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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Zuhörende! Landwirtschaft ist das Fundament jeder Gesellschaft. Ohne gesunde Nahrung, sauberes Wasser, klare Luft und intakte Natur gibt es kein Leben. Ich bin gelernte Rinderzüchterin, war aber auch später als Tierärztin immer sehr im Austausch mit der Landwirtschaft. Daher weiß ich aus eigenem Erleben: In der Landwirtschaft hängt alles mit allem zusammen; und es ist schon etwas schwieriger, als man zuerst annimmt.
Wir brauchen eine solide Versorgung mit qualitativ hochwertigen und bezahlbaren Lebensmitteln, wir brauchen stabile Einkommen für die in der Landwirtschaft tätigen Menschen, und wir brauchen Biodiversität und nachhaltige Wirtschaftsweisen, sonst sind keine nachhaltigen Erträge möglich.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Schon hier wird klar, dass es eine komplexe Sache ist: Auf der einen Seite gibt es wirtschaftliche Notwendigkeiten. Wir haben offene Weltmärkte, eine starke Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel. Wir haben in Deutschland durchaus höhere Standards in der landwirtschaftlichen Produktion und auch bei den Arbeitsbedingungen. Hinzu kommt ein immer größerer Druck auf den landwirtschaftlichen Bodenmarkt. Wer Geld hat, will dies sicher und gewinnbringend anlegen, und Finanzinvestoren greifen hier verstärkt zu. Wir müssen da wirklich ran!
Beifall bei der SPD sowie des Abg. Karl Bär [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Außerdem erwartet die Gesellschaft von der Landwirtschaft Anstrengungen beim Schutz von Umwelt, Klima und Tierwohl sowie den Erhalt unserer vielseitigen Landschaften. Dabei ist der Agrarsektor der einzige Politikbereich, der vergemeinschaftet ist, das heißt, alle grundlegenden Entscheidungen werden hier auf der Ebene der Europäischen Union getroffen. Das wichtigste Element ist die Gemeinsame Agrarpolitik, die GAP. Sie stützt das Einkommen der Landwirte als Ausgleich für die hohen Standards bei niedrigen Weltmarktpreisen, und sie dient dazu, die Bauern für die Erfüllung der gesellschaftlichen Erwartungen an die Landwirtschaft angemessen zu honorieren. Außerdem fördert sie auch die Entwicklung des ländlichen Raumes.
Die Regeln der GAP sind in den letzten Jahrzehnten immer komplexer geworden. Das hat zu einem enormen Anwachsen der Bürokratie geführt, die von den Landwirten und der Agrarverwaltung nicht mehr zu beherrschen ist. Hier wollen wir Verbesserungen. Es gibt zum Beispiel ein Merkblatt, wie man einen Gewässerabstand ermittelt. Das sind zwei eng bedruckte Seiten. Das ist einfach für keinen mehr zu lesen; das schafft man nicht. Was in dieser Situation nicht funktioniert, sind Ihre einfachen Lösungen. Das wird dieser eben beschriebenen Komplexität nicht ansatzweise gerecht.
Es ist auch bezeichnend, dass Sie in Ihrem Antrag zu Stilllegungsflächen grundlegende Begriffe völlig verwechseln. Ich erkläre es Ihnen gerne. Die verpflichtende Stilllegung von 4 Prozent der Ackerflächen zur Förderung der Biodiversität ist der GLÖZ-Standard 8. GLÖZ heißt guter landwirtschaftlicher und ökologischer Zustand. Die von Ihnen beanstandete Öko-Regelung 1a regelt eine weiter gehende Stilllegung über die 4 Prozent hinaus.
Und die wird natürlich auch extra honoriert.
Sie sollten mit Ihrem Antrag also nicht auf Bauernfang gehen. Sie haben die Zusammenhänge offensichtlich nicht verstanden. Ihr Gerede wird Ihnen kein Landwirt so abnehmen. Die sind nämlich gut ausgebildet und offensichtlich schlauer als Sie.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Ingrid Pahlmann [CDU/CSU])
Aktuell geht es um Folgendes: Die EU ermöglicht im Jahr 2024 ebenso wie im letzten Jahr eine Aussetzung der Pflichtstilllegung, wenn auf den Flächen Leguminosen oder Zwischenfrüchte angebaut werden. Noch einmal für Sie, meine Damen und Herren von der AfD: Leguminosen sind stickstoffbindende Pflanzen, Stichwort: Symbiose mit Knöllchenbakterien.
Wenn wir das in Deutschland so umsetzen, bleibt die Frage nach den Auswirkungen auf die Biodiversität. Forscher melden hier wirklich Bedenken an. Außerdem ist die vorhin angesprochene Öko-Regelung zur zusätzlichen Stilllegung, also das fünfte Prozent, damit für die meisten Landwirte unattraktiv. Wir müssen also Veränderungen vornehmen, da sonst Gelder zurück nach Brüssel fließen, die eigentlich für die einkommenswirksame Honorierung der Leistungen der Landwirte gedacht waren.
Wenn die anderen EU-Mitglieder die Aussetzung der Pflichtstilllegung umsetzen, wir aber nicht mitmachen, ist das ein Wettbewerbsnachteil für unsere Landwirtschaft. Daher werbe ich für ein Gesamtpaket, bei dem die Aussetzung der Stilllegung mit sinnvollen Öko-Regelungen kombiniert wird. So gelingt es, Einkommen für die Landwirte zu sichern und gleichzeitig ambitioniert Natur und Biodiversität zu schützen.
Die neuerlichen Bauernproteste haben viele wachgerüttelt. Bereits nach der ersten großen Protestwelle 2019 wurde mit der Zukunftskommission Landwirtschaft ein Gremium einberufen, in dem sich Landwirtschaft, vor- und nachgelagerte Wirtschaftsbereiche, Wissenschaft und Umweltverbände auf eine Strategie für den Agrarsektor geeinigt haben.
Gestern hat sich die Koalition wieder mit diesen Vertretern getroffen. Was wir jetzt schnellstens voranbringen wollen, ist die Umsetzung der zusammengetragenen Erkenntnisse. Wir haben lange genug geredet; jetzt wird gehandelt.
Na, dann handeln Sie mal!)
Dazu brauchen wir Ihre Schaufensteranträge nicht!
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nächste Rednerin ist Ingrid Pahlmann für die CDU/CSU-Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU)