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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, religiöser Fundamentalismus ist mit unseren Grundwerten von Pluralität und Religionsfreiheit unvereinbar. Auch klar ist, dass keine Gelder an Organisationen fließen dürfen, die antidemokratische, homophobe oder frauenfeindliche Auslegungen des Glaubens predigen. Das gilt natürlich für alle Religionsgemeinschaften. Was Sie von der CDU/CSU aber hier anscheinend versuchen – von der AfD ganz zu schweigen –, ist, einen Generalverdacht gegen Muslimas und Muslime zu schüren.
Denn es ist doch erschütternd, wenn in der letzten repräsentativen Befragung des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Uni Bielefeld jeder Dritte der Behauptung zustimmte, dass die muslimische Kultur einen gefährlichen Einfluss auf die deutsche Kultur hätte. Mit diesem Antrag, denke ich, blasen Sie genau in dieses Horn und hieven die ergrauten Geister von rechts außen aufs Tableau. Herr Lindh und Frau Kaddor haben das bereits ausgeführt.
Die Religionsfreiheit ist eines der größten und höchsten Grundrechte in unserer Demokratie. Aus diesem Grund ist im Artikel 4 des Grundgesetzes verfasst: „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.“ Das heißt gleichwohl, dass jede Religion in unserem Land ihren legitimen Platz hat und haben soll. Diese Anerkennung ist Grundlage dafür, dass sich Gläubige als Teil unserer Gesellschaft und unserer Demokratie verstehen. Aber mit der von Herrn Merz vor zwei Jahrzehnten losgetretenen Leitkulturdebatte und dem Satz Ihres ehemaligen Innenministers Horst Seehofer, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, hat die Union nicht nur Porzellan zerschlagen, sondern auch Vertrauen nachhaltig geschädigt.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dementsprechend ist es wenig verwunderlich, in welchen Trippelschritten die religiöse Integration der Muslimas und Muslime unter der Ägide Ihrer Innenminister gefördert wurde.
Wenngleich die Deutsche Islam Konferenz ohne Frage eine unersetzliche Institution ist, haben Sie es doch in der Vergangenheit nicht vermocht, die heterogene Gemeindelandschaft in ihrer Breite einzubinden, und die essenzielle, öffentlich unterstützte Imamausbildung steckt immer noch in den Kinderschuhen. Umso wichtiger ist es, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit der Koalition jetzt die Deutsche Islam Konferenz und die universitäre Ausbildung der Geistlichen gemeinsam mit den Ländern voranbringt. Unser Ziel ist es, den kritischen Dialog der über 4 Millionen Muslimas und Muslime samt der vielen verschiedenen Gemeinden – insbesondere der progressiven – mit der Gesamtgesellschaft zu stärken. Durch die Anerkennung muslimischer Lebenswelten und kultureller Vielfalt fördern wir nicht nur Integration und demokratische Gleichberechtigung, sondern wir graben der grassierenden Muslimfeindlichkeit und dem religiösen Fundamentalismus Stück für Stück das Wasser ab.
Mit Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, suggerieren Sie, dass Sie etwas aufdecken müssten, wo die Koalitionspartner vielleicht nicht genau hinschauen würden. Das ist grober Unfug, zumal Sie in den letzten 16 Jahren an der Spitze des Innenministeriums genug Gelegenheit hatten, bestimmte Punkte umzusetzen. Doch das alles fällt Ihnen jetzt in der Opposition ein; möglicherweise dauern einige Erkenntnisprozesse auch ein bisschen länger. Ich kann Ihnen versichern, dass wir da schneller sind.
Das beste Mittel gegen ideologische Radikalisierung ist und bleibt Prävention. Und da möchte ich betonen, dass die zahlreichen zivilen Träger einen unverzichtbaren Beitrag leisten. Erst kürzlich durfte ich mir im Gespräch mit der Bundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus ein Bild von deren kompetenter und differenzierter Arbeit im Bereich der Vorbeugung und Deradikalisierung machen. Diese Trägerlandschaft müssen wir ebenso stärken wie die demokratisch-muslimische Zivilgesellschaft. Das Demokratiefördergesetz, das nun endlich kommt, wird seinen Teil dazu beitragen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)