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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach sechs Jahren fanden am Dienstag erstmals wieder Regierungskonsultationen zwischen der Republik Polen und der Bundesrepublik Deutschland statt. Nach der bleiernen Zeit einer von der einen Seite gewollten und von der anderen Seite manchmal hingenommenen Entfremdung haben wir in dieser Woche endlich einen befreienden Aufbruch in den deutsch-polnischen Beziehungen erleben dürfen. Es war ein echter Neustart, und es war mehr; denn am 2. Juli hat sich in Warschau eine Tür geöffnet: eine Chance auf eine neue Ära in den deutsch-polnischen Beziehungen. Die beiden Nationen Polen – eine freiheitsliebende Nation, die unendlich unter dem deutschen Größenwahn leiden musste – und Deutschland – jenes Land, welches in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht nur Polen, sondern den ganzen Kontinent verwüstet und mit unfassbaren Menschheitsverbrechen Millionen Menschen gequält und ermordet hat – können – ich sage: sie müssen – jetzt wieder zueinanderfinden. Mehr als jemals zuvor ist das notwendig.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Denn auf Deutschland und Polen kommt es in ganz besonderer Weise an, wenn es wieder gilt, die Freiheit in Europa zu verteidigen.
Unser Europa, der Kontinent der Freiheit, des Rechtsstaats und der Demokratie, wird heute von außen und innen angegriffen. Während Populisten versuchen, unsere offenen Gesellschaften von innen zu zersetzen, versucht Russland dies von außen mit einem brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine, mit Destabilisierung und Gewalt im Nahen Osten und Afrika, mit massiven Cyberattacken auch auf sensible Infrastruktur, mit Desinformation und Hetze in den sozialen Medien. Dabei erweisen sich die Orbáns, Le Pens, Wilders, Höckes und Co als willfährige Helfershelfer. Sie eint mit Putin vor allen Dingen eins, liebe Kolleginnen und Kollegen: die Ablehnung unserer offenen und pluralistischen Gesellschaften.
Haben Sie je mit diesen Personen gesprochen?)
Viele Menschen in Europa schauen angesichts dieser inneren und äußeren Bedrohungen in diesen Tagen auf Deutschland und Polen; denn hier, im Zentrum Europas, werden die Weichen für unsere Zukunft gestellt. Im vergangenen Herbst haben die Polinnen und Polen ihre autoritäre, antieuropäische Regierung in einer historischen Wahl demokratisch abgewählt. Dieser Sieg der Freiheit ist eine historische Chance für Europa und eine ganz besondere Verpflichtung für Deutschland, die Beziehungen zu unseren östlichen Nachbarn nicht nur wieder neu anzukurbeln, sondern ganz neu zu denken.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Bundeskanzler Scholz sagte am Dienstag in Warschau: „Die Sicherheit Polens ist auch Deutschlands Sicherheit.“ Und dieser Satz meint mehr. Er meint, dass die Sicherheit Polens, aber auch der anderen Staaten in Mittelosteuropa an der NATO-Ostflanke Teil des deutschen Sicherheitsverständnisses ist, und das ist gut so, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das war nicht immer so, und deshalb müssen den wichtigen Worten unseres Bundeskanzlers jetzt auch die entsprechenden Taten der Bundesregierung folgen. Dabei sind wir schon auf einem guten Weg, aber noch nicht da, wohin wir wollen; denn heute sind die Ostgrenzen beispielsweise der baltischen Staaten, Polens, der Slowakei, Rumäniens oder auch Finnlands leider auch die Grenzen zwischen Freiheit und Despotie.
Vor diesem Hintergrund möchte ich hier ein Zitat anführen:
„Und wir wissen, dass ein Teilerfolg einer Diktatur diese Diktatur nur hungriger und hemmungsloser macht. Nachgeben und Beschwichtigung sind nur Einladung zu neuen Übergriffen.“
Das waren die Worte von Willy Brandt drei Tage nach dem Bau der Berliner Mauer, und sie haben heute wieder größte Aktualität. Dieses Zitat von Willy Brandt sollten sich auch diejenigen hinter die Ohren schreiben, die Willy Brandt mit einer verklärten Erklärung zur Ostpolitik zum Kronzeugen für eine viel zu freundliche Politik gegenüber Putin machen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU])
Mitten in diesen gefährlichen Zeiten hat sich das polnische Volk am 15. Oktober des vergangenen Jahres wieder eindrucksvoll für Freiheit und Demokratie entschieden, und wieder reicht uns eine polnische Regierung in schwierigen Zeiten die Hand zur Zusammenarbeit. Diesmal sollten wir besser auf Polen hören und das tun, was in unserer Verantwortung für Frieden und Demokratie auf unserem Kontinent jetzt auch von deutscher Seite zu tun ist – eine zweite und vielleicht letzte Chance, die wir nutzen sollten.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Wort hat Norbert Kleinwächter für die AfD.
Beifall bei der AfD)