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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
„Das Böse obsiegt, wenn gute Menschen nichts tun. Deswegen darf man nicht untätig bleiben.“
Das sind Worte von Alexej Nawalny am Ende einer Dokumentation, die vor zwei Jahren von einem US-Sender über ihn gedreht wurde.
Vor wenigen Tagen ist dieser mutige russische Regimekritiker in einem Straflager im Norden Sibiriens ums Leben gekommen. Die Nachricht von seiner Ermordung erreichte die Welt, als sie bei der Münchner Sicherheitskonferenz zu Gast war. Das ist, meine Damen und Herren, kein Zufall gewesen, sondern die obszöne Methode des russischen Diktators Wladimir Putin, der freien Welt den Mittelfinger in dem Augenblick zu zeigen, in dem sie über Sicherheit gesprochen hat.
Meine Damen und Herren, Putin ist ein Verbrecher, ein brutaler Mensch, der sich nicht von der Stärke des Gegenübers provozieren lässt, sondern sich herausgefordert fühlt von der Schwäche des Gegenübers. Diese Mentalität, diese Denke zu ignorieren oder gar zu leugnen, ist verstörend naiv und gefährlich fahrlässig. Heute liegt Ihnen der Antrag der Regierungsparteien vor. Es war der Wunsch meiner Fraktion, zum zweiten Jahrestag einen solchen Antrag zu formulieren. Ich danke allen Beteiligten, die daran konstruktiv mitgewirkt haben.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Zuruf der Abg. Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir bekennen uns in diesem Antrag zur uneingeschränkten territorialen Integrität der Ukraine in den Grenzen von 1991. Dazu gehört, dass wir die Annexion der Krim nicht akzeptieren werden. Wir akzeptieren auch nicht, dass wir in ein imperialistisches Zeitalter zurückfallen, wo ein Land ein anderes überfällt und dessen Gebiet unter dem Deckmantel eines kruden Geschichtsverständnisses annektiert. Deswegen sind wir nicht nur der Meinung, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen muss. Wir sind der Auffassung, dass die Ukraine nach dem Krieg neben dem Wiederaufbau nicht nur Mitglied der Europäischen Union werden soll, sondern auch perspektivisch Mitglied der NATO.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Zuruf des Abg. Dr. Harald Weyel [AfD])
Meine Damen und Herren, die Ukraine braucht unsere Unterstützung, und sie bekommt sie. Wir unterstützen humanitär und wirtschaftlich. Wir unterstützen sie mit militärischem Gerät und, ja, auch mit Waffen. Unsere Bundeswehr hat allein bis heute 10 000 ukrainische Soldaten ausgebildet. Wir brauchen uns im internationalen Vergleich nicht zu verstecken, im Gegenteil. Umso tragischer ist es, dass wir seit Monaten darüber streiten, ob wir der Bitte der Ukraine nachkommen, den Marschflugkörper Taurus in Ergänzung zu allen anderen gelieferten Waffensystemen zu liefern.
Zuruf des Abg. Thomas Ehrhorn [AfD])
Ich muss das hier nicht wiederholen. Doch für einige, die es noch nicht verstanden haben: Der Taurus ist ein System, das es der Ukraine ermöglicht, auch hinter der Front zu wirken und den Nachschub Russlands zu unterbinden.
Die Tragödie dieser unendlichen Diskussion und Geschichte ist wie seinerzeit schon bei der Diskussion um die Panzer, dass Russland nicht nur einfach zuschaut. Das monatelange Gezerre haben seinerzeit die Russen genutzt, um über hundert Kilometer Gräben auszuheben und diese mit Minen zu füllen. Das ist mit ein Grund, warum die Gegenoffensive der Ukrainer nicht so erfolgreich war, wie sich alle erhofft haben. Es geht hier nämlich um Zeit. Und die Ukraine hat keine Zeit mehr.
Meine Damen und Herren, ich bedaure sehr, dass manche Kolleginnen und Kollegen nicht davon zu überzeugen waren, den Taurus dezidiert in diesem Antrag aufzuführen, also das Kind einfach mal beim Namen zu nennen. Für einige ist unsere Ausführung – und der Antrag ist wirklich gut –, dass die Ukraine in die Lage versetzt werden soll, auch „hinter den Frontlinien“ zu wirken, unmissverständlich eine Umschreibung des Taurus, für andere, wie der Regierungssprecher gestern betont hat – ich zitiere –, ist es „zwangslogisch“, dass dieses im Antrag aufgeführte Waffensystem eben nicht der Taurus sei. Mal abgesehen davon, dass das Wort „zwangslogisch“ eine interessante Kreation ist – der Duden kennt das Wort übrigens nicht –, sollten wir solche sprachlichen Nebenkriegsschauplätze bitte einstellen. Es geht nämlich nicht um uns als Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Es geht auch nicht darum, wer hier den größten Bizeps hat. Es geht auch nicht darum, wer hier stur oder beleidigt ist. Es geht auch nicht darum, ob sich hier irgendjemand genervt fühlt. Meine Damen und Herren, es geht ausschließlich um die Ukraine, die seit zwei Jahren ums Überleben kämpft. Es geht schlichtweg um Deutschland, eingebettet in unser Europa, und darum, wie wir die Zukunft gestalten wollen. Es treibt mich um, dass das Wort „Taurus“ als solches zur Auseinandersetzung führt, weil es am eigentlichen Thema vorbeigeht. Der Angriff Russlands auf die Ukraine gilt auch uns. Es wird Zeit, dass wir diese Gefahr mehr als ernst nehmen und wirklich bereit sind, Verantwortung zu übernehmen für die Menschen in diesem Land und ganz persönlich auch für unsere Kinder und Enkelkinder. Ich möchte mir nicht eines Tages vorwerfen lassen, im richtigen Augenblick nicht das Richtige getan zu haben.
Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wie wollen wir in Zukunft die transatlantische Freundschaft, die Partnerschaft zwischen den USA und uns, gestalten? Dazu brauchen wir auch eine stabile Wirtschaft; denn unsere Sicherheit hängt auch davon ab. Meine Damen und Herren, nur darum geht es, und das ist sehr viel.
Ja, ich habe mich entschlossen, dem CDU/CSU-Antrag zuzustimmen,
Zuruf von der Linken: Welch Überraschung!)
ausschließlich weil das System des Taurus unmissverständlich genannt worden ist. Und ich bin der Meinung, dass wir uns in Zukunft bei solchen Abstimmungen, wo es in der Tat um so etwas Eklatantes geht, befreien sollten vom Fraktionszwang.
Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Ich schließe mit den Worten von Wolodymyr Selenskyj, der bei der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt hat: „Bitte fragt nicht die Ukraine, wann der Krieg endet! Fragt euch, warum Putin den Krieg immer noch führen kann!“
Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die nächste Rednerin ist Gabriela Heinrich für die SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)