- Bundestagsanalysen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion ist nicht nur die ideale Gelegenheit, drei Jahre liberale Innen- und Rechtspolitik zu bilanzieren, sondern auch, mal zu schauen, was denn konservative Innenminister davor so angestellt haben. Deswegen schauen wir doch zunächst einmal auf 16 Jahre unionsgeführte Innenpolitik.
Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU
Eine Erfolgsstory!)
Lassen wir einen neutralen Beobachter zu Wort kommen:
Ich sage doch: Entweder ist Merkel schuld, oder die FDP ist schuld!)
Wie hat denn das Bundesverfassungsgericht darüber geurteilt?
Ihr Antiterrordateigesetz aus 2006: verfassungswidrig. Ihr erstes Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung 2007: verfassungswidrig. Ihr BKA-Gesetz aus 2008: verfassungswidrig.
Ach, was!)
Zwischen 2009 und 2013 hat es dann etwas nachgelassen.
Ihr Wahlrecht: verfassungswidrig!)
Das lag nicht an der Union, sondern an der Regierungsbeteiligung der FDP. Danach haben Sie munter weitergemacht.
Sie waren drei Jahre Staatssekretär!
Ihre Schuldenpolitik: verfassungswidrig! Ihre Gesetzgebungsverfahren: verfassungswidrig! Die Verfassungsbrecherkoalition will uns Vorhaltungen machen!)
Ihr zweites Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung aus 2015: verfassungswidrig. Ihr Gesetz zur Inland-Ausland-Fernmeldeüberwachung aus 2015: verfassungswidrig. Ihr Gesetz aus 2016 zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung: verfassungswidrig. Ihr BKA-Gesetz aus 2017: verfassungswidrig. Und 2021 haben Sie sich aus der Bundesregierung verabschiedet mit dem sogenannten Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit.
Das war ein tolles Gesetz!)
Dreimal dürfen Sie raten, was das Bundesverfassungsgericht geurteilt hat: verfassungswidrig.
Sie schreiben, Frau Kollegin Lindholz, in Ihrem Antrag von einem angeblich „roten Faden“ dieser Koalition der letzten drei Jahre. Ihr roter Faden in 16 Jahren war die Produktion verfassungswidriger Sicherheitsgesetze am laufenden Band – eine Bilanz, auf die man sicher nicht stolz sein kann.
Beifall bei der FDP
Wie war das denn mit dem Wahlrecht?)
Jetzt kann man Ihnen zugutehalten: Im Schnitt gab es alle zwei Jahre ein verfassungswidriges Sicherheitsgesetz.
Da haben Sie mehr auf dem Kerbholz!)
Zu sagen: „Das können Sie nicht“, so fies will ich nicht sein. Es ist einfach das Ergebnis Ihrer Arbeitsmethode. Sie haben nämlich immer lieber populistische Maximalforderungen in Sicherheitsgesetze geschrieben anstatt Befugnisse, die verfassungsfest sind.
Genau!
Zuruf des Abg. Alexander Throm [CDU/CSU])
Sie haben bei keinem dieser Gesetze auf Expertinnen und Experten gehört, die Sie vorher gewarnt haben, sondern Sie haben gesagt: Im Zweifel klärt das dann Karlsruhe.
Hat es ja auch gemacht!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, so geht man nicht mit unserer Verfassung und so geht man auch nicht mit Grundrechten um.
Beifall bei der FDP)
Deswegen war es dringend notwendig, 2021 eine Trendwende einzuleiten, hin zu einer grundrechtsorientierten und evidenzbasierten Sicherheitspolitik.
Zuruf der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU]
Getroffene Hunde bellen!)
– Dass Sie von der CDU/CSU schreien, ist klar.
Bei Ihnen ist das politikbasierte Evidenz!)
Denn Ihre Politik ist tatsächlich zum Schreien und eigentlich auch zum Davonlaufen. Deswegen bin ich froh, dass Sie noch da sitzen.
Nehmen wir beispielsweise den März 2022, die Rücknahme der meisten Coronabefugnisse aus dem Infektionsschutzgesetz. Wie hat sich da eigentlich die CDU/CSU-Bundestagsfraktion verhalten? Sie haben dagegengestimmt. Wir haben hier kreischende Reden im Plenum gehört, wie schlimm und furchtbar das sei. Das zeigt einen Unterschied zwischen Ihnen und uns.
Er meint jetzt Herrn Lauterbach, oder?)
Für uns sind 84 Millionen Bürger in Deutschland nicht immer ein potenzielles Sicherheitsrisiko, sondern mündige Staatsbürgerinnen und Staatsbürger mit Grundrechten, die dieser Staat zu respektieren hat.
Beifall bei der FDP)
Deswegen ist es auch wirklich entlarvend, dass Sie in Ihrem Antrag ausgerechnet die Überwachungsgesamtrechnung als – Zitat – „ideologisches Projekt“ bezeichnen.
So ist es!)
Die schlechte Nachricht, Frau Lindholz, ist: Das ist gar kein Projekt der Ampel, sondern das Ergebnis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Ihrem verfassungswidrigen Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung von 2010.
Nein, nein, nein! Also, jetzt wird es komplett albern!)
Das Verfassungsgericht sagt nämlich: Nicht nur die einzelne Befugnis muss grundrechtmäßig sein, sondern die Gesamtbelastung darf den Bürger nicht durch Überwachung erdrücken. Dass Sie den Schutz von Freiheitsrechten als Ideologie bezeichnen, das spricht eher gegen Sie als gegen uns, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der FDP
Manuel Höferlin [FDP], an die CDU/CSU gewandt: Nach 14 Jahren immer noch nicht verstanden!)
Die Lage ist in der Tat ernst.
Ihre Antworten sind mager!)
Unsere Freiheit wird von außen bedroht – von autoritären Regimen wie China und Russland – genauso wie von Extremisten und Kriminellen im Inneren. Deswegen ist es schade, dass Sie nicht die Kraft finden, Antworten zu geben, die tatsächlich wirken.
Kriminalitätsopfer kommen bei Ihnen nicht vor!)
Im Gegensatz zur SPD wollen wir nicht erneut eine verfassungswidrige Vorratsdatenspeicherung einführen, sondern ein Quick-Freeze-Verfahren. Wir wollen uns nicht wie die Grünen weiter damit beschäftigen, ob man jetzt „Clankriminalität“ sagen darf oder nicht, sondern wir wollen endlich wirksam die Vermögen dieser Kriminellen einziehen. Und wir wollen endlich auch Befugnisse im Bereich der Nachrichtendienste schaffen, aber solche, die tatsächlich auch vor der Verfassung halten.
Richtig!)
Deswegen wird der 23. Februar in der Tat eine Richtungswahl.
Die Union hat gezeigt, dass sie oft viel ankündigt, was aber dann in Karlsruhe nicht hält. Wir haben die letzten drei Jahre
… nichts gemacht, Herr Strasser!)
gezeigt: Alles lässt sich ändern, auch verfassungswidrige Gesetze der CDU und CSU.
Beifall bei der FDP
Das ist wirklich eine Glanzleistung gewesen!)
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erhält jetzt das Wort Marcel Emmerich.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)