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Geschätzter Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Kollege Perli, ich habe zwar nur ein nordrhein-westfälisches Abitur, aber „privare“ hat sowohl die Bedeutung „berauben“ als auch die Bedeutung „befreien“.
Beifall des Abg. Maximilian Mordhorst [FDP]
Zuruf des Abg. Victor Perli [DIE LINKE])
Ich mache Ihnen das mal klar: Ob Sahra Wagenknecht Sie von Ihrem Fraktionsstatus befreit hat oder Ihres Fraktionsstatus beraubt hat, ist eine Frage der Interpretation. Deswegen wäre ich vorsichtig, bei der Frage der Privatisierung so zu argumentieren, wie Sie es tun.
Beifall bei der FDP
Zuruf der Abg. Janine Wissler [DIE LINKE])
Meine Damen und Herren, dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichtes macht eine ganze Nation in gewisser Weise zu Haushältern; denn auf einmal beschäftigen sich alle mit dem Thema Haushalt, das sonst bei den Debatten oft gar nicht so wahrgenommen wird. Sonst heißt es: Ach, die Haushälter; ja, die machen da ihr Ding usw. – Und jetzt merkt man dann doch, dass es wie zu Hause ist: Wenn es um das Geld geht, wird es wichtig, und wenn es beim Geld eng wird, wird es besonders wichtig.
Die Schuldenbremse ist durch dieses Urteil gestärkt worden. Ob uns das gefällt oder nicht, kann dahingestellt bleiben; denn im Rahmen der Gewaltenteilung muss ein Parlament eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Verfassung schlichtweg akzeptieren.
Meine Damen und Herren, warum ist aber diese Schuldenbremse so wichtig – ich gebe ausdrücklich dem Kollegen Schäfer recht –, die eben keine schwarze Null ist? Eine Schuldenbremse erlaubt vielmehr ein gewisses Maß an Verschuldung unter bestimmten Regeln und in bestimmten Ausnahmesituationen sogar eine höhere Verschuldung. Sie ist deswegen wichtig, weil sie unser aller Handlungsfähigkeit schützt, übrigens auch die von denen, die glauben, sie seien beim nächsten Mal wieder an der Regierung beteiligt. Auch sie wissen: Wenn es keine Schuldenbremse gibt, dann kann es ja sein, dass beim nächsten Mal kein Geld mehr übrig ist.
Wenn die Aussage kommt: „Nein, das ist doch alles nicht so schlimm mit zu viel Schulden“, sage ich immer wieder, wir sollten uns doch nur eines klarmachen: Hätten wir als Bund weit weniger Schulden, sagen wir mal, nur die Hälfte der Schulden seit der Existenz der Bundesrepublik Deutschland gemacht, hätten wir 20 Milliarden Euro mehr an Mitteln zur Verfügung. Und was wir mit 20 Milliarden Euro mehr hätten machen können, ist eine Diskussion, die wir jetzt innerhalb der Koalition aus diesen Gründen des Urteils eben führen.
Ins Ausland verschenken am besten!)
Deswegen: Wer Ihnen sagt, viele Schulden seien nicht schlecht, den erinnere ich noch mal daran: Vor zwei Jahren haben uns alle möglichen sogenannten Ökonomen gesagt, das mit den hohen Zinsen komme nie wieder, die Inflation komme nie wieder. – Das weiß man nicht.
Das Zweite ist: Schauen Sie sich Großbritannien an. Was ist passiert, als Großbritannien es im Jahr 2022 mit der Verschuldung übertrieben hat? Es ist herabgestuft worden, und das hat dieses Land seitdem grob 2 Milliarden Euro im Jahr gekostet – einfach nur deswegen, weil man bei der Verschuldung nicht aufgepasst hat.
Aber diese Koalition, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, macht es sich nicht leicht bei dem Thema. Es sind drei unterschiedliche Parteien mit drei unterschiedlichen Ansätzen. Wir werden gemeinsam eine Lösung finden und auch wie bisher im Haushaltsverfahren konkrete Vorschläge machen. Ich fand es sehr gut, dass der Kollege Mattfeldt gesagt hat, dass auch seitens der CDU/CSU dann noch konkrete Vorschläge kommen würden. Alles andere kann ich mir auch gar nicht vorstellen.
Die Generationengerechtigkeit spielt bei der Schuldenbremse auch noch eine Rolle. Im Endeffekt geht es um die Frage, ob wir den Vertrag einhalten. Es geht um die Frage, wie viel Freiheit wir nachfolgenden Generationen noch geben. Dabei geht es einerseits um die Höhe der Verschuldung, andererseits sicherlich aber auch um die Investitionen und sicherlich auch um Nachhaltigkeit.
Schließlich will ich noch mit der Mär aufräumen, dass die Schuldenbremse ein Investitionshindernis sei. Wer behauptet, die Schuldenbremse wäre ein Investitionshindernis, behauptet, dass dieses Parlament nicht in der Lage sei, Prioritäten zu setzen. Das ist das, was die Schuldenbremse von uns fordert.
Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Wolfgang Wiehle [AfD])
Ich glaube, dass es ganz einfach ist, zu sagen: Alle sind für Investitionen, die nachhaltig sind, soziale Sicherheit geben und die nicht auf Pump finanziert sind. Das ist ganz klar. Die Frage ist aber dann: Auf was kann ich, auf was soll ich und auf was muss ich verzichten? Sich diese Frage zu stellen, ist Ausdruck der Verantwortung, die man gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern hat, und das ist das, wozu uns die Schuldenbremse schließlich dann auch zwingt.
Ich will noch einen letzten Hinweis zur Psychologie geben. Wir sind als Menschen davon geprägt, dass derjenige, den wir bitten, etwas für uns zu tun, und der dann Ja sagt, immer erst einmal beliebter ist als derjenige, der sagt: „Das können wir uns nicht leisten“, oder: Wir haben andere Prioritäten. – Das müssen wir uns klarmachen, und wir müssen uns auch bewusst sein, dass der Wähler entsprechend entscheidet.
Ich komme zum Schluss. Es ist, um Shakespeare zu bemühen, die Schuldenbremse ein Verbot des „Wie es euch gefällt“. Das können wir aufgrund der Schuldenbremse nicht machen. Was da im Detail – der Kollege Schäfer hat es gesagt – die richtige Lösung ist, darüber werden wir immer wieder streiten. Aber erst einmal gilt die Verfassung. Ich schließe mit dem Zitat eines Schotten, der sehr, sehr schön zum Thema Sparsamkeit gesagt hat: „Die Sparsamkeit ist die Tochter der Vorsicht, die Schwester der Mäßigung und die Mutter der Freiheit.“
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Fricke. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Wiebke Papenbrock, SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)