz Frömming von der AfD-Fraktion ist der nächste Redner.
Beifall bei der AfD)