- Bundestagsanalysen
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In keiner Region Deutschlands haben die Menschen in den vergangenen 30 Jahren so viele strukturelle Veränderungen, so viele grundlegende Neuerungen durchlebt wie wir in unserem Teil der Republik, in Ostdeutschland. Wir Ostdeutschen sind gestärkt, was Changemanagement angeht. Das ist unser eigentliches Alleinstellungsmerkmal, und das meine ich jetzt nicht nur augenzwinkernd, sondern ich möchte noch darauf hinweisen, dass es gerade in meiner Generation viele unterbrochene Bildungswege, zerbrochene Lebensentwürfe und den Verlust von sozialer und gesellschaftlicher Identität gibt.
Aber wir haben auch gelernt, dass mit diesen Veränderungen neue Chancen entstanden sind und dass man die auch durchaus nutzen konnte. Nur wer die nötigen Fähigkeiten hatte, konnte seine Ideen umsetzen und bestehen. Jetzt komme ich auf das Thema, das mich wirklich bewegt: Das zeigt wieder mal, wie wichtig Bildung ist. Das ist einer der Kernpunkte, glaube ich, die wir auch jetzt wieder ganz deutlich brauchen.
Wenn wir über Industriepolitik sprechen, dann muss uns klar sein, dass wir nicht in Kirchturmpolitik denken, sondern dass wir den nötigen Weitblick brauchen – Weitblick, um globalen Fragen wie der Ressourcenknappheit, der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft, aber auch dem demografischen Wandel gerecht zu werden. Diese Herausforderungen erfordern eine hohe Veränderungs- und Anpassungsbereitschaft von Industrie und Gesellschaft insgesamt.
Die Bundesrepublik hat im Oktober dieses Jahres eine Industriestrategie beschlossen, und wir sind in der Umsetzung. Wie Transformation und Veränderung in Ostdeutschland gelingen kann, zeigen zwei Impulse aus meinem Bundesland, die die Bundesregierung auf den Weg gebracht hat: einmal den Strategiewechsel bei der PCK Raffinerie Schwedt von fossilen Kraftstoffen hin zur Produktion von Wasserstoff und E-Fuels und natürlich der bedeutsame Strukturwandel in der Lausitz mit seiner Strahlkraft auf andere Transformationsprojekte.
Anhand dieser Beispiele wird deutlich, welche Chancen sich aus einem Einzelprojekt für die gesamte Region entwickeln können. Wenn alle Akteure sich der Herausforderungen bewusst sind, sich nicht vor Veränderungen scheuen und die Chance auf Sicherung der Arbeitsplätze bzw. deren Zunahme aufgreifen, kann es funktionieren.
Bei all diesen Vorhaben, die durch die Bundesregierung ermöglicht werden, geht es nicht immer nur um finanzielle Förderung; das will ich sehr deutlich sagen. Alle Regionen kämpfen mit einem Mangel an Fachkräften, der ein enormes Hemmnis für die wirtschaftliche Weiterentwicklung bedeutet und das Potenzial der Regionen schmälert.
Beifall bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Die Bundesregierung hat diese Bedeutung der Fachkräftesicherung erkannt und mehrere Projekte auf den Weg gebracht. Ich spreche von der Modernisierung und der Digitalisierung von Großprojekten in Bildung und Forschung in Deutschland. Da geht es nicht um eine einzelne Chipfabrik, sondern um 80 Millionen Denkfabriken im Kopf, die aus- und weitergebildet, umgeschult und zum Teil neu qualifiziert werden müssen.
Aber es geht auch um gezielte Nutzbarmachung von technologischen und sozialen Innovationen, die immer stärker die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft beeinflussen.
Ich will mal zwei Wege nennen, die durch unser Bundesministerium für Bildung und Forschung auf den Weg gebracht werden. Die Bundesagentur für Sprunginnovationen fördert gute Ideen und Technologien, die das Zeug haben, unser Leben zu verändern, im großen Stil Wirtschaft zu befördern und auch im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation hat Hochschulen, Fachhochschulen und sonstige Forschungseinrichtungen im Blick, die täglich neues Wissen erforschen. Wir wollen diese Erkenntnisse durch einen Technologietransfer in die wirtschaftliche Anwendung bringen, um in der Fläche neue Wertschöpfungsketten aufzubauen,
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
aber auch, um neue Arbeitsplätze zu schaffen und um den Standortfaktor Bildung, Wissen und deren Transfer in die Wirtschaft zu stärken.
Neben den klassischen Standortfaktoren für die Wirtschaft gilt es aber auch, Standortfaktoren für die Menschen weiterzuentwickeln. Fühlen sich Fachkräfte nicht wohl, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie von ausländischen Unternehmen abgeworben werden. Derzeit sprechen wir von über 200 000 hochqualifizierten Deutschen, die im Ausland arbeiten und sich dort wesentlich wohler fühlen als in Deutschland. Warum ist das so? Sind wir ernsthaft daran interessiert, dieses Potenzial zu heben, müssen wir in unserem Land eine echte Wohlfühl- und Willkommenskultur für alle Fachkräfte etablieren. Wir haben es mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz geschafft, endlich ein modernes Einwanderungsrecht zu etablieren, um in Zukunft mit anderen Ländern um die besten Köpfe konkurrieren zu können.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Carlos Kasper [SPD])
Die Willkommenskultur wird aber nicht nur durch Gesetze zum Ausdruck gebracht, sondern hat auch eine gesellschaftliche Dimension.
Herr Kollege.
Hier müssen wir noch besser werden. Glauben Sie mir, in unserem Land machen die Menschen die Wirtschaft und sorgen für Innovationskraft.
Herr Kollege Boginski.
Sorgen wir also dafür, dass sich die Menschen hier – in Ostdeutschland, aber auch in Gesamtdeutschland – wohlfühlen.
Herzlichen Dank.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für den Bundesrat erteile ich das Wort dem Kollegen Sven Schulze.
Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Frank Müller-Rosentritt [FDP])