Zwischenrufe:
1
Beifall:
24
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen – insbesondere Herr Kotré! Realitätsverlust, den Sie eben angesprochen haben, ist, wenn man es schafft, eine Rede zu diesem Thema zu halten und den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Wladimir Putins, der das ganze Desaster hier ausgelöst hat, nicht mit auch nur einem Wort zu erwähnen.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Ich habe Sie nicht hier reingewählt, aber ich schäme mich trotzdem ein bisschen, mit Ihnen hier in einem Raum sein zu müssen; es tut mir leid. Wahnsinn!
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU
Zuruf von der AfD: Sie können ja gehen!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir reden hier über einen unvollkommenen Markt. Wir reden über einen Markt, auf dem ein Teilnehmer, ein Anbieter von Gas, 55 Prozent Marktanteil hat. Sie können in Volkswirtschaftslehre I lernen, dass das keine gute Situation ist. Die Situation wird noch schlimmer, wenn dieser eine Marktteilnehmer auch 30 Prozent der Speicherkapazitäten hat, wo das gelagert wird, was Sie temporär als Ersatz einsetzen könnten.
In diese Situation sind wir geraten, weil es eben keine Regelungen und insbesondere keine funktionierende Marktaufsicht gab. Wir haben heute Morgen hier schon darüber gesprochen. Ich bin, ehrlich gesagt, ein bisschen enttäuscht, dass der Kollege Jens Spahn, der uns ja vorgeworfen hat, wir würden nichts tun, heute Abend nicht mehr hier sitzt. Offensichtlich ist er schon im Feierabend, wenn wir was tun.
Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich kann Ihnen nur sagen: Sie mit Ihrer Großen Koalition, Sie mit Ihrem Wirtschaftsminister haben diese Regelungslosigkeit und auch die Tatenlosigkeit in diesem Bereich zu verantworten.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen möchte ich Ihnen raten, dass Sie hier vielleicht nicht nur Reden schwingen sollten. Der Kollege hat gerade seine erste Rede hier gehalten. Nichts für ungut: Die war gut, aber Sie haben keinen einzigen Satz zu unserem Gesetzestext formuliert.
Weil wir eine konstruktive Regierung, eine konstruktive Ampel, sind, laden wir Sie trotzdem ein, bis Mitte nächster Woche Ihre Vorschläge zu diesem Gesetzestext vorzutragen; denn in der Tat – und das haben verschiedene Rednerinnen und Redner vor mir schon betont – ist das hier eine sehr wichtige Maßnahme, damit wir im nächsten Winter nicht wieder in eine richtig schwierige Situation kommen und nicht mehr von diesem einen Lieferanten, der längst einen wirtschaftspolitischen Angriff auf Westeuropa gestartet hat, abhängig sind. Deswegen laden wir Sie ein, bis zur nächsten Woche Ihre konstruktiven Vorschläge auch in dieses Verfahren einzubringen. Ich habe Hoffnung, dass zumindest die demokratischen Parteien, die in diesem Hause sitzen, dieser Aufforderung nachkommen werden.
Möchten Sie eine Zwischenfrage zulassen?
Ich lasse gerne jede Zwischenfrage zu.
Bitte schön, Herr Heilmann.
Lieber Herr Kollege Kruse, Sie haben zu Recht gesagt, dass die Große Koalition die Vorsorge, die jetzt vorgeschlagen wird und die wir unterstützen, unterlassen hat. Da Sie aber mit dem Finger auf uns zeigen, will ich Sie fragen: Wo war eigentlich der Antrag der FDP, die vollständige Liberalisierung von Gasspeichermärkten zurückzunehmen? Ich kann mich jedenfalls mit Blick auf die letzte Legislaturperiode nicht daran erinnern.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU
Lenk doch nicht ab! Nebelkerze!)
Vielen Dank für diesen Hinweis, der ja gar keine Frage beinhaltet. – Diesen Antrag hat es nicht gegeben, und ich möchte Ihnen auch erklären, warum nicht: Er war nicht notwendig.
Es war nicht notwendig, an dieser Stelle etwas zu ändern. Vielmehr hätte es an der Stelle und zu dem Zeitpunkt, als kritische Infrastruktur im großen Umfang verkauft worden ist – und zwar auf eine Art und Weise, dass wir uns von einem einzigen Versorgerland, Russland, viel stärker als in den Jahren und Jahrzehnten davor abhängig machen –, einen wachen Nachtwächter gebraucht. Der Nachtwächter ist der Wirtschaftsminister mit seinen untergeordneten Behörden. Deswegen wäre ein solcher Antrag nicht notwendig gewesen, sondern ein wacher Geist, wenn es darum geht, dass hier kritische Infrastruktur auf eine Art und Weise verkauft wird, dass die deutsche Bevölkerung und die deutschen Unternehmen am Ende so abhängig von dem einen Lieferanten sind, dass wir unter Druck geraten können. Das hätte der Nachtwächter sehen können, aber er hat leider geschlafen, Herr Kollege.
Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Weil wir diese Situation im nächsten Winter nicht noch einmal erleben wollen und dürfen und weil wir nicht nur aus der Erpressbarkeit rauswollen, sondern weil wir uns schlicht auch die Frage stellen müssen, wie wir schnellstmöglich den Geldhahn für die immensen Gaslieferungen zudrehen können, die täglich aus Russland hierherkommen, handeln wir jetzt als Ampelkoalition.
Beifall der Abg. Dr. Ingrid Nestle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Weil wir das tun möchten, müssen wir auch über dieses Gesetz sprechen.
Der Kollege von der Union hat ja gesagt, er würde nichts davon hören, dass wir auch viele andere Maßnahmen ergreifen würden. Ich muss wirklich sagen: Dann stimmt vielleicht was mit Ihren Gehörgängen nicht. – In unseren Ausschussberatungen – zuletzt gestern – haben wir über viele dieser Themen gesprochen. Ich nenne Ihnen ein paar: Angebot diversifizieren, Wegkommen vom größten Anbieter, Marktanteil drücken.
Es sind die Niederländer angesprochen worden. Mit denen sprechen wir übrigens auch ganz konkret darüber, ob sie die deutschen Gasfelder nicht auch fördern können. Auch Norwegen ist angesprochen worden. Norwegen hat gestern gemeldet, dass sie aus zwei Gasfeldern 1,4 Milliarden Kubikmeter Gas mehr liefern können. Das sind ganz konkrete Maßnahmen, um etwa 2 Prozent der deutschen Gasversorgung abzusichern.
Ich mache weiter: LNG-Terminals sind schon vom Bundeskanzler hier angesprochen worden; es geht um zwei an der Zahl. Bis wir solche haben, geht es darum, dass wir FSRUs bekommen; das sind schwimmende LNG-Terminals, Herr Kollege. Wir kümmern uns um die Gasförderung in der Nordsee, und wir kümmern uns außerdem um die Fragestellung, ob es nicht klug ist, dass die kritische Infrastruktur in Deutschland auch in deutscher Hand ist und nicht mehr von ausländischen Despoten gegen die deutschen Interessen missbraucht werden kann.
Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich habe jetzt keine Zeit mehr, um Ihnen weitere Maßnahmen aufzuzählen, die wir ergreifen. Deswegen komme ich zum Schluss.
Es ist ein imperfekter Markt, und deswegen wird es auch ein imperfektes Gesetz werden – so viel sei zugestanden. Daher ist es umso wichtiger, dass wir die kurze Zeit, die wir haben, um dieses Gesetz in Kraft zu setzen, dafür nutzen, das bestmöglich zu machen. Sie sind herzlich eingeladen, dazu beizutragen. Wir werden diesen Anteil dann auch würdigen; denn es geht hier um deutsches Interesse.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Jetzt spricht Ralph Lenkert für die Fraktion Die Linke.
Beifall bei der LINKEN)