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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst vorab deutlich zum Ausdruck bringen, dass es völlig unverständlich ist, dass die Bundesinnenministerin heute dieser Aktuellen Stunde unentschuldigt fernbleibt.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Die Regierungsvertreter haben in den letzten Tagen im Innenausschuss und bei der gestrigen Regierungsbefragung jegliche Kritik an der Bearbeitung der Vertriebenenkrise von sich gewiesen. Warum gibt es dann aber die Hilferufe aus den Bundesländern? Und wie kommt die Deutsche Polizeigewerkschaft zu dem Schluss, dass die Bundesregierung noch nicht mal im Ansatz einen Plan hat? Wieso fordert der Deutsche Städte- und Gemeindebund ein koordiniertes Vorgehen von Bund, Ländern und Kommunen? Die Chefs der Staatskanzleien sehen den Bund hier in der besonderen Verpflichtung, die bundesweite Koordinierung schnell zu verbessern. Umfangreiche Lageberichte, technische Unterstützung und vor allem ein strukturiertes Verteilungsverfahren sind das Gebot der Stunde.
Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn Bundesverkehrsminister Volker Wissing den Ländern die Schuld gibt und sie auffordert, frühzeitig in großem Umfang Aufnahmekapazitäten zu melden, verkennt er das Hauptproblem: Wir haben es mit der größten Vertriebenenkrise seit Ende des Zweiten Weltkriegs zu tun. Das Fluchtgeschehen ist sehr dynamisch, und niemand kann die exakte Zahl der Vertriebenen vorhersehen. Die Vereinten Nationen rechnen mit bis zu 8 Millionen Menschen, die die Ukraine verlassen. Das ist aber keine Obergrenze. Offensichtlich setzt Putin seine Kriegsmaschinerie gegen die Zivilbevölkerung auch deshalb ein, um möglichst große Fluchtbewegungen zu verursachen. Wir können auch in Deutschland keine Zahlen prognostizieren; und genau hierauf – das ist der Knackpunkt – muss sich die Bundesregierung einstellen.
Appell Nummer eins an die Bundesregierung: Verstecken Sie sich nicht hinter den Ländern und Kommunen! Es reicht nicht, wenn Sie wie bisher auf die Flüchtlingsströme, die in Deutschland ankommen, reagieren. Gefragt sind jetzt Führung, Vorausschau und Planung,
Beifall bei der CDU/CSU)
und zwar eine Planung, die die zu erwartende Flüchtlingszahl berücksichtigt. Sonst werden wir, vor allem aber die Flüchtlinge, um die es geht, eine böse Überraschung erleben.
Appell Nummer zwei an die Bundesregierung: Es sollte schnellstmöglich ein Vertriebenengipfel stattfinden; der ist wirklich erforderlich. Entsprechen Sie auch dem Vorschlag der Deutschen Polizeigewerkschaft! Eine professionelle Aufbauorganisation muss auf den Weg gebracht werden.
Appell Nummer drei an die Bundesregierung: Tun Sie alles, um einen Missbrauch des Vertriebenenschutzes zu verhindern! Im Innenausschuss haben Sie zwar erklärt, dass Sie den Kreis der Schutzberechtigten, wie er in dem EU-Beschluss aufgeführt ist, nicht erweitern wollen. Fakt ist aber, dass zunächst alle Menschen, die aus der Ukraine kommen, nach der Rechtsverordnung des Bundesinnenministeriums vom 7. März 2022 keinen Aufenthaltstitel benötigen: keine Unterscheidung nach rechtmäßig bzw. unrechtmäßig, keine Frage danach, ob Drittstaatsangehörige gefahrlos zurück in ihre Heimat können.
Es ist auch unbefriedigend, dass aktuell keine umfassende Registrierung der Personen umgesetzt wird. Die Begründung der Ministerin, dass eine Rechtsgrundlage zur Registrierung fehlt, ist nicht stichhaltig. Ukrainische Staatsangehörige können ganz klar visumsfrei einreisen; aber nichts spricht dagegen, dass sie im Zuge eines Schutzgesuches registriert werden, wie das Gesetz es auch vorsieht.
Beifall bei der CDU/CSU
Zuruf des Abg. Sebastian Hartmann [SPD])
Und wenn die Bundesinnenministerin betont, dass man die Menschen an der deutsch-polnischen Grenze doch nicht nochmals stundenlang in der Kälte warten lassen könne, ist das richtig; aber bei einer professionellen Umsetzung ist das gar nicht erforderlich. Machen wir es wie die Polen, die die Registrierung an einen Benefit knüpfen, nämlich an bestimmte staatliche Leistungen! Eine gute und professionelle Regierungsarbeit fängt nicht erst an der deutschen Grenze an. Die enge Zusammenarbeit mit den Behörden der ukrainischen Anrainerstaaten, insbesondere mit Polen, ist wichtig.
Meine Damen und Herren, das Schicksal der vom Angriffskrieg Russlands betroffenen Menschen berührt uns alle. Öffnen wir unser Herz möglichst weit und unterstützen die Ukraine und ihre Menschen! Aber bitte: Vergessen wir den Verstand nicht, damit die Hilfe bestmöglich ankommt bei denen, die sie benötigen, und zwar nur bei denen, die wirklich schutzbedürftig sind!
Beifall bei der CDU/CSU)
Gülistan Yüksel spricht jetzt für die SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)