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Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Worum geht es im Kern in den deutsch-polnischen Beziehungen? Im Kern geht es um Vertrauen. Vertrauen ist das kostbarste Gut im Verhältnis zwischen Menschen, aber auch in der Politik. Das gilt besonders bei engen Nachbarn. Es ist leicht, Vertrauen zu zerstören. Es braucht sehr lange, um ein zerstörtes Vertrauen zu reparieren. Das deutsch-polnische Verhältnis kennt leider schwerste Vertrauensstörungen, bis hin zur völligen Zerstörung durch den Überfall auf Polen vor 85 Jahren und die darauffolgenden Jahre der Besatzung und des Terrors.
An dieser Dimension kann man ermessen, wie schwierig das Aufbauen von echtem Vertrauen ist. Auf wichtige vertrauensbildende Schritte wie den Warschauer Vertrag von 1970 unter Bundeskanzler Brandt folgten bei demselben Brandt Zeiten des Fremdelns mit der Freiheitsbewegung Solidarność. Gleichzeitig gab es millionenfache Solidarität der Deutschen mit Polen zu Zeiten des Kriegsrechts.
Langsam wuchs die zarte Pflanze des Vertrauens wieder. Grenz- und Nachbarschaftsvertrag folgten. Deutschland war ohne Frage die stärkste unterstützende Kraft beim EU-Beitritt Polens vor 20 Jahren, gefolgt aber vom weitgehenden Ignorieren der polnischen Sorgen um Nord Stream 2 und 1. Es folgten die bleiernen Jahre der PiS mit dem Gift der Reparationsforderungen in Billionenhöhe.
Die ersten Regierungskonsultationen nach sechs Jahren PiS-Pause zeigen, dass Polen und Deutschland bereit sind, entschlossen am Vertrauensaufbau zu arbeiten. Das ist gut und auch dringend nötig, da Deutschland und Polen gemeinsam jetzt besonders gefragt sind, gerade mit Blick auf das Weimarer Dreieck und die unsichere politische Lage in Frankreich.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Natalie Pawlik [SPD])
Lassen Sie mich hier der polnischen Regierung besonders dafür danken, dass der muttersprachliche Schulunterricht für die deutsche Minderheit wieder gesichert wurde. Das ist Vertrauensbildung.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Natalie Pawlik [SPD])
Wichtig wäre es, wenn die Kinder den muttersprachlichen Unterricht auch nach der 6. Klasse fortsetzen könnten.
Weiteres Vertrauen kann aber nur wachsen, wenn nicht wieder Enttäuschungen absehbar sind. Ministerpräsident Tusk sagt – das ist interessant; Zitat –: „Wir sind auf dem guten Weg, … um mit Überzeugung von Freundschaft … sprechen zu können.“ Notabene: Wir sind also erst unterwegs dahin.
Dazu muss Deutschland keine Zweifel daran lassen, dass wir genauso entschlossen wie Polen die Ukraine aus Überzeugung unterstützen, eine klare Sprache gegenüber Putin sprechen, eine entsprechende Politik machen und die Ostflanke von EU und NATO massiv gegen alle Provokationen aus Minsk, Moskau oder dem Königsberger Gebiet sichern.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Für neues Vertrauen darf es keine Enttäuschungen bei den durch die Bundesregierung angekündigten Vorhaben geben; ich meine die sehr wichtigen humanitären Gesten. Hier war schon eine Irritation erkennbar, dass die Bundesregierung nicht in der Lage ist, diese Gesten zu qualifizieren. Was ist eigentlich aus den sichtbaren Gesten geworden? Wird es im Übrigen einen Wiederaufbau des Brühl’schen Palais in Warschau geben, wenn die Polen dies wünschen? Dieses Gebäude steht ja ganz besonders für die polnisch-sächsischen Beziehungen.
Was jetzt im gemeinsamen Interesse auch nicht passieren darf, ist, dass durch die temporär erforderlichen Grenzkontrollen die in vielen Jahren mit viel gemeinsamer Arbeit entstandenen deutsch-polnischen Verflechtungsräume entlang der Grenze beschädigt werden. Diese stehen für eine ungeheure Dynamik in den bilateralen Beziehungen.
Gut ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass sich gerade heute die Deutsch-Polnische Parlamentariergruppe mit der Polnisch-Deutschen Parlamentariergruppe trifft; Paul Ziemiak, der schon genannt wurde, ist noch mit ihnen unterwegs.
Die Kollegin Slawik hat schon darauf hingewiesen, dass ein ganz besonders wichtiges Projekt der Vertrauensbildung das nunmehr Kontur annehmende Deutsch-Polnische Haus in der Mitte Berlins ist. Aber dessen Realisierung, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird dauern, und es bedarf sicherlich auch noch der einen oder anderen Beratung mit der polnischen Seite, wie ich den Gesprächen heute entnehmen konnte. Daher wäre es gut, das zentrale Element, nämlich das Denkmal für die Opfer der deutschen Besatzung Polens, schnell zu realisieren, gerade angesichts des Jubiläums.
Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn das am Dienstag in Warschau Vereinbarte jetzt nicht zügig umgesetzt wird, dann ist das erreichte Vertrauen wieder gefährdet, und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf nicht sein.
Vielen Dank. Ja, też, dziękuję wam.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das Wort hat Dietmar Nietan für die SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)