- Bundestagsanalysen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Es geht also um unser Mediensystem in der Zukunft, als tragende Säule des demokratischen Meinungsbildungsprozesses, die Chancen, aber auch die Notwendigkeit neuer kooperativer digitaler Plattformen.
Wir alle werden jeden Tag von Informationen nur so überflutet: Eine Nachricht jagt die nächste, Storys, Tweets, Beiträge, gefolgt von unzähligen Meinungen in den Kommentarspalten. Vielen Menschen fällt es schwer, da den Überblick zu behalten oder überhaupt zu unterscheiden: Was ist wahr, was ist falsch? Damit wollen wir unsere Bürgerinnen und Bürger nicht allein lassen.
Um einen offenen und demokratischen öffentlichen Diskurs zu garantieren, werden wir die Verbreitung unabhängiger journalistischer Inhalte im Zeitalter der digitalen Plattformen fördern und unterstützen müssen, während wir nach digitaler Souveränität in Deutschland und Europa streben. Unabhängiger Journalismus bildet einen der wichtigsten Grundpfeiler für eine resiliente Demokratie. Wir brauchen fundierte Medieninhalte von ausgebildeten Journalistinnen und Journalisten, die sich an den ethischen Standards des Pressekodex orientieren, die sich der Achtung der Menschenwürde und der Wahrheitsfindung verschrieben haben und für die Faktenchecks als Teil ihrer Sorgfaltspflicht dazugehören.
Beifall bei der SPD sowie der Abg. Awet Tesfaiesus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Der Medien- und Kommunikationsbericht der Bundesregierung zeigt einmal mehr – wir haben es schon gehört –, dass unsere klassischen Medien in der digitalen Transformation massiv unter Druck stehen. Während das Internet die Verbreitung von journalistischen Inhalten grundsätzlich erleichtert, werden viele Medienunternehmen zunehmend abhängig von den großen Plattformen, ob Google, YouTube, Facebook oder Twitter. Einerseits war es nie leichter, in politische Diskurse einzusteigen, Meinungen auszutauschen, Erfahrungen zu teilen, Kontakte zu knüpfen oder per Mausklick nationalstaatliche Grenzen zu überwinden. Andererseits erleben wir – auch das haben wir schon gehört – Hatespeech, Desinformationen, willkürliche Algorithmen, Filterblasen und damit einen verzerrten öffentlichen Diskurs.
Zudem haben einige Plattformen eine solche Größe erreicht, dass sie eine eigene übermächtige Infrastruktur der öffentlichen Kommunikation darstellen. Sie demokratisieren und moderieren den Diskurs. Sie entscheiden, wem welche Inhalte wann und wie oft angezeigt werden. Sie können Meinungen, Inhalte auch ganz verschwinden lassen. Wir nennen sie daher „Gatekeeper“ oder, zu Deutsch, „Torwächter“.
Obwohl sie sich in politisch besonders kritischen Momenten durchaus auch als verlässliche Partner erwiesen haben, auch als Freunde und Verteidiger der Demokratie – etwa bei der Sperrung von Donald Trumps Twitter-Account während des Sturms auf das Kapitol oder jetzt durch die ausgeprägte Solidarität mit der Ukraine, ihrer Unterstützung während der russischen Invasion –, sieht digitale Souveränität anders aus.
Beifall bei der SPD)
Auf EU-Ebene unternehmen wir deshalb gerade jetzt ganz wichtige Schritte, echte Meilensteine: Mit dem Digital Services Act, dem DSA, und dem Digital Markets Act, dem DMA, werden wir ein umfangreiches Regelwerk implementieren, um die Rechte unserer Bürgerinnen und Bürger im Netz zu garantieren, die Macht der Gatekeeper einzuschränken und zu einem guten Zusammenspiel mit ihnen zu finden. Wichtige Fragen werden debattiert: Bei wem soll die Kontrolle über die Einhaltung der Regeln liegen: bei der Europäischen Kommission oder bei einer unabhängigen Kontrollinstanz, in Anlehnung an die deutsche Medienanstalt? Braucht es einen neuen Weg, eine neue Institution, die Vertreter/-innen der Medien, der Zivilgesellschaft und der Politik miteinander vereint? Auf jeden Fall gilt es, gemeinsam mit unseren europäischen Partnerinnen und Partnern nach dieser Debatte die Zukunft unserer Medienlandschaft aktiv weiterzuentwickeln.
Der Bericht der Bundesregierung zeichnet unterschiedliche Optionen, spannende Perspektiven auf, etwa mit einer neuen kooperativen Medienplattform am Horizont. Ob es dabei vor allem um neue Kooperationen der öffentlich-rechtlichen Anbieter untereinander geht oder ob wir alle zusammen gemeinwohlorientiert die Entwicklung einer eigenständigen, auch für private Medienunternehmen offenen europäischen Plattform fördern wollen, bleibt zunächst noch offen, wie auch die wichtigen technologischen Fragen. Aber lassen Sie uns das voranbringen!
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir sollten nicht auf den nächsten großen politischen Konflikt warten. Auch in der digitalen Welt, in unserem Mediensystem, wird Demokratie verteidigt.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)