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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister Buschmann! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
„… im Bewusstsein, dass alle Völker durch gemeinsame Bande verbunden sind …
bekräftigend, dass die schwersten Verbrechen, welche die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren, nicht unbestraft bleiben dürfen …
entschlossen, der Straflosigkeit der Täter ein Ende zu setzen …“
Das sind alles Zitate aus dem Römischen Statut zur Errichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs aus dem Jahre 1998.
Deutschland hat die erforderliche nationale Rechtsetzung 2002 mit dem Völkerstrafgesetzbuch vollzogen und zugleich – das hat eine Vorrednerin bereits gesagt – die Zuständigkeit deutscher Strafgerichte auch für schwerste Verbrechen, die im Ausland von Ausländern begangen werden, begründet.
20 Jahre Völkerstrafrecht liegen hinter uns, 20 Jahre, in denen insbesondere in den letzten Jahren ein Verfahren vor dem OLG München gegen eine IS-Rückkehrerin und ein Verfahren vor dem OLG Koblenz gegen zwei ehemalige syrische Geheimdienstmitarbeiter – die Verfahren wurden erwähnt – das Völkerstrafrecht in das öffentliche Bewusstsein gerückt haben. Der Ausgang beider Verfahren und die sorgfältige Aufarbeitung der Geschehnisse durch die deutschen Gerichte verhalfen der deutschen Justiz zu einem hohen internationalen Ansehen, 75 Jahre nach dem dritten Nürnberger Prozess gegen die verbrecherischen Sondergerichte, mit denen sich deutsche Juristen an den Völkermorden des Zweiten Weltkriegs beteiligt haben. Dennoch muss es uns nachdenklich stimmen, dass die Geschichte des Völkerstrafrechts zugleich auch immer die Geschichte der größten Niederlagen des Völkerrechts ist. Dessen Einhaltung muss oberste Priorität haben – Prävention vor Repression.
Heute legt uns die Bundesregierung eine Fortentwicklung des Völkerstrafrechts und des Strafgesetzbuchs vor. Gegen die beabsichtigten Ergänzungen und Ausweitungen der einzelnen Straftatbestände – das klang bereits an – hat die Union keine Einwände.
Kritisch betrachten wir jedoch beabsichtigte Verfahrensänderungen; denn das materielle Strafrecht kann eben nur dann wirken, wenn es im praktischen Verfahren auch eine Umsetzung erfährt. Da wäre zum einen die von meinem Kollegen Jung bereits erwähnte Nebenklagebefugnis, die eine nahezu uferlose Ausdehnung erfahren könnte, und dann sind Verfahren nicht mehr zu händeln. Das bedeutet auch eine weitere Belastung der heute schon überlasteten Justiz, zumal völkerstrafrechtliche Verfahren heute schon von erheblicher Dauer sind. Erinnert sei an dieser Stelle noch mal an den Pakt für den Rechtsstaat.
Da wäre zum anderen die Neufassung des § 169 GVG, sprich: die audiovisuelle Aufzeichnung der Hauptverhandlung. Man verspricht sich eine wissenschaftliche Aufarbeitung, eine bessere Breitenwirkung. Tatsache ist aber, dass Zeugen, die unter dem Belastungsdruck einer Zeugenaussage stehen, nun zusätzlich die Belastung einer audiovisuellen Aufzeichnung ihrer Aussage zu tragen haben. Und diese Aufzeichnung kann leicht in falsche Hände geraten. Wir erleben das gerade anhand der Einflussnahme des syrischen Geheimdienstes in einem Prozess gegen einen mutmaßlichen Folterarzt am OLG Frankfurt.
Alles in allem will ich dazu sagen: Der Opferschutz muss Vorrang haben. Der Opferschutz ist auch im Sinne einer Sachverhaltsaufklärung notwendig; sonst wird diese gefährdet. Diesen kritischen Punkten sollten wir bei der weiteren Beratung im Rechtsausschuss unsere Aufmerksamkeit schenken.
Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat Robin Wagener für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)