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Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben es mit diesem Antrag und in dieser Debatte einmal mehr: Die legendäre, zumindest selbstzugeschriebene Wirtschaftskompetenz der Union besteht im Wesentlichen aus zwei Faktoren: zum einen große Entrüstung und zum anderen Phrasen zum Thema Bürokratieabbau.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das ist schön; das erleben wir hier regelmäßig.
Ich würde mir mehr ein paar konkretere Vorschläge wünschen; denn in der Zeit, in der sich hier wieder entrüstet wird – manchmal sogar wider besseres Wissen, also künstlich –, kann die Ampel konkrete Projekte und Erfolge vorweisen.
Wir haben das Wachstumschancengesetz auf den Weg gebracht,
Das hat es nicht durch den Bundesrat geschafft! Das ist Ihnen aufgefallen?)
und das Bürokratieentlastungsgesetz IV – das wissen Sie ganz genau – ist auf dem Weg. Und wenn beides so beschlossen wird, reduzieren wir die Bürokratiekosten für die Wirtschaft um 2,3 Milliarden Euro. Das ist mit Abstand das größte einzelne Entlastungspaket zur Bürokratiereduktion, das es jemals gab.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich gönne Ihnen ja billige Schlagzeilen. So sagen Sie immer: Noch nie ist die Bürokratie so angestiegen wie unter der Ampel. – Ja, das sagt der Normenkontrollrat.
Zuruf des Abg. Michael Donth [CDU/CSU])
Weil wir die Coronamaßnahmen hatten, weil wir die Strom- und Gaspreisbremsen haben, weil es eine ganze Reihe von Maßnahmen gab, die umgesetzt und abgewickelt werden mussten.
Das Heizungsgesetz ist das Problem!)
Denen haben Sie teilweise zugestimmt. Machen Sie billige Punkte, wenn Sie meinen. Aber das qualifiziert Sie nicht für Regierungsverantwortung, sondern eher für die „Bild“-Zeitung.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP und der Abg. Dr. Ingrid Nestle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es bleibt eine Binsenweisheit – wir haben das mit Sachverständigen im Wirtschaftsausschuss bei einem vergleichbaren Antrag auch schon diskutiert –, dass man nicht einfach „Bürokratieabbau“ schreien kann, und wenn dann geschnipst wird, auf einmal alles besser wird. Es ist eigentlich selbsterklärend – so viel Differenzierung in der Debatte muss sein –, dass wir unterschiedliche politische Ebenen haben, die ineinandergreifen müssen. Alleine 57 Prozent der Regelungen betreffen die Umsetzung von EU-Verordnungen; da können wir im Detail noch nicht mal viel machen. Dementsprechend ist es gut und richtig, dass der Bundeskanzler gemeinsam mit Frankreich einen Vorstoß unternommen hat und es gemeinsame Runden mit den Bundesländern und den Kommunen gibt, damit wir hier schnell Fortschritte machen – und das tun wir.
Was mich bei dieser ganzen Debatte noch viel mehr stört: Hier wird immer so getan, als wenn Bürokratieabbau – und ja, Bürokratie nervt mich auch; ich bin regelmäßig in Unternehmen und IHKs unterwegs, und das kommt natürlich oft – der große Heilsbringer sei und ein Konjunkturprogramm aus sich selber heraus wäre. Aber das ist falsch. Ich kann – mit Erlaubnis der Präsidentin – den Wirtschaftsweisen Achim Truger zitieren:
Den haben wir die letzten Wochen öfter gehört!)
„Bürokratieabbau ist absolut wichtig, aber damit löst man weder einen Riesen-Investitionsschub aus noch kann man damit eine Rezession verhindern.“
Dementsprechend brauchen wir für mehr Wirtschaftswachstum einen Zweischritt. Ja, wir müssen die Situation von Unternehmen womöglich verbessern – selbstverständlich – und Verfahren entschlacken. Wir müssen auf der anderen Seite aber auch investieren. Und da wird es bei der Union ganz dünn. Sie stellen sich immer stumm, wenn Sie sagen sollen, wo das Geld herkommen soll, und sind auch zu keinen Kompromissen bereit.
Dementsprechend – und da wäre es schön, wenn Sie sich mal ehrlich machen würden – kann man auf eine sehr sehenswerte Sendung, das „Duell des Tages“ auf WELT, verweisen, bei der Ihre Kollegin Jana Schimke im Duell mit dem neuen Bundesvorsitzenden der Jusos gefragt wurde,
wo denn jetzt bitte die fehlenden Milliarden im Haushalt eigentlich herkommen sollen, die Sie ja quasi so bejubeln.
Ist doch euer Problem! Ihr seid doch in der Regierung!
Wir bejubeln gar nichts!)
Da wurde im Zweifel immer nur auf Sozialabbau verwiesen. Daraufhin hat Philipp Türmer dargelegt, dass sogar das von Ihnen als Sozialabbau Vorgeschlagene von der Summe her gar nicht reichen würde. Daran hat man auch wieder gesehen, wie seriös der von Ihnen gewünschte Kahlschlag ist
Aber wir müssen Ihre Arbeit jetzt nicht komplett übernehmen, oder? Machen Sie doch mal Vorschläge! Das ist die Aufgabe einer Regierungskoalition!)
und dass noch nicht mal der – wir lehnen den selbstverständlich ab – die nötigen Finanzen frei machen würde. Das reicht nicht aus, und das ist auch wirklich zu wenig für eine seriöse Debatte.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Dementsprechend sollten wir die Zeichen der Zeit erkennen und auch auf international renommierte Experten hören. Zum Beispiel hat der dänische Ökonom Kirkegaard diese Woche im „Spiegel“ gesagt – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –: „Die Schuldenbremse ist eine makroökonomische Verrücktheit.“
Beifall der Abg. Leni Breymaier [SPD]
Alle Linken der Welt vereint!
Ja, klar, das sagen die immer! Das ist mir schon klar!
Zuruf der Abg. Janine Wissler [DIE LINKE])
Und ich kann mich auch meinem Fraktionsvorsitzenden voll anschließen, der am Dienstag an dieser Stelle gesagt hat: Auch das ist Aufgabe der Politik: nicht wegducken und auf die alte Zeit verweisen, sondern neuen Herausforderungen mit neuem Blick begegnen und Lösungen finden. – Dem habe ich nichts hinzuzufügen.
Dieses Land hat es verdient, dass in seine Zukunft investiert wird.
Aber das Land hat euch nicht verdient!)
Ihr Antrag hilft uns nicht weiter. Deswegen werden wir der Empfehlung des Wirtschaftsausschusses folgen und ihn ablehnen.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Als Nächster hat das Wort für die AfD-Fraktion Leif-Erik Holm.
Beifall bei der AfD)