- Bundestagsanalysen
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den USA leben 1,8 Millionen Menschen in Gefängnissen. Keine andere Demokratie sperrt so viele Mitbürgerinnen und Mitbürger ein. Davon sind 130 000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. In manchen Bundesstaaten können sogar schon Kinder ab zehn Jahren nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden. Warum sage ich das? Das sage ich, weil ich mich frage, wenn ich den Antrag von CDU/CSU anschaue: Ist das Ihr Ziel? Ist das Ihr Vorbild?
In Ihrem Antrag heißt es ja zur Begründung: „Gleiche Rechte, gleiche Verantwortung“. Von wegen, schön wär’s. Ich zitiere Thorsten Frei. Er sagte am 10. Mai letzten Jahres:
„Man kann kaum begründen, warum jemand über die Geschicke unseres Landes mitentscheiden soll, den wir in anderen Bereichen nicht für reif genug erachten, seine Angelegenheiten ohne die Zustimmung seiner Eltern zu regeln.“
Wer will eigentlich das Wahlalter mit 16?)
So ist die CDU: Wählen sollen Jugendliche nicht dürfen, aber sie sind reif genug, ins Gefängnis gesperrt zu werden; und wenn es nach Herrn Krings geht, soll das noch viel mehr geschehen.
Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD
Entspricht doch überhaupt nicht unserem Vorschlag!)
– Doch, doch. Sie wollen ja an die Frage ran: Wann wird das Jugendstrafrecht angewendet?
Wo steht denn etwas von Haft?)
Sind die USA sicherer? Nein, sie sind es nicht. Deutschland ist sicherer als die USA, und zwar nicht wegen der Strafschärfung, die Sie immer irgendwo reinschreiben, wenn Sie mal Gelegenheiten dazu haben, sondern wegen der von Ihnen so verachteten und als links-grün gescholtenen Sozialpädagogen und Lehrerinnen und Lehrer, die nämlich Präventionsarbeit machen; und die Präventions- und Aussteigerprogramme stellen Sie ja immer infrage. Das ist das, was wirklich Sicherheit in Deutschland schafft, und das müssen wir stärken.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Prävention findet sich ja nicht mal in Ihrem Antrag.
Meine Damen und Herren, jetzt heißt es in dem Antrag: Es geht irgendwie um „Sicherheit vor Ort“. Gucken wir uns mal vor Ort an: Was macht denn die CDU, wenn sie wirklich die Verantwortung trägt und tatsächlich die Ressourcen organisieren muss?
Vor zehn Jahren gab es in Mecklenburg-Vorpommern tatsächlich das Vorhaben, Amtsgerichte zu schließen. Justizministerin damals: Frau Kuder von der CDU. Bürgerinnen und Bürger müssen seither längere Anfahrtswege in Kauf nehmen, wenn sie zu ihrem Recht kommen wollen. Und – voilà – gleicher Vorschlag jetzt in Schleswig-Holstein von Frau von der Decken, auch wiederum CDU. Wie begründet sie das? Sie begründet das mit der veränderten Art, wie Gerichte funktionieren. Dann denke ich: Ja, okay, wie funktionieren jetzt Gerichte eigentlich anders? – Da sagt sie: Ja, Videoverhandlungen.
Bleiben Sie doch mal beim Thema!)
Videoverhandlungen, sagt Frau von der Decken. Und das ist ja tatsächlich ein Treppenwitz; da habe ich mir auch wirklich die Augen reiben müssen. Denn genau diese Möglichkeit, den Bürgerinnen und Bürgern zu ihrem Recht zu verhelfen und dafür zu sorgen, dass Bürgerinnen und Bürger ihre Angelegenheiten mit Mitteln des Rechts verfolgen,
Zuruf des Abg. Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU])
soll ja durch Videoverhandlungen gestärkt werden. Sie haben uns aber immer Steine in den Weg gelegt. Es war die Bundestagsfraktion von CDU/CSU, die dagegengehalten hat, es waren Politikerinnen und Politiker von CDU und CSU in den Ländern, die das ausgebremst haben.
Zuruf des Abg. Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU])
Und deswegen kann man nur sagen: Mit diesem Sammelsurium von Vorschlägen schafft man nicht mehr Sicherheit.
Vielen Dank.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Als Nächster erhält das Wort Klaus Ernst für die Gruppe BSW.
Beifall beim BSW)