- Bundestagsanalysen
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist auch 16 Monate – nicht ein Jahr – nach der Veröffentlichung eine wichtige, eine notwendige Debatte über die Nationale Sicherheitsstrategie. Frau Ministerin, Ihre Analyse teilen wir, nur stellen wir nach einem Jahr einfach fest: Diese Bundesregierung ist – und das haben die Reaktionen auf die Entscheidung der Europäischen Union, Zölle auf Elektrofahrzeuge aus China zu erheben, gezeigt – zu einer konsistenten Politik der Gefahrenabwehr nicht in der Lage. Sie waren dagegen,
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
der Bundeskanzler wollte keine Zölle, und Herr Habeck hatte gar keine Meinung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Bundesregierung, die in einer so zentralen Frage so uneinig reagiert, wird keine konsistente Politik der Gefahrenabwehr für unser Land formulieren können. Das allein zeigt: Der Praxistest nach einem Jahr ist gescheitert, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich möchte zu drei Aspekten etwas sagen: zur Kommunikation, zur Umsetzung und zu den Mitteln.
Das Erste ist die Kommunikation. Ich habe in einer Diskussion mit dem Kollegen Robin Wagener gerade gestern gelernt: In dem Moment, wo man einer Gefahr ausgesetzt ist – nicht nur als Individuum, sondern auch als Staat, und wir sind als Staat Gefahren ausgesetzt; Sie haben das gerade noch mal richtig beschrieben, Frau Ministerin –, muss man klar reagieren, darf man nicht ängstlich, indifferent reagieren, sondern muss man sich dieser Gefahr, wenn sie durch andere Mittel nicht mehr abwendbar ist, klar und entschlossen entgegenstellen. Und das erleben wir von dieser Bundesregierung, insbesondere vom Bundeskanzler, nicht.
Wenn Sie mal das letzte Interview des Bundeskanzlers in der „Schwäbischen Zeitung“ lesen, dann merken Sie: Er ist geradezu erleichtert, dass er auf den Hinweis, es gebe in der deutschen Bevölkerung Ängste, Sorgen und Befürchtungen, antworten kann: Ja, genau deswegen bin ich so zurückhaltend und reagiere nicht hart auf Putin. – Das ist eine falsche Reaktion. Man muss dieser Aggression klar und entschlossen entgegentreten. Deswegen: Der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland macht schon kommunikativ entscheidende Fehler.
Beifall bei der CDU/CSU)
Das Zweite ist: Was ist denn mit der Umsetzung dieser ja richtigen Analyse der Gefahren, denen wir ausgesetzt sind, in entsprechende Maßnahmen? Ich nehme ein einfaches Beispiel aus meiner schleswig-holsteinischen Heimat, das bundesweit Beachtung gefunden hat: die Drohne, die über dem Industriegebiet Brunsbüttel geflogen ist. Darüber hören wir nun, das sei eine Drohne, die aus dem Nordatlantik – möglicherweise von einem russischen Schiff – gekommen sei, und das sei keine Hobbydrohne, sondern eine Drohne, die mindestens zu Spionagezwecken eingesetzt werden kann.
Bis heute – und es ist keine neue Erkenntnis, dass es derartige Drohnen und derartige Angriffe gibt – gibt es in der Bundesrepublik Deutschland weder auf der Bundesebene noch im Gespräch mit den Kommunen oder insbesondere den Ländern, also im föderalen System, irgendeine Klärung darüber, wer dafür zuständig ist, diese Drohne aufzuklären und sich um die Drohne zu kümmern, wer die rechtlichen Möglichkeiten, also irgendwelche Kompetenzen hat, irgendetwas zu unternehmen, und wer dann, wenn er die Zuständigkeit und die Kompetenzen hat, auch noch die technischen Möglichkeiten hat, dort einzuschreiten. Es ist völlig unklar, wer etwas macht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das muss ich der Bundesregierung vorwerfen: Sie müssen hier das Gespräch in der Bundesregierung schon untereinander führen, und Sie müssen auch mit den Bundesländern ins Gespräch kommen. Hybride Angreifer nehmen auf das Ressortprinzip der Bundesrepublik Deutschland und auf unseren föderalen Aufbau keine Rücksicht.
Genau so ist es!)
Wir müssen entsprechende Antworten generieren, und die fehlen, meine sehr verehrten Damen und Herren; die fehlen komplett.
Beifall bei der CDU/CSU)
Und so steht dann eine hilflose Landespolizei Schleswig-Holstein da und sagt: Oh Gott, wir wissen es auch nicht. Wenn es ein militärischer Angriff ist, dann sind wir ja gar nicht zuständig. – Die Bundeswehr sagt: Ah, wir wissen auch nicht so recht, ob wir jetzt etwas tun können. – Und keiner von beiden hätte übrigens eine Möglichkeit, diese Drohne gefahrlos herunterzubringen. Man muss ja damit rechnen, dass sie, wenn sie abstürzt, auch noch Schäden verursacht.
Ich nenne Ihnen noch ein anderes Beispiel, auf das man vielleicht nicht automatisch kommt; das ist das Thema Gesundheitspolitik. Wir diskutieren in diesen Tagen – und darüber können die Gesundheitspolitiker Besseres und anderes sagen als ich – über eine Krankenhausreform. Aber diskutiert irgendjemand in der Bundesregierung, insbesondere das Bundesgesundheitsministerium und Professor Lauterbach, mal darüber, dass wir uns im Rahmen der Gefahrenabwehr auf eine mögliche militärische Auseinandersetzung mit Russland vorbereiten müssen?
Waren Sie gestern in der Fragestunde nicht da? Da wurde die Frage doch beantwortet!)
– Frau Düring, die Sicherheitsbehörden haben uns ja gerade darauf hingewiesen, dass wir Ende des Jahrzehnts darauf eingestellt sein müssen, dass Russland uns angreift.
Das hat Herr Lauterbach uns gestern beantwortet, Herr Wadephul!)
Wenn Sie mal ableiten, wie viele chirurgische Notfälle im Ukrainekrieg zu versorgen sind, und das auf Deutschland runterbrechen, dann werden Sie zu dem Ergebnis kommen: Wir brauchen eine hinreichende Krankenhausversorgung vor Ort, und das muss in die Planung und in die Finanzierung mit einfließen. Das heißt, wir müssen hier wirklich über Sektoren hinausdenken. Wir brauchen eine 360-Grad-Annahme, und die sehe ich bisher nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der CDU/CSU
Abg. Dr. Janosch Dahmen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Herr Dr. Wadephul.
Ich würde gerne fortfahren, weil ich nur noch einen Aspekt habe.
Das Dritte sind die Mittel, die wir für die Umsetzung der Nationalen Sicherheitsstrategie zur Verfügung stellen. Das sind natürlich Finanzmittel, und die finden ihren Ausdruck in Ihrem Haushaltsentwurf. Und wenn dieser Haushaltsentwurf eines zeigt, dann zeigt er, dass Sie sich in der Nationalen Sicherheitsstrategie auf externe Bedrohungen überhaupt nicht einstellen.
Beifall des Abg. Hermann Gröhe [CDU/CSU])
Minus 17 Prozent, Frau Baerbock, in Ihrem Etat. Ja, ich meine, das ist doch keine Antwort darauf, dass wir in einer Welt leben, in der wir Gefahren ausgesetzt sind. Minus 10 Prozent bei der Entwicklungshilfe. Die Kollegen der FDP, die sich ohnehin schon entschieden haben, kein internationales Ressort zu übernehmen und sich für internationale Politik nicht mehr zu interessieren,
Na, na, na!)
sind gar dafür, die Entwicklungshilfe völlig abzuschaffen. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, die absolute Krönung ist natürlich der Verteidigungsetat, von dem der Verteidigungsminister gestern im Verteidigungsausschuss gesagt hat: „Das ist nicht das, was ich gefordert habe“, und – was wichtiger ist –: Es ist zu wenig für die Bundeswehr.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Nationale Sicherheitsstrategie ist nur dann wirklich die Arbeit und die Diskussion hier wert, wenn ihre praktischen Ergebnisse auch den Anforderungen gerecht werden. Das, was die Bundesregierung, was diese Koalition hier abliefert, wird den Gefahren nicht gerecht, denen wir ausgesetzt sind,
Beifall der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU])
und deswegen brauchen wir eine neue Politik, spätestens ab dem 28. September des nächsten Jahres.
Danke.
Beifall bei der CDU/CSU)
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, hat das Wort zu einer Kurzintervention Dr. Dahmen.