- Bundestagsanalysen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn selbst die Union die internationale Klimadiplomatie lobt, vor Umweltgefahren durch Atomkraftwerke warnt oder den Frieden in der Arktis durch die vertiefte Kooperation erhalten will, ist doch eigentlich alles gut.
Ja!)
Den ersten Teil Ihres Antrags haben offenbar Fachleute verfasst: „Umweltschutz“, „Klimawandel“, „Wissenschaft“ als zentrale Themen für die Arktis. Im Forderungsteil haben dann allerdings wieder politische Taktierer und neue Militärstrategen das Wort: Ein paar zusätzliche Schiffe für die Marine wären doch schön. Und überhaupt: Sollte die NATO nicht vielleicht auch am Nordpol Manöver abhalten, also wegen der Abschreckung?
Ganz ernsthaft: An dem Antrag ist einiges richtig, und natürlich müssen wir über die Sicherheit in der Arktis reden. Wir dürfen die Landnahmeversuche von russischer oder chinesischer Seite nicht zulassen. Sie wissen selbst, dass das die Haltung der Bundesregierung ist. Dafür brauchen wir Ihre Aufforderung nicht.
Noch weniger brauchen wir Dünnbrettanträge der AfD. Das Kürzel steht ja eigentlich für „Allerbeste Freunde der Diktatoren“.
Hahaha! Der war witzig!)
Es ist der übliche Quark, Kremlpropaganda und plumper Antiamerikanismus, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP
Hass und Hetze hier!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten auch in der Zeitenwende nicht alle außenpolitischen Themen aus dem militärischen Blickwinkel betrachten. Es wäre falsch, die Arktis-Politik zu „versicherheitlichen“ – ein sperriges Wort, das ziemlich genau das Kernproblem des Antrags, aber auch den Allgemeinzustand mancher außenpolitischen Debatte beschreibt. Wer nur noch militärisch denkt, kriegt militärische Antworten.
Wollen wir wirklich jeder politischen Herausforderung mit Aufrüstung begegnen – zu Land, zu Wasser, in der Luft und auch am Nordpol –, dann fehlen am Ende die Ressourcen, um unsere eigentlichen Jahrhundertaufgaben wie den Klimawandel, große Fluchtbewegungen, die zunehmende soziale Spaltung oder die notwendige Modernisierung unseres Landes zu lösen. Wichtig ist, dass wir das russisch-chinesische Spiel in der Arktis nicht mitspielen und durch eine zunehmende Militarisierung womöglich genau das herbeiführen, was wir eigentlich verhindern wollen.
Steht da drin!)
Wir wollen eine friedliche Arktis, eine intakte Umwelt und Respekt für die indigene Bevölkerung und die direkten Anrainerstaaten. Wir wollen freie Schifffahrtswege und freie Forschung sowie internationale Kooperation beim Klimaschutz. Dafür brauchen wir irgendwann – so schwer das auch scheint aus der heutigen Perspektive – ein gemeinsames, stabiles und praxistaugliches Regelwerk für die Arktis, langfristig dann auch mit Russland und China.
Was wir überhaupt nicht brauchen, ist ein weiterer militärischer Konflikt. Wir brauchen keinen kalten Krieg um Rohstoffe im hohen Norden, keinen Handelskrieg im nicht mehr ganz so ewigen Eis. Darin sind sich doch die demokratischen Fraktionen in diesem Hause eigentlich einig. Lassen Sie uns konstruktiv an einer deutschen Arktis-Strategie arbeiten, die länger hält als eine Bundestagswahl. Wir Ampelfraktionen werden dazu auch noch einen Vorschlag erarbeiten.
Klar ist: Wir müssen unseren Verbündeten und Freunden in Dänemark, in Finnland, in Schweden, in Norwegen, in Island zeigen, dass wir an ihrer Seite stehen, wenn sie mit und zwischen den Großmächten ihre Interessen vertreten. Sie haben es nämlich nicht so einfach; sie brauchen unsere Unterstützung.
Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Es ist übrigens auch schön, dass Finnland und Schweden in der NATO sind; um das hinzuzufügen. Die haben sie gestärkt.
Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das ist europäische Friedenspolitik. Das wäre auch gute deutsche Arktis-Politik.
Ich finde, bei so einer Debatte passt es ganz wunderbar, den früheren Staatspräsidenten Finnlands, Urho Kekkonen, zu zitieren; ich mache das allerdings auf Deutsch.
Heiterkeit bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
– Ja, mein Finnisch ist ein bisschen eingerostet. – Er hat gesagt: „Sicherheit erreicht man nicht, indem man Zäune errichtet, Sicherheit gewinnt man, indem man Tore öffnet.“
Jetzt noch auf Finnisch, bitte!
Lassen Sie zu Hause auch die Haustür auf?)
Ich finde, das ist der richtige Geist, in dem wir das angehen – ohne zu vernachlässigen, dass wir uns natürlich um die Sicherheit insgesamt zu kümmern haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, an einem so warmen Tag über so kalte Regionen zu reden, ist dann doch ein perfekter Schluss dieses Tages.
Ich bedanke mich herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Moment, das ist hier noch nicht zu Ende. Nicht, dass jetzt alle nach Hause gehen.
Heiterkeit)
Joachim Wundrak hat das Wort für die AfD.
Beifall bei der AfD)