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Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte auch ich meine Rede anders beginnen. Aber wie kann man eine solche Debatte über einen Genozid, einen Völkermord so missbrauchen, wie Sie von der AfD das hier getan haben?
Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der Linken)
Ich finde das wirklich sehr, sehr beschämend für dieses Haus und will mich auch gegenüber dem Herrn Botschafter entschuldigen, weil es mir peinlich ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ruanda ist das Land der 1 000 Hügel. Rheinland-Pfalz, mein Heimatland, und Ruanda haben eine enge Partnerschaft, vor 42 Jahren vom damaligen CDU-Ministerpräsidenten Bernhard Vogel ins Leben gerufen – eine besondere Partnerschaft auf kommunaler Ebene. Ich selbst bin sehr häufig dort gewesen. Wenn man heute dorthin kommt, stellt man fest: ein schönes Land. Man fühlt sich sicher dort. Aber die Verletzungen, die Verbitterung sind vielfach noch da.
Ich selbst habe Versöhnungsprojekte dort besucht, an denen Hutu und Tutsi teilnahmen und teilnehmen. Das sind Versöhnungsprojekte, bei denen sich Täter mit Opfern konfrontieren müssen. Das Trauma bleibt natürlich, und man muss weiter daran arbeiten. 30 Jahre sind dafür nicht viel; aber irgendwie auch wieder lang. Viele Mütter mussten mitansehen, wie ihre Kinder vergewaltigt wurden, mussten mitansehen, wie ihre Töchter ermordet wurden, mussten erleben, dass ihre Männer nicht mehr zurückkehrten. Und das Schreckliche ist: Man hat über lange Zeit hinweg überall Leichen gefunden.
Die ganze Gesellschaft, alle Werte waren zerstört worden, eine totale Vernichtung und Zerstörung. Es herrschte völlige Leere in den Menschen. Und wenn man sich vorstellt, dass Nachbarn, die eng miteinander befreundet waren, plötzlich zu abgrundtiefen, brutalen Feinden wurden, dann lässt uns das auch zweifeln, wenn es darum geht, wie sicher und wie fest man steht, wenn man glaubt, man hat zuvor eine Friedensvereinbarung getroffen.
Zu was wir Menschen wirklich fähig sein können, das ist immer wieder erschreckend. Keiner konnte mehr dem anderen trauen. In der Tat gab es zum Beispiel die Zehn Gebote für einen guten Hutu. Dort hieß es: Du heiratest keinen Tutsi, du arbeitest nicht mit Tutsi. – Geschichte wiederholt sich nicht, aber Geschichte reimt sich sehr häufig, wenn es heißt, wo man nicht einkaufen darf, wo man nicht einkaufen solle; im Übrigen auch, wenn man sagt, man solle keine jüdischen Waren kaufen. Es reimt sich vieles.
Und auch das sollte man sich vor Augen halten: Es geht nicht nur darum, etwas zu verurteilen, wenn es geschehen ist und Einigkeit über die Verurteilung besteht, sondern auch darum, heute etwas daraus zu lernen. „Was lernen wir heute daraus?“ heißt auch: Im Karibikstaat Haiti eskaliert seit Ende Februar 2024 die Gewalt. Bewaffnete Banden haben Polizeistationen, Gerichte angegriffen.
Sie müssen leider zum Schluss kommen.
Schauen wir zum Beispiel auf Chinas Uiguren-Politik: ein stiller Völkermord.
Der Völkermord von Ruanda hat also verschiedene Gesichter.
Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die nächste Rednerin ist Nadja Sthamer für die SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)