- Bundestagsanalysen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute schließen wir das Neunte Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes ab. Der Titel klingt eher langweilig und technisch, aber es ist ein wichtiges Gesetz. Das Gesetz ist deswegen wichtig, weil unsere Kommunen wichtig sind.
Lieber Herr Kollege Daldrup, weil Sie immer sagen, wir wären gegen die Kommunen: Ich selber war jahrelang Fraktionsvorsitzender in der Stadt Nürnberg und weiß, was die Kommunen leisten – Sie haben es gesagt –: Feuerwehr, Schulgebäude, Büchereien, Jugendhilfe, Kindergärten, Sportanlagen, Gemeindestraßen, Flächennutzungsplanung, Abwasser und öffentlicher Nahverkehr und vieles andere mehr. Deswegen müssen wir ein elementares Interesse daran haben, dass unsere Kommunen bestmöglich ausgestattet sind.
Beifall bei der CDU/CSU)
Das haben wir übrigens auch in unser gemeinsames Papier der CDU/CSU-Fraktion so reingeschrieben. Aber die finanziellen Perspektiven der Kommunen trüben sich in der Tat dramatisch ein. Die Ausgaben steigen viel schneller als die Einnahmen, und diese Entwicklung schreitet fort.
Ich muss ein bisschen Wasser in den Wein gießen, lieber Kollege Daldrup: Die aktuelle Bundesregierung tut ihr Übriges, um die Belastungen für die Kommunen noch höher zu schrauben.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich erinnere bloß daran: Die Vorgaben von Habeck zur energetischen Sanierung oder zum Ausbau von Energieverteilnetzen bedeuten eine unglaubliche Belastung für die Kommunen. Da sind auch die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Zuwanderung und jetzt mit Ihrer Cannabislegalisierung. Es ist eine unglaubliche Aufgabe für die Kommunen, das überhaupt umsetzen zu können.
Ja, nur wenn man es so bürokratisch macht wie Söder in Bayern!)
Auch damit belasten Sie die Kommunen Stück für Stück weiter.
Beifall bei der CDU/CSU)
Dann ist da noch ein Punkt, wenn ich das sagen darf, lieber Kollege Daldrup, weil Sie NRW erwähnt haben: Es ist nicht die aktuelle Regierung in NRW, die die Kommunen in diese Situation gebracht hat.
Eindeutig!)
Es waren die 39 Jahre ununterbrochene Regierung der SPD in NRW, die die Kommunen in NRW kaputtgemacht haben.
Beifall bei der CDU/CSU
Das ist doch Quatsch!)
Diese Schulden bauen sie heute noch ab.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will mich auf den heute vorliegenden Gesetzentwurf konzentrieren. Dieser Gesetzentwurf ist richtig und notwendig, und wir werden diesem auch zustimmen. Aber es ist natürlich nur ein Rädchen in einem wirklich hochkomplexen System der Gemeindefinanzierung. Hintergrund ist – das hat der Kollege Tebroke schon ausgeführt –: Seit 1970 erhalten die Kommunen über Artikel 106 Absatz 5 Grundgesetz einen Teil der Einnahmen aus der Einkommensteuer. Die Verteilung erfolgt über einen ganz diffizilen vertikalen und horizontalen Ausgleich, der im Gemeindefinanzreformgesetz geregelt ist. Dort ist vorgesehen, dass bei der Verteilung des Geldes geschaut wird, wie viel Einkommensteuer die Bürger einer Kommune bezahlen. Es gibt aber eine Kappungsgrenze. Daher ist nicht entscheidend, ob der Bürger 35 000 oder 100 000 Euro verdient. Diese Grenze wird jetzt im Rahmen dieses Gesetzes erhöht, und zwar von 35 000 auf 40 000 Euro für allein veranlagte Bürger und von 70 000 auf 80 000 Euro für gemeinsam veranlagte Bürgerinnen und Bürger. Wir stimmen dem zu; aber ich glaube, die Diskussion muss weitergeführt werden. Die Diskussion im Finanzausschuss war da sehr fruchtbar.
Erster Punkt. Ich glaube, wir sollten überlegen, wie wir die Gemeindefinanzen insgesamt stabilisieren und auch ein bisschen klarer strukturieren können. Es geht um die gesamte Beziehung zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Das System ist in der Zwischenzeit so komplex geworden, dass man die Struktur im Detail letztlich gar nicht mehr erkennen kann. Ich glaube, dass es sinnvoll wäre, diese Struktur deutlich zu vereinfachen und übrigens auch den Bürgerinnen und Bürgern zu zeigen: Welcher Teil von meiner Einkommensteuer geht eigentlich an den Bund? Welcher Teil geht an das Land, und welcher Teil geht an die Kommune? Man könnte das sogar im Einkommensteuerbescheid ausweisen, sodass jeder sieht, welcher Teil der Steuer an welche Gebietskörperschaft geht. Ich glaube, das wäre eine interessante Variante hinsichtlich der Neustrukturierung der Finanzen. Es würde auch zu mehr Akzeptanz und Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger beitragen, die dann sähen: Okay, ein Teil davon geht an meine Kommune, ein Teil davon geht ans Land. – Dann kann man auch besser beurteilen, was mit dem Geld vor Ort wirklich passiert.
Ein zweiter Punkt ist, dass wir noch mal überlegen müssen, ob diese Kappungsgrenze wirklich richtig ist. Die Einkommensteuer ist nicht entscheidend für Ansiedlungen in der Stadt. Zum Stichwort „Gewerbesteuer“: Wenn man Unternehmen in die Stadt oder in die Kommune holt, erhält man Gewerbesteuereinnahmen; die werden über die Gewerbesteuerumlage aber wieder umverteilt. Es gibt jedoch keinen Anreiz, den Unternehmer oder den Mittelständler in der Kommune anzusiedeln, wenn die Kappungsgrenze bei 40 000 Euro liegt. Für die Kommune ist es nicht interessant, um die, die mehr verdienen, zu werben und eine gewisse Struktur der Leistungsfähigkeit der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in der Kommune abzubilden. Auch das, glaube ich, sollten wir bei der Überarbeitung diskutieren.
Ich freue mich auf die Diskussion im Finanzausschuss, ich freue mich auf den weiteren Austausch. Wir stimmen dem Gesetz heute zu. Die Anpassung ist in Ordnung; aber das ist nur Teil eines kleinen Rädchens im gesamten Finanzierungsrahmen „Bund, Länder und Kommunen“.
Herzlichen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU)
Die nächste Rednerin ist Frauke Heiligenstadt für die SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD)