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Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bundesverfassungsgericht ist nun seit 75 Jahren Garant dafür, dass alle Staatsgewalt in gelebter Verfassungspraxis an das Grundgesetz gebunden ist. Das Grundgesetz ist an vielen Stellen das, was das Bundesverfassungsgericht daraus gemacht hat – übrigens zur Freude bzw. zum Ärger eines jeden von uns hier: angefangen bei Adenauer bis hin zur Ampelregierung.
Und das ist ein unschätzbares Glück. Es erscheint uns selbstverständlich, aber das ist es nicht. Beispiele aus anderen Ländern – Polen zur Zeit der PiS-Regierung, Ungarn, den USA – haben uns gezeigt, dass höchste Gerichte in kurzer Zeit ihrer Kernfunktion beraubt werden können, nämlich der Funktion der Kontrolle der anderen Staatsgewalten und des Schutzes der Grundrechte, und zwar durch scheinbar kleine Veränderungen, durch einfache Mehrheit und einfaches Gesetz. Das wäre beispielsweise möglich durch einen zusätzlichen Senat, der mit loyalen Richtern besetzt wird und dem dann die politisch interessanten Verfahren zugewiesen werden,
Sie haben ja schon zwei Senate davon!)
oder durch die Vorgabe, dass das Gericht die Verfahren in der Reihe der Eingänge abarbeiten muss; dann kommen kritische Verfahren erst gar nicht zur Entscheidung.
Mit den heutigen Beschlüssen nehmen wir deshalb eine jahrzehntelange Diskussion auf. Wir werden im Grundgesetz etwa absichern, dass es genau zwei Senate des Bundesverfassungsgerichts mit je acht Richtern gibt, auf zwölf Jahre gewählt ohne Option der Wiederwahl, dass sich das Gericht eine Geschäftsordnung gibt und dass seine Entscheidungen den Gesetzgeber binden. Es geht im Kern nicht um Veränderung, sondern wir holen die Absicherung des seit Jahrzehnten bewährten Verfahrens der Unabhängigkeit und der Selbstständigkeit des Gerichts im Grundgesetz, so wie dies bei den anderen Verfassungsorganen bereits der Fall ist, eigentlich nur nach.
In der Anhörung im November haben uns die Sachverständigen noch einige Risiken geschildert. Deshalb möchte ich betonen: Jede etwaige Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes muss sich daran messen lassen, dass sie die Funktionsfähigkeit und die Unabhängigkeit des Gerichts gegenüber den anderen Verfassungsorganen und gegenüber der Politik sichert.
Es ist deshalb gut, dass wir heute hier auf Initiative, ich sage mal, der Bonner Parteien trotz der vorgezogenen Neuwahl noch in dieser Wahlperiode gemeinsam diesen wichtigen Schritt gehen.
Beifall der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Mit einem Gruß auch nach Karlsruhe sage ich: Danke für die Aufmerksamkeit.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Als Nächster hat das Wort der fraktionslose Abgeordnete Stefan Seidler.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP