Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute beraten wir final – ich habe mich nach Florian Oßners Rede noch mal kurz vergewissert – tatsächlich das Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes 2024 und zur Änderung des Stabilisierungsfondsgesetzes.
Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich vermute, dass diesem Gesetz nicht ganz so viel gespannte Erwartung entgegenschlägt wie dem anstehenden Viertelfinale gegen Spanien morgen. Aber zwei Aspekte finde ich an diesem Gesetz tatsächlich bemerkenswert:
Erstens. Das Gesetz ist zwar im Grunde nur so etwas wie die technische Umsetzung der Finanzierung bereits beschlossener Maßnahmen. Ganz konkret: 500 Millionen Euro zusätzlich zur Unterstützung der Länder bei den Flüchtlingskosten, 100 Millionen jährlich in den nächsten fünf Jahren für die kommunale Wärmeplanung, 600 Millionen für den öffentlichen Gesundheitsdienst und 600 Millionen für das Startchancen-Programm für benachteiligte Schüler/-innen.
Hört! Hört!
Das mag die CSU nicht!)
Das Gesetz zeigt aber, finde ich, auf eine unspektakuläre Weise, dass unsere demokratischen Institutionen funktionieren, dass Bundesregierung und Landesregierungen, Bundestag und Bundesrat auch bei politisch und gesellschaftlich hart umkämpften Themen in der Umsetzung letztlich zu gemeinsamen Entscheidungen kommen. Das klingt wie eine Selbstverständlichkeit, ist es in diesen Zeiten aber nicht. Wir sehen nicht nur in den USA, wie eine Verständigung über die politischen Gräben hinweg kaum noch möglich erscheint und wie nach und nach auch Verfassungsinstitutionen unter Druck geraten. Ich will die Gedanken nicht überstrapazieren, aber ich hoffe sehr, dass unsere Demokratie auf dieser basalen Ebene auch weiterhin ganz unspektakulär funktioniert, dass trotz aller notwendigen und bisweilen harten Auseinandersetzungen unsere Institutionen nicht unter diesen Druck geraten und dass bei uns eine Verständigung unter Demokratinnen und Demokraten weiterhin möglich bleibt.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Zweiter Aspekt. Wir tun immer so, als ob die gewaltige Investitionslücke in diesem Land – der BDI kommt in seinem jüngst veröffentlichten Positionspapier auf knapp 400 Milliarden Euro – allein ein Problem des Bundes oder sogar dieser Bundesregierung sei. Mitnichten! Der BDI etwa geht davon aus, dass von diesen knapp 400 Milliarden Euro gut 100 Milliarden nur für Kitas, Schulen und Hochschulen, also auf Länder und Kommunen entfallen. Dazu kommen jenseits der 400-Milliarden-Lücke laut BDI und KfW-Kommunalpanel allein bei den Kommunen über 380 Milliarden Euro an ausstehenden Investitionen für den Erhalt der Verkehrswege, 66 Milliarden für die Daseinsvorsorge und 13 Milliarden für die Klimaanpassung. Und da haben wir von den Investitionsbedarfen der Länder noch gar nicht gesprochen.
Der Bund wird da, und zwar völlig unabhängig von der aktuellen Haushaltslage, wenig helfen können, einfach deshalb, weil der Bund nur noch knapp 39 Prozent des gesamtstaatlichen Steueraufkommens erhält, also rund 10 Prozentpunkte oder 90 Milliarden Euro weniger, als das noch vor einigen Jahren der Fall war, und auch deshalb, weil der Bund selber hohe Investitionen stemmen muss und zugleich deutlich mehr beispielsweise für Verteidigung ausgeben muss.
Wie also werden Länder und Kommunen künftig ihre gewaltigen Investitionsbedarfe finanzieren? Ich weiß es nicht. Ich bin aber wirklich gespannt, wie die Herren Wüst, Günther, Rhein, Söder, Kretschmer in ihren Haushalten mit harten Priorisierungen und harten Kürzungen im Sozialbereich die Schuldenbremse einhalten und die nötigen Mittel für diese Investitionen bereitstellen werden.
Zuruf von der CDU/CSU: Günther schafft das!)
Und wenn sie es doch nicht schaffen, dann – darin bin ich mir sicher – wird Friedrich Merz ihnen erklären, wie das geht.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, wir haben in Deutschland – Bund, Länder und Kommunen – einen gewaltigen Bedarf an Investitionen in die Klimawende, in die Digitalisierung, in die Verkehrsinfrastruktur, in die Bildung. Wir müssen endlich anfangen, uns hier politisch darüber zu verständigen, wie wir diese Investitionen finanzieren. Das sind wir unserem Land schuldig, und das sind wir den Bürgerinnen und Bürgern schuldig.
Vielen Dank.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort erhält Wolfgang Wiehle für die AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD)