- Bundestagsanalysen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag berät heute das Gesetz zu dem Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation, der ILO, vom 21. Juni 2001 über den Arbeitsschutz in der Landwirtschaft. Die Koalitionsfraktionen haben den Auftrag zur Ratifikation dieses Übereinkommens Nr. 184 ausdrücklich in den Koalitionsvertrag aufgenommen, und ich finde, das haben sie aus einem guten Grund getan.
Wir müssen den Arbeitsschutz sowohl auf der nationalen als auch auf der internationalen Ebene stärken und fördern. Nicht zuletzt die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig effektiver Arbeits- und Gesundheitsschutz in der Arbeitswelt für das Leben und die Gesundheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist, auch in landwirtschaftlichen Betrieben, um die es hier geht. Arbeitsschutz hat – das kann man sagen – sogar das Arbeiten während der Pandemie erst möglich gemacht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die ILO schätzt die Anzahl derjenigen, die jedes Jahr durch Arbeitsunfälle oder arbeitsbedingte Krankheiten zu Tode kommen, auf rund 2,2 Millionen Menschen weltweit. Das ist wirklich sehr viel. Zudem verletzen sich bzw. erkranken jährlich 270 Millionen Menschen im Arbeitskontext. Viele dieser Unfälle wären durch einfache Sicherheits- und Präventionsmaßnahmen vermeidbar, und deshalb müssen wir diese Maßnahmen stärken.
Aufgrund dieser Zahlen und eindringlich verstärkt durch den Eindruck der Pandemie hat die ILO im Jahr 2022 den Arbeitsschutz und die Arbeitssicherheit zu einem weiteren prioritären Handlungsfeld und zu ihrem fünften Grundprinzip erklärt. Die zentralen ILO-Übereinkommen zum Arbeitsschutz treten damit gleichrangig neben die bestehenden Kernarbeitsnormen: die Vereinigungsfreiheit, die Beseitigung von Zwangsarbeit und Kinderarbeit und das Diskriminierungsverbot in der Beschäftigung.
Das war ein bedeutender Schritt; denn den Arbeitsschutz in den Rang einer Kernarbeitsnorm zu heben, hat weitreichende Auswirkungen im internationalen Normensystem. Kernarbeitsnormen zählen nämlich völkerrechtlich zu den Menschenrechtsnormen und gelten verbindlich für alle 187 Mitgliedstaaten der ILO, unabhängig von deren Ratifikation. Durch die Aufnahme des Arbeitsschutzes in den Menschenrechtskanon der Vereinten Nationen hat die ILO auch den branchenspezifischen Übereinkommen über den Arbeitsschutz, wie eben hier dem Übereinkommen 184 zur Landwirtschaft, ein besonderes Gewicht verliehen.
Das ILO-Übereinkommen 184 ist das erste internationale Instrument, das umfassende Mindeststandards zum Sicherheits- und zum Arbeitsschutz in der Landwirtschaft festlegt. Worum geht es in dem Übereinkommen konkret? Es trifft neben Präventiv- und Schutzmaßnahmen auch Regelungen zur Arbeitszeit, zur Einrichtung eines Systems der sozialen Sicherheit für den Fall von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie zu Mindestanforderungen an Unterkünfte für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Landwirtschaft. Vulnerable Personengruppen wie Zeit- und Saisonarbeitskräfte, junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei gefährlicher Arbeit in der Landwirtschaft sowie Arbeitnehmerinnen im Mutterschutz werden explizit geschützt.
Die gute Nachricht ist: In Deutschland werden die Anforderungen des Übereinkommens durch geltendes Arbeitsschutzrecht in vollem Umfang umgesetzt. Für die Ratifikation sind also keine gesetzlichen Anpassungen mehr erforderlich. Aber mit dieser Ratifikation setzen wir vor allem ein wichtiges Signal zur Stärkung internationaler Arbeits- und Sozialstandards und damit menschenwürdiger Arbeit weltweit.
Beifall bei der SPD)
Meine Damen und Herren, internationale Arbeits- und Sozialstandards sind nichts weniger als die Grundfesten einer menschenwürdigen Globalisierung. Es wird immer wichtiger, diese Grundpfeiler zu verteidigen und zu stärken und keinen Zweifel daran zu lassen, dass international vereinbarte Normen nicht zur Disposition stehen.
Liebe Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich auf die Beratung und auch auf die – hoffentlich – heutige Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
Vielen Dank.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort hat Dr. Ottilie Klein für die CDU/CSU-Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU)