- Bundestagsanalysen
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich ja, dass die FDP-Fraktion unserem Antrag zustimmen will. Das habe ich jetzt Ihren Worten so entnommen, Herr Beeck. Ich wundere mich allerdings etwas über Herrn Mehmet Ali, der so tut, als sei die SPD gar nicht in der Regierung gewesen und als sei das Ministerium gar kein SPD-Ministerium gewesen, aus dem eigentlich die ganzen Formulierungen, die wir aufgreifen, ja auch stammen.
Beifall bei der CDU/CSU
Zuruf der Abg. Angelika Glöckner [SPD])
Erst mal vorweg: Natürlich erheben wir nicht Anspruch, hier alle Wege aufzuzeigen, die zu mehr Inklusion auf dem ersten Arbeitsmarkt führen. Aber wir haben ein paar Punkte benannt, die uns wichtig sind und die dazu beitragen können, dass Menschen, gerade auch junge Menschen, eher in den Arbeitsmarkt kommen, auch wenn sie eine Behinderung haben.
Ich nenne Ihnen ein wichtiges Beispiel. Ich nenne mal die Werker- und Fachpraktikerausbildung nach § 42 Handwerksordnung oder § 66 Berufsbildungsgesetz. Das sind die Ausbildungen für Menschen, die eine Vollausbildung nicht schaffen und die aufgrund ihrer Behinderung, oft auch ihrer Lernbehinderung, dann eine reduzierte Ausbildung machen können, meistens in Berufsbildungswerken und Einrichtungen. Sie, Herr Mehmet Ali, sind ja Einrichtungsvertreter.
Man kann es auch im ersten Arbeitsmarkt machen; aber Sie können es nur dann im ersten Arbeitsmarkt machen, wenn der Ausbilder eine rehabilitationspädagogische Zusatzqualifikation für Ausbilderinnen und Ausbilder macht. Diese Qualifikation, kurz: ReZa, bedeutet, dass der Ausbilder sich 320 Stunden fortbilden lassen muss in Recht, in Didaktik und in Medizin.
Meine Damen und Herren, wie sieht das denn in Wirklichkeit aus? Da kommt der Geselle zu seinem Meister und sagt: Du kennst doch meine Tochter; die hat bei dir Praktikum gemacht. Die ist ehrlich, fleißig, kommt pünktlich, feiert nie krank. Kannst du die nicht ausbilden? Da sagt der Meister: Klar, aber die schafft doch die Berufsschule nicht. Da sagt der Geselle: Habe ich gehört. Da gibt es aber so eine Handwerksordnung, da geht es doch. – Ja, sagt er, wenn das so ist, mache ich das. Dann sagt der Geselle: Ja, Meister, da muss ich dir aber sagen, dass du dich jetzt noch 320 Stunden in Didaktik, in Medizin und in Recht fortbilden musst. – Meine Damen und Herren, das macht kein kleiner Betrieb. Diese Bürokratie wollen wir abbauen. Deswegen sagen wir in unserem Antrag: Die ReZA muss freiwillig sein, sie muss gestrafft werden, und die Kosten soll nicht der Betrieb zahlen müssen, sondern das muss der Staat machen, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU)
Deswegen, Herr Beeck, haben wir gesagt, dass wir diese Bürokratie abbauen wollen. Übrigens: Der Punkt im Antrag, von dem ich gerade geredet habe, stammt bestimmt nicht von Ihnen. – Wir wollen Bürokratie abbauen. Wir wollen, dass es für Menschen mit Behinderungen Budgets in allen Bereichen gibt, im Bereich der Ausbildung und übrigens auch im Berufsbildungsbereich und im Eingangsbereich. Lasst uns das doch endlich machen! Natürlich gibt es in vielen Bereichen schon einen rechtlichen Anspruch darauf. Aber vor Ort ist das oft nicht bekannt, und es wird selten angeboten.
Natürlich wollen wir auch, dass es mehr Menschen schaffen, von der Werkstatt in den ersten Arbeitsmarkt zu kommen. Aber wenn wir das wollen, dann müssen wir zum Beispiel das Budget für Ausbildung neu fassen. Sie können nicht schreiben: Sie bekommen ein Budget für Ausbildung, wenn Sie Anspruch auf Werkstattleistungen haben und einen Vertrag für eine Vollausbildung oder eine Werkerausbildung vorweisen können. Meine Damen und Herren, wer eine Vollausbildung macht, der gehört nicht in eine Werkstatt und hat deswegen auch keinen Anspruch auf diese Leistungen. Deswegen ist es ja auch verständlich, dass in über 20 Monaten in ganz Deutschland nur 31-mal Budgets für Ausbildung in Anspruch genommen wurden. Das müssen wir ändern, und es wäre gut, wenn Sie mitmachen würden. Machen Sie mit! Wir bieten Ihnen das an.
Es gibt den Spruch: Wer Inklusion will, sucht Wege, wer sie nicht will, sucht Begründungen. – Wir haben Ihnen ein paar Wege aufgezeigt. Es würde mich freuen, wenn Sie noch ein paar Wege hinzufügen würden.
Vielen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]
Bisher waren Sie ja die Experten für Begründungen!)
Angelika Glöckner hat das Wort für die SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)