Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich mich dem Dank für den Antrag anschließen, Herr Görke; Sie haben ihn ja jetzt einmal in wirklich sympathischer Art und Weise und einmal so ein bisschen vergiftet erlebt. Was ich aber auf jeden Fall sagen kann: Ich bin Ihnen sogar inhaltlich häufig nahe gewesen. Es war nicht nur so, dass ich mich über die Debatten gefreut habe, sondern auch über die inhaltlichen Impulse. Ich würde mich freuen, wenn wir in Zukunft so fortfahren können.
Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Die brauchen noch Leute!
Er kann schon mit in die Gruppe wechseln!)
Ich bedanke mich auch für den Antrag, weil es im Rahmen der aktuellen Diskussion über die Finanzierung der öffentlichen Haushalte wichtig ist, sich auch über solche Dinge Gedanken zu machen, über die Erbschaftsteuer, über die hohe Vermögensungleichheit in Deutschland. Deswegen möchte ich zu Beginn meiner Rede zunächst einmal ein paar Zahlen aufwerfen, die zeigen, wie es um die Konzentration von Vermögen in Deutschland bestellt ist.
Oh, jetzt kommt die Neiddebatte!)
Die Konzentration von Vermögen ist in Deutschland mittlerweile so hoch wie in kaum einem anderen Land auf der Welt. Unter allen OECD-Ländern sind wir mittlerweile auf Platz drei, mit einer starken Entwicklung nach oben. Während das reichste Prozent der Bevölkerung über 30 Prozent des gesamten Nettovermögens auf sich verbuchen kann,
Ja, bei Ihrer Steuerpolitik!)
besitzt die untere Bevölkerungshälfte – das sind über 40 Millionen Menschen – keine 3 Prozent des Gesamtvermögens.
Hört! Hört!
Das ist Ihre gescheiterte Vermögenspolitik! Ihre Umverteilungsorgien!)
Mittlerweile wurde in Deutschland sogar mehr als die Hälfte des Vermögens nicht mehr erwirtschaftet, sondern auf dem Wege von Erbschaften und Schenkungen erworben. Die Tendenz ist steigend. Derzeit erhalten die reichsten 10 Prozent der Gesellschaft die Hälfte aller Erbschaften und Schenkungen, während die ärmere Hälfte fast gar keine Erbschaften erhält oder sogar Schulden erbt.
Jährlich werden bis zu 400 Milliarden Euro in Deutschland vererbt oder verschenkt. Das sind etwa 10 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsproduktes. Und obwohl die Steuersätze bis zu 50 Prozent erreichen, liegt der durchschnittliche effektive Steuersatz auf das gesamte weitergereichte Vermögen bei gerade einmal 2 bis 3 Prozent, bei Vermögen von über 20 Millionen Euro sogar bei einem Steuersatz von weniger als 1 Prozent. Frankreich und Belgien zum Beispiel erheben, gemessen am BIP, eine mehr als doppelt so hohe Erbschaft-, Nachlass- und Schenkungsteuer als Deutschland.
In Deutschland macht die Erbschaft- und Schenkungsteuer circa 3 Prozent der Steuereinnahmen aus, 27 Prozent dagegen die Besteuerung von Arbeit. In der OECD ist es genau andersherum: Da ist im Schnitt die Besteuerung von Besitz doppelt so hoch, während Arbeit signifikant geringer besteuert wird. Deshalb betragen die Einnahmen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer im Jahr 2022 auch nur rund 11,4 Milliarden Euro. Ich kann Ihnen sagen: Selbst Raucherinnen und Raucher tragen mit der Tabaksteuer zu höheren Einnahmen bei: 14 Milliarden Euro fließen durch diese in den Staatshaushalt. Ich finde, das ist eine Ungleichheit, die hier auch mal erwähnt werden kann.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Die armen Raucher!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ein großes Problem, wenn in den aktuellen Krisen diese Ungerechtigkeit und diese erhebliche Konzentration von Wohlstand und Chancen auf sehr wenige Menschen keine Beachtung und vor allem keine politischen Antworten eines großen Teils der politischen Mitte finden, sondern immer und immer wieder nur auf die Schwächsten in unserer Gesellschaft geschaut wird, auf Arbeitslose, auf Geflüchtete und in den letzten Tagen immer stärker auch auf Rentnerinnen und Rentner. So kann und darf ein sozialer und solidarischer Staat nicht agieren.
Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Jedes Mal, wenn Sie von der Union sagen – wie die Vorsitzende des CDU-Wirtschaftsrates Hamker vorgestern oder der Kollege Ploß in einem unwürdigen Kommentar gestern –, dass man nun endlich an den Sozialstaat rangehen müsse oder Sozialgeschenke zurückgenommen werden müssten, kritisieren Sie ja auch die gute gemeinsame Regierungspolitik der Großen Koalition. Denn unter Kanzlerin Merkel haben wir gemeinsam viele Verbesserungen und den Ausbau unserer sozialen Infrastruktur auf den Weg gebracht. Was aber noch viel schlimmer ist: Jedes Mal, wenn Sie in dieser Situation Finanzmittel nur und ausschließlich bei den Ärmsten unserer Gesellschaft suchen, bei den Menschen, bei denen eben jeder Cent zählt, und nicht nach oben schauen, weil Sie reiche Erben und Familiendynastien mit den höchsten Vermögen schützen wollen, legen Sie die Axt an den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und damit an unsere Demokratie.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Anke Domscheit-Berg [DIE LINKE])
Es geht sogar noch weiter: Während die FDP gestern im Finanzausschuss und auch heute am Pult wenigstens sagte, dass sie zwar keine progressive Reform der Erbschaftsteuer unterstützt, aber die Erbschaftsteuer in ihrer bisherigen Form grundsätzlich behalten und weiterentwickeln will, schlägt der Unionskollege von Stetten, der eben hier am Pult war, zumindest im Finanzausschuss vor, die Erbschaftsteuer komplett zu streichen.
Ja, da hat er recht!)
Schließlich wären dann ja auch die Privilegien für Reiche nicht mehr auf dem unangenehmen ersten Platz im Subventionsbericht der Bundesregierung.
Das zeigt wieder einmal eindrucksvoll, welche Gruppen in Ihrem politischen Programm Priorität haben. Es soll auch jeder klar und deutlich wissen: Es ist nicht die arbeitende Mitte, in der nämlich kaum jemand signifikant über die bestehenden Freibeträge hinaus erbt. Es sind auch nicht die Rentnerinnen und Rentner, deren Renten Sie jetzt kürzen wollen. Es ist übrigens auch nicht die Familie mit Kindern, an deren Kindergrundsicherung Sie ja ebenfalls ranwollen.
Lassen Sie es uns offen aussprechen: Es sind diejenigen, denen es eh schon am besten geht, frei nach dem Motto: Wer schon hat, dem wird gegeben. Sie haben sich unter Führung Ihres Partei- und Fraktionsvorsitzenden seit der letzten Bundestagswahl und seit dem damit verbundenen Ende der Merkel-Ära konzeptionell, moralisch und intellektuell zurückentwickelt.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Hey, hey, hey!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, das Bundesverfassungsgericht ist ja dieser Tage in Ihren Reden zum vermeintlichen Kronzeugen Ihrer Fiskalpolitik geworden.
Zum Kronzeugen Ihres Verfassungsbruchs!)
Vielleicht haben es einige von Ihnen ja schon vergessen, aber dieses Bundesverfassungsgericht hat 2014 in einem wichtigen Verfahren geurteilt, dass die Erbschaftsteuer ein Instrument des Sozialstaates ist, um zu verhindern, dass – Zitat – „… Reichtum in der Folge der Generationen in den Händen weniger kumuliert und allein aufgrund von Herkunft oder persönlicher Verbundenheit unverhältnismäßig anwächst.“
Zuruf des Abg. Jörn König [AfD])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Szenario ist längst eingetreten, und deshalb müssen wir endlich handeln. Wir müssen ran an die vielen, vielen Ausnahmen und Gestaltungsinstrumente,
Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
die Verschonungsbedarfsprüfung für die Weitergabe besonders hoher Betriebsvermögen, an Schenkungsfristen, Ausnahmen für Stiftungen und Family Offices. Das sind die Themen, die endlich auf den Tisch müssen und im Rahmen einer Reform zugunsten besserer Tilgungs- und Stundungsmöglichkeiten sowie Beteiligungsoptionen ersetzt werden müssen.
Wir werden heute dem Antrag der Linken dennoch nicht zustimmen. Zum einen ist er zu weitgehend. Wir wollen weiterhin Möglichkeiten eröffnen, um die Unternehmensnachfolge für kleine und mittlere Unternehmen zu sichern.
Beifall der Abg. Michael Schrodi [SPD] und Maximilian Mordhorst [FDP])
Zum anderen haben wir hierzu bislang auch keine Einigung in der Koalition erreichen können.
Das glaube ich!)
Das gehört zur Wahrheit dazu,
Das glaube ich auch! Das wird auch hoffentlich keine Einigung werden!)
hindert uns aber nicht daran, weiter für mehr Gerechtigkeit und Solidarität zu kämpfen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN
Wie viele braucht Die Linke von euch, damit sie sich nicht auflösen muss? Die können ja rübergehen!
Wir machen es andersrum!)
Das Wort hat der Abgeordnete Kay Gottschalk für die AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD)