- Bundestagsanalysen
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem Entwurf will die Bundesregierung die Amtsgerichte durch eine Anhebung des Zuständigkeitsstreitwertes und eine Spezialisierung aufwerten und hinreichend auslasten. Dieses Vorhaben scheint angesichts der Geldentwertung seit der letzten Anhebung des Streitwertes vor rund 30 Jahren nachvollziehbar und erwägenswert. Wie so oft steckt allerdings auch hier der Teufel im Detail.
Angeblich soll durch die Reform die Zahl der Verfahrenseingänge bei den Amtsgerichten um rund 44 000 pro Jahr zunehmen. Auf der Seite 14 liest man hierzu, dies sei anhand der bisherigen Verfahrenszahlen und teilweise auf der Grundlage von Ad-hoc-Schätzungen ermittelt worden. Im Klartext also: Die Regierung stochert hier im Nebel und kann die Auswirkungen noch nicht einmal seriös prognostizieren.
Was in dem Entwurf gänzlich übersehen wird, ist die Zusatzbelastung der Landgerichte durch mehr Berufungen. Dafür wird in den Berufungskammern etwa 60 Prozent mehr Arbeit anfallen. Diese Kosten fallen bei dem Entwurf schlichtweg unter den Tisch.
Dafür wird die Ersparnis für die Bürger schöngerechnet. Dazu heißt es auf der Seite 27, wegen des Wegfalls der anwaltlichen Vertretung bei Streitwerten zwischen 5 000 und 8 000 Euro würden die Bürger um 5,9 Millionen Euro entlastet, und zwar um 2 400 Euro pro Fall. Wenn man also von einem mittleren Streitwert von 6 500 Euro ausgeht, beträgt das Anwaltshonorar für eine Seite nur 1 350,65 Euro. Die Einsparung liegt also rein rechnerisch um sage und schreibe gut 2,5 Millionen Euro niedriger. Eine anwaltliche Vertretung beider Seiten, wovon man in der Regel ausgehen muss, führt zu nochmals deutlich niedrigerer Ersparnis.
Der Entwurf geht auch mit denkbaren Alternativen sehr stiefmütterlich um. Es heißt, die Schaffung streitwertunabhängiger Zuständigkeiten sei geprüft worden. Nun, auf den Deutschen Richterbund hat man merkwürdigerweise nicht gehört; der hatte sich dezidiert für ein anderes System eingesetzt, nämlich die Erweiterung streitwertunabhängiger sachlicher Zuständigkeiten.
Hört! Hört!)
Wie sagt man es dem Deutschen Richterbund? Dessen Führungsebene ist doch schon seit Jahren stramm auf Ampelkurs.
Da sind Sie ein bisschen durcheinandergekommen, glaube ich!)
Es spricht natürlich nichts dagegen, den Landgerichten die Sachbereiche zuzuweisen, die eine spezielle Expertise erfordern, also etwa diejenigen, die nach der ZPO stets von der Kammer in Vollbesetzung mit drei Richtern entschieden werden müssen, und den Rest den Amtsgerichten als Eingangsinstanz zu überlassen. Das wäre eine echte Aufwertung der Amtsgerichte, und zur Begründung bräuchte es dann keine geschönten Zahlen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Beifall bei der AfD)