- Bundestagsanalysen
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt an keiner deutschen Universität einen Lehrstuhl für die Geschichte des Kommunismus oder für die Geschichte der SED-Diktatur.
Ja, so ist es!)
Das beklagt nicht nur der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk immer wieder, der seinerseits genau diese Aufarbeitung der SED-Diktatur zum Gegenstand seiner Forschung gemacht hat. Aber die Ergebnisse dieser Forschung und die Aufarbeitung sind – ganz offensichtlich – noch nicht in der Gesellschaft angekommen.
Die Diskurse über Ostdeutschland haben weder im Westen noch im Osten den Charakter einer wissensbasierten Debatte, sondern sie sind geprägt von Nostalgie, oft von Polemik, und genauso oft polarisieren sie.
Beifall bei der CDU/CSU)
Weil die wissenschaftliche Basis in der öffentlichen Debatte noch nicht verbreitet ist, kann die Geschichte der DDR, der SED-Diktatur und des Ostens auch immer wieder von verschiedenen politischen Seiten instrumentalisiert werden.
Ich selber habe als „Wessi“ 16 Jahre lang einen Wahlkreis im Osten Berlins gehabt und wahrlich viel dabei gelernt. Aber es bleiben Fragen, manche Ratlosigkeiten. Für mich war es nie nachvollziehbar, wie groß das Verständnis für russische Interessen im Osten war; denn der autoritäre Charakter des Putin-Systems war und ist ja unübersehbar. Und dennoch: Trotz all der Informationsmöglichkeiten und der Meinungsfreiheit jetzt hierzulande will man nicht erkennen – Zitat –, „wie weit es um die Meinungsfreiheit in einem Land bestellt ist, in dem Menschen, die leere Zettel in die Luft halten, verhaftet werden“. Das sagt die 1986 in Wismar geborene Schriftstellerin Anne Rabe in einem Gastbeitrag für die „SZ“. Wie kann man so geschichtsblind sein?
Beifall bei der CDU/CSU)
Ganz offenbar hat Kowalczuk recht: Die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit und der SED-Diktatur ist in den Fachkreisen stecken geblieben. – Und Anne Rabe hat recht, wenn sie betont:
„… das ist keine Angelegenheit, die nur den Osten betrifft, und keine, die nur der Osten verbockt hat. Es ist die Folge politischer Entscheidungen.“
Jetzt kommen Sie, Herr Staatssekretär, jetzt kommt das BMBF ins Spiel. Auch 34 Jahre nach dem Fall der Mauer braucht es natürlich eine evidenzbasierte wissenschaftliche Einordnung vieler Fragestellungen. Deshalb war es auch richtig, dass die unionsgeführte Regierung schon früh gezielte Anreize für eine entsprechende DDR-Forschung im Rahmenprogramm Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften gesetzt hat.
Beifall bei der CDU/CSU)
Das Besondere an diesem Programm waren die ungewöhnlichen Kooperationen, die Zusammenarbeit mit Hochschulen, Museen, Opferverbänden und mit Schulen. Jetzt sind aus den 14 Forschungsverbünden 7 geworden; einige haben sich erst gar nicht mehr beworben.
Frieden, Freiheit und Demokratie müssen täglich verteidigt werden. Das gelingt nur, wenn der antitotalitäre Konsens hält. Dazu gehört nicht nur der Antifaschismus, dazu gehört auch der Antikommunismus.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Das müssen wir wissen. Das muss in der Mitte unseres Gemeinwesens ankommen.
Kommen sie bitte zum Schluss.
Ja. – Dazu bedarf es evidenzbasierter Wissenschaft.
Deutschland hat aus zwei Diktaturen in einem Jahrhundert vieles gelernt. Damit sie sich nicht wiederholen, –
Kommen Sie bitte zum Schluss.
– muss man die Umstände kennenlernen, die den Keim legen. Die rüden Mittelkürzungen des BMBF sind darauf sicher nicht die richtige Antwort.
Beifall bei der CDU/CSU)