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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Herbrand, ich gebe den Dank gerne zurück. Die Debatte war sehr fruchtbar, sehr konstruktiv und in diesem Sinne auch beispielgebend.
Ich darf es vorwegsagen: Wir verhandeln hier den Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes von 1969, und wir werden als Union dieser technischen Änderung zustimmen
Beifall der Abg. Bernhard Daldrup [SPD] und Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
– Herr Daldrup applaudiert; wir haben das im Finanzausschuss schon angedeutet,
Beifall des Abg. Markus Herbrand [FDP])
aber nicht ohne hier vielleicht auch den einen oder anderen Hinweis auf Verbesserungsmöglichkeiten zu platzieren, vor allem nicht ohne den Hinweis darauf, dass sich in dieser vermeintlich technischen Debatte eine Perspektive für grundlegende Verbesserungen bei den kommunalen Finanzen entwickelt hat; das war uns wichtig.
Vielleicht ganz kurz, auch wenn es schon 55 Jahre zurückliegt: Beim Gesetz zur Neuordnung der Gemeindefinanzen ging es darum, die besondere Bedeutung der Kommunen herauszustellen, ihre ausreichende Finanzierung zu gewährleisten und einen Anteil an der Einkommensteuer als dritte Steuerquelle für Kommunen zu etablieren. Dazu werden jetzt – seit 1980 – 15 Prozent des Einkommensteueraufkommens bereitgestellt und über die Länder an die Kommunen verteilt. Die Verteilung soll – das ist das erste Ziel – nach Maßgabe der Einkommensteuerleistung der Einwohner der einzelnen Kommunen erfolgen. Gleichzeitig möchte man – das ist das zweite Ziel – eine horizontale Nivellierung sicherstellen. Das heißt, dass die Steuerkraftunterschiede zwischen Gemeinden gleicher Funktion und Größe möglichst verringert werden sollen. Auch möchte man – das ist das dritte Ziel – eine vertikale Differenzierung gewährleistet sehen, dass nämlich Steuerkraftgefälle zwischen großen und kleinen Kommunen möglichst erhalten bleiben. Mit dieser Maßgabe ist man 1969 ins Rennen gegangen und hat regelmäßig die für die Ermittlung der Verteilungsschlüssel relevanten Höchstbeträge des zu versteuernden Einkommens angepasst; der Kollege hat es gerade aufgezeigt. So wurde zuletzt auf Grundlage der Zahlen von 2019 eine Anpassung der Höchstbeträge diskutiert; 35 000 Euro für einzeln veranlagte Steuerpflichtige und 70 000 Euro für zusammen veranlagte Ehegatten waren es bisher, 40 000 Euro bzw. 80 000 Euro werden jetzt vorgeschlagen. Man präsentierte die entsprechenden Rechnungen den kommunalen Spitzenverbänden, die überwiegend dem Ganzen zustimmen, sich einverstanden erklären. Auch der Bundesrat hat keine Einwände. Die meisten Länder sind ebenfalls einverstanden. Man ist sich also irgendwie einig – so ist es gut oder auch nicht.
Meine Damen und Herren, Sie erlauben, dass wir an dieser Stelle einige Kritikpunkte hinsichtlich des Prüfverfahrens platzieren:
Erstens. Eigentlich soll es um eine Leistungsorientierung gehen, aber so ganz traut man sich nicht. Durch die Kappung, durch die Einkommensobergrenzen, werden 40 Prozent des Aufkommens gar nicht nach Leistung verteilt, sondern umverteilt.
Ist das die richtige Maßgröße,
oder sollte man nicht viel weniger umverteilen, stärker auf Leistungsorientierung setzen? Warum lässt man diesen Ansatz einfach über Jahrzehnte fortbestehen, ohne ihn zu diskutieren?
Weil alle damit zufrieden sind!)
Das erwarten wir spätestens in der nächsten Runde.
Zweitens. Es werden Durchschnitte verglichen, Gruppen aus 11 000 Kommunen gebildet und Durchschnittswerte gegeneinandergestellt, aber wir wissen alle, dass der Vergleich von Durchschnittswerten nicht berücksichtigt, dass es innerhalb der Gruppen riesengroße Abweichungen geben kann. Die werden überhaupt nicht thematisiert.
Drittens. Wir stellen fest, dass gar nicht deutlich gemacht wird, wie die drei eingangs genannten Ziele, die ja konkurrieren, eigentlich gegeneinander abgewogen werden. Am Ende einigt man sich irgendwie.
Viertens stellen wir fest, dass die ermittelten Schlüsselzahlen, die für einen längeren Zeitraum gefixt werden, nämlich für 2024 bis 2026, aus dem Jahr 2021 abgeleitet werden, bewertet auf der Grundlage von Modellrechnungen von 2019. Kann das befriedigen? Wir meinen, nicht, und erwarten, dass das beim nächsten Mal anders gehandhabt wird.
Fünftens werden die Ziele nicht hinterfragt. Was bedeutet das: Kommunen gleicher Funktion und Größe? Müssten wir nicht auch untersuchen, wie sich die Anpassungen etwa auf das Verhältnis Stadt/Land oder auf geografische Regionen innerhalb eines Landes auswirken? Wer untersucht dies? Wer berücksichtigt hier einige vielleicht wesentliche Aspekte? – Wir meinen, mindestens diese fünf Punkte sollten beim nächsten Mal berücksichtigt werden.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dann komme ich zu dem eigentlichen Problem des Ganzen, nämlich: Ist das Ganze eigentlich suffizient, ist es eigentlich ausreichend? Wenn wir mit der neuen Säule der Steuerfinanzierung erreichen wollen, dass die Kommunen eine ausreichende Finanzausstattung gewährleistet sehen, dann ist das nicht der Fall. Der Anteil der Einkommensteuer an den Steuereinnahmen insgesamt ist von 40 auf 35 Prozent gesunken, was dem ursprünglichen Ziel zuwiderläuft. Müssen wir nicht darüber diskutieren, diesen Anteil zu erhöhen?
Jetzt komme ich zu dem Punkt, der uns in der Debatte des Finanzausschusses so wichtig gewesen ist. Aus der Diskussion der reinen Technik ist endlich die Diskussion der grundlegenden Frage geworden: Müssen wir uns nicht ganz anders mit der Finanzausstattung der Kommunen beschäftigen, mit den Perspektiven einer besseren Finanzausstattung, und sie nicht allein an der Frage des Höchstbetrages, der Einkommensgrenze, festmachen?
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Wir haben sehr wohl die Protokollnotiz zur Kenntnis genommen. Wir freuen uns, dass die Ampel jetzt auch auf diesen Weg eingeschwenkt ist, sich mehr um die kommunale Finanzausstattung zu kümmern, sich mehr damit zu beschäftigen. Lassen Sie den Worten Taten folgen. Dann haben Sie uns an Ihrer Seite.
Beifall bei der CDU/CSU)
Einen schönen guten Abend, liebe Kolleginnen und Kollegen! Noch mal kurz die Ansage: Kürzer geht immer, länger bitte nicht. Sie haben ja Ihre Redezeiten vorliegen.
Der nächste Redner ist damit gut ausgestattet. Es ist Bernhard Daldrup für die SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP