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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Exzellenz! Von Januar bis April 1996 war ich als junger Soldat der Bundeswehr in Bosnien eingesetzt. Ich war Teil des allerersten Kontingents – abgesehen von den Sanitätern, die 1994 in Somalia waren –, das in einen Auslandseinsatz geschickt wurde. Mit der IFOR-Mission sollte das Friedensabkommen von Dayton überwacht werden. Nach den schrecklichen Kämpfen in Bosnien sollte Stabilität Einzug halten.
Die Eindrücke, die man da als junger Mensch gemacht hat, waren bestürzend: ein Bild der Zerstörung mitten in Europa. Am Ende dieses Krieges war der Hass dieses Konfliktes in der Zerstörung, in den unzähligen zerstörten Gebäuden, in den Einschusslöchern, in den Fassaden der Häuser deutlich sichtbar. Es schien natürlich in den ersten Tagen irgendwie unwirklich; aber diese massive Zerstörung, das große Leid in Bosnien – mitten in Europa – war real. Bei mir haben sich die Bilder von unzähligen frischen Gräbern, die eigentlich in jedem Dorf sichtbar waren, eingeprägt.
Dennoch gab es Zuversicht. Mit der Unterzeichnung des Friedensvertrages von Dayton konnte man annehmen, dass die Balkankriege die letzten Kriege in Europa gewesen sind und dass wir auf den Weg in eine friedliche Zukunft waren. Wir müssen heute jedoch feststellen, dass wir uns getäuscht haben. Es gibt erschreckende Parallelen zwischen den damaligen Bildern aus Bosnien und den heutigen Eindrücken aus der Ukraine. Dabei hätte doch gerade die Lehre aus Srebrenica 1995 eigentlich sein müssen, dass wir als Westen alles tun, um solche Massaker in Europa in Zukunft zu verhindern.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich muss es an dieser Stelle klar sagen: Wertegeleitete Außenpolitik muss natürlich auch heißen, Bereitschaft zum Handeln und politische Führung zu beweisen. Das Definieren von Werten allein reicht nicht aus. Man muss im Ernstfall auch dazu bereit sein, konsequent zu handeln. Das hätte schon die Lektion aus den Balkankriegen sein müssen, und es bedrückt mich sehr, dass wir sie mit Blick auf die Ukraine noch nicht ausreichend verinnerlicht haben, dass wir wieder diejenigen, die regelmäßig rote Linien überschritten haben, zu lange haben gewähren lassen.
Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Philip Krämer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Meine Damen und Herren, Passivität darf uns aber in Bezug auf Bosnien nicht ein weiteres Mal passieren. Wir haben ein Land mit einer Blockade der politischen Klasse. Wir haben enttäuschte Erwartungen wegen des NATO- und des EU-Beitritts. Die Republika Srpska zündelt, und Kriegsverbrecher Putin hat mit Milorad Dodik einen Mann im Staatspräsidium, mit dem er mitten auf dem Balkan eskalieren kann. Wir dürfen die Lage in Bosnien nicht ein weiteres Mal entgleiten lassen. Die Wahlen im Oktober sind hierbei ganz entscheidend, und ja, das ist eine Aufgabe für uns alle, für Deutschland; das hat Christian Schmidt auch in den letzten Tagen eingehend beschrieben.
Ihm möchte ich ganz herzlich danken für diesen wichtigen Einsatz für den Frieden auf dem Balkan. Es ist gut, dass Deutschland diese verantwortungsvolle Position mit dem diplomatisch erfahrenen Christian Schmidt besetzen konnte. Er muss auf unsere Unterstützung bei seiner Arbeit für Frieden und Stabilität in Bosnien und Herzegowina zählen können.
Herzlichen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Herr Dr. Gysi, ich würde Sie bitten, Ihre Maske aufzusetzen. – Herr Gysi, Ihre Maske!
Völlig vergessen!)
Wir kommen zum nächsten Redner in der Debatte: Josip Juratovic von der SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)