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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Funke-Kaiser, ich kann Ihr Lob über die Strategie nicht ganz teilen; denn es wird so langsam ein Schema offenkundig. Die Strategie war schon für 2023 in Aussicht gestellt. Sie kam wie alle anderen Strategien verspätet, nämlich erst am 7. Februar 2024, und das, obwohl diese dringend notwendig ist, um die digitale Souveränität, Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands international zu sichern und unseren Bemühungen zur Schaffung eines freien, offenen und demokratischen Internets ein strategisches Fundament zu geben.
Beifall bei der CDU/CSU)
Man könnte meinen, dass diese Verspätung zugunsten der inhaltlichen Qualität erfolgte. Doch ein Blick in die Strategie belehrt den Leser eines Besseren. Statt klaren Zielen und Maßnahmen gibt es nur handlungsleitende Grundsätze und statt echtem Führungsanspruch nur Beliebigkeit.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich darf da einen geradezu trivialen Satz aus der Strategie zitieren:
„Das globale Digitalzeitalter eröffnet enorme Möglichkeiten, stellt aber alle Akteure auch vor Herausforderungen.“
Man möchte an dieser Stelle sagen: Wasser ist nass. Meine Damen und Herren, das ist der qualitative Anspruch.
Beifall bei der CDU/CSU
Sehr gut! Scharfe Analyse!)
Die vorliegende Strategie ist ein Sammelsurium von Themen: vom Schutz der Menschenrechte im Internet und digitaler Geschlechterkluft über Risikominimierung in Wertschöpfungssektoren und Cybersicherheit bis hin zu technischer Normierung und Standardisierung. Viele dieser Themen haben direkte und langfristige Auswirkungen auf Deutschlands internationalen Anspruch als starker Technologie-, Forschungs- und Wirtschaftsstandort, insbesondere da die globale digitale Ordnung aktuell von einigen wenigen privaten Technologiekonzernen, den USA und China dominiert wird.
Dennoch verpasst es Deutschland, sich im Rahmen dieser Strategie sowohl gegenüber systemischen Rivalen als auch möglichen Verbündeten klar zu positionieren und den eigenen Anspruch innerhalb der globalen digitalen Ordnung zu formulieren. China und Russland, von denen 2022 laut Bitkom 79 Prozent aller Cyberangriffe auf Unternehmen in Deutschland ausgingen, werden gar nicht oder nur ganz am Rande erwähnt. Was soll man dazu eigentlich noch sagen, meine Damen und Herren?
Beifall bei der CDU/CSU)
Eines muss man der Bundesregierung jedoch lassen: Sie bleibt sich immerhin treu.
Auch dieses Digitalthema wird im Zuständigkeitschaos begraben. So deutet die Bundesregierung in ihrer Strategie für die Internationale Digitalpolitik selbst darauf hin, dass es Überschneidungen mit zwölf weiteren Strategien aus insgesamt acht Ministerien gibt. Die Digitalstrategie, die Datenstrategie, die Klimaaußenstrategie, die Gigabitstrategie,
Zuruf des Abg. Stephan Stracke [CDU/CSU])
die Fachkräftestrategie, die Raumfahrtstrategie, die China-Strategie, die Nationale Sicherheitsstrategie: Es ist ein Labyrinth, aus dem es kein Entkommen gibt.
Beifall bei der CDU/CSU)
Einen Hierarchie- oder Koordinierungsansatz bietet sie natürlich nicht an. Bei der Pressekonferenz zur Veröffentlichung der Strategie versicherte Staatssekretär Schnorr auf Nachfrage jedoch einen stärkeren Austausch zwischen den Ressorts, beginnend nach der Verabschiedung, indem man sich – ich zitiere – „regelmäßig zusammensetzen“ und über „Vorhaben im internationalen Bereich“ informieren wolle. Ich will zurufen: Dann kann ja gar nichts mehr schiefgehen!
Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)
Einziger Lichtblick im Rahmen der Strategie ist, dass die Bundesregierung die Relevanz deutscher Präsenz in den Normierungs- und Standardisierungsgremien endlich anerkennt, um – um es mit Staatssekretär Schnorrs Worten zu sagen; ich zitiere – „Heerscharen“ von Chinesen dort Paroli bieten zu können. Dabei hält sich der semantische Anspruch des Staatssekretärs mit dem inhaltlichen Ansatz der Strategie die Waage. Es wurden die deutschen Ambitionen in diesem Bereich nun zumindest als Grundsatz in die Strategie aufgenommen.
Im Haushalt spiegelt sich dies allerdings nicht wider. Ganz wichtig: Falls Sie nun wieder das Urteil des Bundesverfassungsgerichts als Ursache nennen wollen, muss ich Ihnen sagen: Das können Sie sich sparen. Denn es war laut einer Kleinen Anfrage der Linken von Anfang November 2023 schon eine Reduktion der Haushaltsmittel zur Förderung deutscher Bestrebungen in Normierungsgremien geplant.
Damit wirkt auch dieser Anspruch wie ein reines Lippenbekenntnis der Bundesregierung.
Beifall bei der CDU/CSU)
Die deutsche internationale Digitalpolitik braucht klare Ziele und den ausformulierten Willen, Gestaltungsspielräume zu nutzen und diese Ziele auch umzusetzen, um Zukunftssicherheit zu schaffen. Wir brauchen eine aktive Positionierung zu international weniger besetzten Themen wie digitale Außenpolitik, digitaler Handel oder Cybersicherheit
Sechs Minuten sind ganz schön lang!)
und müssen neue Wege finden, um etablierte Politikbereiche wie die Normierung oder Risiken in den Wertschöpfungsketten zu bespielen. Nur so bleibt Deutschland international digitalpolitisch relevant. Wir plädieren daher für eine starke Nachbesserung der Strategie, welche statt substanzlosem Wunschdenken echte Verbindlichkeit schafft.
Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Zippelius. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Jens Zimmermann, SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)