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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Corona prägte alle Ausschüsse sowohl inhaltlich als auch organisatorisch. Inzwischen haben wir uns alle daran gewöhnt, damit zu arbeiten. Am Anfang war es dennoch ein ungewohntes Gefühl, vom heimischen Schreibtisch aus über Petitionen zu entscheiden. Aber Corona ließ uns keine Wahl; wir mussten digital tagen. Wenn es überhaupt etwas Positives gab, dann dass die Coronamaßnahmen der Digitalisierung einen ordentlichen Schub gegeben haben, so auch im Petitionsausschuss.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es gab viele Petitionen zu Problemen, die im Zusammenhang mit der Coronapolitik standen. Gerade hier war der Petitionsausschuss eine Echokammer für die Stimmung in der Bevölkerung. Er zeigt auf, welche Gruppen zu wenig bei den Hilfsprogrammen der Bundesregierung berücksichtigt wurden. Hier möchte ich zum Beispiel die Freiberufler, Soloselbstständigen sowie Kultur- und Medienschaffenden nennen, deren Tätigkeiten oft mit Reisen verbunden sind. Die Reisebeschränkungen haben aber auch zu vielen familiären Schicksalen geführt, die durch die eingereichten Petitionen sichtbar sind. Corona war auch eine große Herausforderung für den Tourismus. Das sieht man im Tourismusausschuss, dem ich ebenfalls angehöre.
Vom Petitionsausschuss profitieren alle in ihrer gesamten politischen Arbeit. Die Stellungnahmen aus den Ministerien zu den verschiedenen Petitionen sind sehr qualifiziert. An dieser Stelle möchte ich mich nicht nur bei den Mitarbeitern des Ausschussdienstes bedanken – das wurde hier schon häufig getan, und das mit vollem Recht –, sondern ich möchte weiterhin auch den Beamten und Angestellten in den Ministerien danken. In Einzelfällen wäre manchmal eine schnellere Beantwortung wünschenswert, aber der Arbeitsaufwand für die Ministerien ist nicht zu unterschätzen. Sehr häufig geben sich die Petenten mit den qualifizierten Antworten aus den verschiedenen Häusern schon zufrieden. Das entlastet uns Abgeordnete, und wir können uns um die Petitionen kümmern, deren Anliegen eine gewisse Berechtigung haben. Vielen Dank dafür.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Bürger, die wie ich die DDR noch erlebt haben, haben ein besonderes Verhältnis zu Petitionen. Damals hieß es nicht „Petition“, sondern „Eingabe“. Es war die einzige Möglichkeit, sich gegen Verwaltungshandeln zu wehren. Aber immerhin haben einige Eingaben vor Ort doch zu Änderungen von Verwaltungsentscheidungen geführt. So bin ich 1986 persönlich nach Berlin gereist und habe im Bürogebäude von Erich Honecker eine Eingabe eingereicht, einen Telefonanschluss zu bekommen. Vier Wochen später hatte ich ihn dann, allerdings nach unglaublichen vier Jahren des Wartens.
Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Manchmal wünsche ich mir, dass so eine schnelle Bearbeitung auch heute möglich ist – ohne vier Jahre Wartezeit im Vorfeld natürlich.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auch 2021 haben die Petitionen gezeigt, dass noch nicht alle Unwuchten aus der Wiedervereinigung beseitigt sind. Unser Ausschuss setzt sich daher für Zwangsausgesiedelte ein, die im Gegensatz zu Gefängnisopfern nie entschädigt wurden. Dabei geht es den Betroffenen nicht nur um Geld, sondern darum, dass ihr Leid anerkannt wird und das Unrecht einer breiten Öffentlichkeit bewusst wird. Beim Grenzbau 1961 wurden Bürger zwangsumgesiedelt, die als nicht politisch zuverlässig galten. Im neuen, erzwungenen Wohnort waren sie oft Außenseiter, über die negativ geredet wurde. „Irgendwas werden die schon ausgefressen haben“, hieß es dann immer. Besonders mussten natürlich dann immer die Kinder leiden.
Junge Mütter wurden gezwungen, ihr Kind zur Adoption abzugeben. Auch wenn sie sich nach der Friedlichen Revolution, nach oft langem Weg, wiedergefunden haben, gab es nicht immer das erhoffte Happy End. Auch gibt es Hinweise, dass in der DDR Kinder von politisch unzuverlässigen Personen zur Adoption freigegeben wurden. Den Eltern wurde gesagt, das Kind sei verstorben. Nie wieder darf so etwas passieren!
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
Auch in meinem Wahlkreis spricht man mich an, Missstände und Gesetzesänderungen mal etwas genauer zu hinterfragen. Ein aktuelles Beispiel ist das Thema Lärmbelästigung wegen der Umgehungsstraße in Orlamünde in Ostthüringen. Bei Totalneubau wird der Schall von Bahn und Straße als Gesamtbelastung addiert. Bei Sanierungsneubau zählt jede Schallbelastung, also Bahn und Straße, für sich. Meine Damen und Herren, der Lärm ist derselbe, nur die Grenzwerte sind unterschiedlich.
Petitionen sind mir eine Herzenssache, und ich halte diesen Ausschuss für einen ganz wichtigen Ausschuss im Bundestag.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
Ich erteile das Wort Annika Klose, SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)