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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich vor Kurzem einen Unternehmensbesuch gemacht habe, erzählte mir die Unternehmerin eine Geschichte von einem langjährigen Mitarbeiter. Sie sagte, sie habe ihn gefragt, was er denn könne. Darauf habe er gesagt: Ich kann nichts, ich bin nur Hilfsarbeiter. – Das beschreibt das große Problem, das wir in unserem Bildungssystem haben. Wir haben aktuell 3 Millionen junge Menschen unter 34 Jahren, die keine abgeschlossene Berufsausbildung haben. Wir haben über eine halbe Million junge Menschen unter 25 Jahren, die weder zur Schule gehen noch eine Ausbildung machen oder bereits abgeschlossen haben. Wenn wir auf die Frage herunterzoomen, wo dieses Problem entsteht, stellen wir fest: Das Problem entsteht in den allerjüngsten Jahren. Wir haben durch Studien des IQB und andere erfahren, dass jedes vierte Kind die Grundschule verlässt, ohne richtig lesen und schreiben zu können – jedes vierte Kind! Diejenigen, die die die Grundschule verlassen und nicht lesen und schreiben können, sind aktuell auf einer Rutschbahn. Sie haben keine Chance auf der weiterführenden Schule. Sie werden keine Ausbildung machen. Ihnen fehlt die Perspektive im Leben.
Die Ursachen dafür liegen aber nicht in der Grundschule, sondern im Zeitraum vor der Grundschule. 39 Prozent der Kinder – Saskia Esken hat zu Recht darauf hingewiesen – haben Migrationshintergrund.
Wir schulen zu viele Kinder ein, die nicht schultüchtig sind, die unsere Sprache nicht beherrschen. Wir müssen deshalb verpflichtende Diagnostik und verpflichtende Sprachtests einführen, und wir brauchen ein verpflichtendes Vorschuljahr. Das ist im Kern das, was notwendig ist.
Warum sage ich Ihnen das? Was hat das mit Ihrer Initiative zu tun? Leider nicht besonders viel! Das Programm, das Sie uns vorlegen, besteht im Kern darin, dass Investitionen in Gebäude ermöglicht werden, dass man Dinge bestellen kann und dass jede Schule im Schnitt eine zusätzliche Stelle bekommt. Eine Stelle! Was ist denn das für eine Bildungsrevolution?
Beifall bei der CDU/CSU)
Das ist sicher nicht schlecht. Aber mit einer Stelle, die Sie im Schnitt an den Schulen schaffen, werden Sie die vielen Probleme nicht lösen können.
Beifall bei der CDU/CSU
Aber besser als die Union!)
Ich nenne noch eine zweite Zahl. 25 Prozent der Kinder können nicht richtig lesen und schreiben, aber nur 2,5 Prozent der Schulen bekommen Zugang zu Ihrem Programm.
Schlechtreden funktioniert nicht!)
Sie haben eine Zehnerpotenz vergessen. Wenn Sie nur jedes zehnte Kind adressieren, werden Sie die Probleme nicht lösen können.
Herr Jarzombek, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung der Kollegin Strack-Zimmermann?
Solange Sie noch hier im Bundestag sind, sehr gerne, Frau Wahlkreiskollegin.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Danke, Herr Jarzombek, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sie meinen, solange Sie noch im Bundestag sind. Ihnen stehen ja heiße Zeiten in Düsseldorf bevor. Darum geht es aber jetzt nicht.
Arroganter geht nimmer, oder?)
Wir haben ja lange zusammengearbeitet; wir teilen uns den Wahlkreis Düsseldorf. In Düsseldorf haben wir es geschafft, mit Eigenmitteln der Kommune genau das zu realisieren, was wir mit diesem Bundesprogramm erreichen wollen. Wir haben nämlich im Stadtteil Rath genau eine solche Schule an den Start gehen lassen. Für diejenigen, die Düsseldorf nicht kennen: Rath ist ein Stadtteil mit hohem Migrationsanteil und großen Problemen. Dort haben wir eine Schule mit großer Fachkompetenz errichtet, auf die inzwischen auch viele Kinder aus anderen Stadtteilen gehen. Dort findet bereits eine Vermischung der Kinder statt, weil es dort um Leistung, um eine gute Schule geht.
Da Sie das wissen sollten, weil es Ihr Wahlkreis ist, frage ich Sie, warum Sie das, was die Ampel jetzt auf den Weg bringt, so kritisieren, anstatt zu sagen: Super! Der Bundestag macht das, was wir in Düsseldorf schon angeregt haben. – Vielleicht können Sie das mal erklären.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Kollegin Strack-Zimmermann, ich finde es gut, dass Sie darauf hinweisen, dass wir in Düsseldorf eines der größten Schulbauprogramme initiiert haben, das es überhaupt im kommunalen Bereich gibt, ausgestattet mit Mitteln von über 1 Milliarde Euro, initiiert im Jahr 2000 von unserem zu früh verstorbenen Oberbürgermeister Joachim Erwin.
Es ging jetzt nicht um Schulbau!)
Das neue Schulgebäude in Rath ist im Wesentlichen ein Beispiel dafür, wie die Dinge zu machen sind. Da haben wir aber nicht etwa ein paar Mittel genommen, um nur einen Raum umzubauen. Da ist ein komplettes Schulgebäude für einen zweistelligen Millionenbetrag gebaut worden. Und das kann eine Stadt wie Düsseldorf mit einer guten Wirtschaftspolitik, betrieben durch viele CDU-Oberbürgermeister und CDU-Mehrheiten im Stadtrat, finanzieren.
Beifall bei der CDU/CSU
Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Ich glaube, das liegt mehr an den Unternehmen in Düsseldorf!)
Aber, Kollege Gehring – da Sie aus dem Ruhrgebiet kommen –, es gibt auch viele Städte, die das nicht können.
Abg. Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP] nimmt Platz)
– Bleiben Sie bitte stehen, Frau Strack-Zimmermann; ich antworte immer noch auf Ihre Frage. Nicht nur als Eurofighterin, sondern auch hier im Bundestag müssen Sie noch ran, solange Sie Ihr Mandat noch wahrnehmen.
Hoffentlich gucken keine Schüler zu!)
Jetzt schauen wir uns doch mal an, wen Sie mit Ihrem Programm unterstützen. Das Land Berlin bekommt nun weniger Mittel als nach dem Königsteiner Schlüssel, und Baden-Württemberg bekommt mehr.
Ist das jetzt die Reform, für die Sie sich hier seit einem Jahr brüsten? Ich bin mir nicht so sicher.
Beifall bei der CDU/CSU
Das sieht die CDU Baden-Württemberg anders als Sie!)
Kommen wir von Düsseldorf gerne wieder zur gesamten Republik. In diesem Jahr werden wir wahrscheinlich gar keine großen Mittelabflüsse Ihres Programms sehen. Sie vergeben die Mittel an die Länder teilweise nach Umsatzsteuerpunkten, was die FDP im Zusammenhang mit dem Digitalpakt immer kritisiert hat. Das heißt, Sie haben gar keine Kontrolle, was am Ende mit den Geldern passiert. Sie sind sehr spät dran. Sie haben zweieinhalb Jahre für das Programm gebraucht. Sie haben nur einmal mit den kommunalen Spitzenverbänden geredet. Die Umsetzung all dieser Punkte erfolgt jedoch auf kommunaler Ebene, die Sie nicht einbezogen haben; das haben wir durch Kleine Anfragen herausgearbeitet.
So ein kleines Karo bei Ihnen!)
Nun behaupten Sie, das sei das größte Bildungsprojekt aller Zeiten in der Bundesrepublik. Ich empfehle etwas mehr Sachlichkeit. Die Fachhochschulen, eingeführt 1968, die Einführung der dualen Ausbildung 1969
Da müssen Sie sehr lange zurückgehen! Was war denn in den 16 Jahren unter Frau Merkel in der Bildungspolitik?)
und insbesondere der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz, geschaffen von Ursula von der Leyen, sind Meilensteine der Bildungspolitik.
Beifall bei der CDU/CSU
Jetzt müssen Sie schon die Union von 1969 bemühen, um Ihre Bildungspolitik zu verteidigen!)
Eine Stelle mehr an einer schwierigen Schule, finanziert aus diesem kleinen Programm, ist in Ordnung; aber das löst das Problem nicht. Überhöhen Sie es bitte nicht.
Beifall bei der CDU/CSU)