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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir heute die Möglichkeit haben, über die Digitalisierung in unserem Land und darüber zu sprechen, was es noch alles zu tun gibt.
Zuruf von der SPD: Sehr gut!
Zuruf der Abg. Nadine Schön [CDU/CSU])
Da haben Sie übrigens recht, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union: Das ist eine Menge. Das ist aber nicht erst seit zwei Jahren eine Menge, sondern wir räumen auf, was 16 Jahre lang verschlafen wurde,
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP
Wo wart ihr da eigentlich?)
und das machen wir trotz Krieg in Europa, trotz anhaltender Krisen; denn das erwarten die Menschen in unserem Land, und das verdienen sie auch.
Aber tauchen wir mal ein. Sie haben in Ihrem Antrag den Bitkom-Monitor erwähnt. Dort werden insgesamt 334 Digitalisierungsvorhaben der Bundesregierung aufgeführt. Wenn man diese Vorhaben auf die Ressorts aufteilt, sieht man, dass 274 von den 334 Digitalvorhaben in Häusern liegen, die in den letzten Legislaturen von Ministerinnen und Ministern der CDU/CSU geführt wurden.
Das sind ganz viele Projekte, die schlicht liegen geblieben sind. Hier unserer Ampelregierung vorzuhalten, sie würde sich auf den Errungenschaften der Vorgängerregierung ausruhen? „Weiß ich nicht Digger, weiß ich nicht“, um es mit einem Zitat zu sagen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Von den Digitalvorhaben der Regierung sind laut Bitkom 43 abgeschlossen, aber auch 231 angefangen. Für zwei Jahre kann sich das durchaus sehen lassen. Bei den verbliebenen 60 Projekten – den Punkt gebe ich Ihnen auch – müssen wir Tempo reinbringen. Dazu sind wir als Ampelkoalition selbstverständlich bereit.
Zuruf der Abg. Nadine Schön [CDU/CSU])
Nun zu den Inhalten des Antrags. Ich will zwei Punkte hervorheben.
Erstens. Wer Digitalisierung zur Chefsache erklären will, hat Digitalisierung nicht verstanden. Mal abgesehen davon, dass wir trotz Staatsministerin in der letzten Legislatur keine flächendeckenden Flugtaxen haben:
Heiterkeit bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP
Stimmt, wo sind die eigentlich?)
Digitalisierung ist nichts, was man von oben vorschreiben kann. Sie passiert in jedem Ressort, in jedem Ministerium und natürlich über alle Ministerien hinweg. Niemand, auch nicht unser Bundeskanzler Olaf Scholz, kann Digitalisierung alleine vorantreiben; denn wenn man das zentral von oben macht, bedeutet es viel zu oft, dass man an den Bedarfen der Nutzer/-innen und somit der Bürger/-innen und der Verwaltung vorbei entwickelt.
Ich erinnere an dieser Stelle an die ersten Bemühungen, digital BAföG zu beantragen. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit für das Onlineformular war länger als das automatische Zurücksetzen des Formulars. Wer sein BAföG nicht im Speedrun beantragt hat, hatte keine Chance.
Aber Sie wissen schon, wie lange es dauert, heute einen BAföG-Bescheid zu bekommen?)
Dass man Digitalisierung nicht von oben zentral vorgeben kann, hatte übrigens auch die Industrie schon vor langer Zeit erkannt und den sogenannten Wasserfallansatz durch agile Methoden wie Scrum ersetzt. Digitalisierung lebt von Zusammenarbeit, Austausch, kleinen Teams, die sich Problemen widmen, mit denen sie sich auskennen, und natürlich von kurzen Wegen über Ressortgrenzen hinweg.
Und deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, zweiter Punkt: Geteilte Federführungen schaden nicht automatisch der Digitalisierung. Digitalisierung ist nichts Eindimensionales; sie durchdringt alle Bereiche des Lebens. Deswegen müssen Ministerien in Fragen der Digitalisierung immer über Ressortgrenzen hinweg miteinander arbeiten.
Was bringt uns ein AI Act, der nur wirtschaftliche Interessen im Blick hat, wenn wir am Ende Systeme schaffen, die unserer Demokratie schaden? Was bringt ein Dateninstitut, das seine Projekte nur aus einem einzigen Ministerium bezieht? Was bringt ein Zentrum für Digitale Souveränität, das einen digitalen souveränen Arbeitsplatz nur für ein einziges Ministerium entwickelt?
Digitalisierung an sich mag schneller gehen, wenn wir sie zur Chefsache erklären und jedes Ressort weiter in seinem eigenen Silo digitalisieren lassen. Sie wird dadurch aber definitiv nicht besser.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir brauchen keine Silos, wir brauchen Vernetzung. Wir brauchen offene Standards, offene Daten, offenen Code.
Digitalisierung zieht ihre Schlagkraft, ihre Effizienzgewinne, ihre Macht aus der Vernetzung von Individuen und von Organisationen. Digitalisierung ist nicht damit erledigt, Hardware bereitzustellen, Software draufzuladen und nie wieder anzufassen. Digitalisierung heißt gemeinsam lernen, heißt um Rat fragen, gemeinsam Fehler machen und Fehler teilen, vor allem aber auch gemeinsam aus eigenen und den Fehlern anderer zu lernen. Digitalisierung bedeutet nichts anderes, als auf Basis von Technik schneller gemeinsam voranzukommen, und das schaffen wir nicht mit Silos. Das schaffen wir nur zusammen.
Von 334 Vorhaben sind über 80 Prozent angefangen oder abgeschlossen. Lassen Sie uns das aufräumen, und lassen Sie uns das gerne gemeinsam tun.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die nächste Rednerin ist Barbara Benkstein für die AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD)