- Bundestagsanalysen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Zuschauerinnen und Zuschauer! Bei der Bundeswehr stehen wir vor großen Herausforderungen. Diese werden wir aber nicht meistern, indem wir neue Worthülsen in die Welt setzen, sondern indem wir hier entsprechende Maßnahmen kohärent, zielgerichtet und schnellstmöglich ausgestalten und umsetzen. Dabei muss auch bedacht werden, dass die Bundeswehr als Institution den sozialen Bedürfnissen ihrer Angehörigen gerecht werden muss. Ansonsten werden wir die 181 000 Soldatinnen und Soldaten nicht halten, geschweige denn den angestrebten Aufwuchs auf 203 000 erreichen können.
Die vergangenen 20 Monate haben deutlich gemacht: Während wir intensiv über Waffensysteme und Ausrüstung diskutieren, bleiben wesentliche Aspekte der Soldatenbetreuung und -fürsorge im Schatten. Viele Soldaten haben mich – oft mit einem Hauch der Verwunderung – angesprochen, nachdem sie die Tagesordnung der Sitzungen des Ausschusses durchgegangen sind. Sie fragten mich, und das zu Recht, warum wir kaum über die dringenden Anliegen sprechen wie die Entlohnung von Überstunden, den Mangel an Kitaplätzen oder bessere Unterstützung bei der Kinder- und Angehörigenpflege, und das, obwohl die Diskrepanz zwischen den steigenden Anforderungen an unsere Truppe und unseren Fürsorgeangeboten nicht zu übersehen ist. Von dem Anspruch „Wenn wir mehr von unseren Damen und Herren in Uniform verlangen, müssen wir auch mehr für sie tun“ sind wir als Parlament leider noch weit entfernt.
Die Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle, verbesserter Regelungen für Elternzeit und die Übernahme von Betreuungskosten sind wichtige Maßnahmen. Doch wir benötigen ein umfassendes Konzept, das die Lebensrealität unserer Soldatinnen und Soldaten vollständig berücksichtigt.
Die Aufgabe ist klar: die sozialen Rahmenbedingungen zu schaffen, die es unseren Soldaten ermöglichen, ihre Aufträge zu erfüllen. Wir müssen dahin kommen, dass sich der Soldat im Einsatz oder bei anderen Verwendungen keine Sorgen um die Betreuung seiner Kinder oder die Pflege seiner Angehörigen machen muss. Hier können wir unseren Soldaten nicht zumuten, dies alles selbst zu regeln.
Beifall bei der CDU/CSU)
Und auch da, wo Unterstützungsangebote existieren, zum Beispiel bei der Soldaten-Haushaltshilfen-Verordnung, machen wir es unseren Soldatinnen und Soldaten unnötig schwer, diese in Anspruch zu nehmen. Es fängt bei einem übermäßig bürokratischen Antragsprozess an und endet mit einem viel zu niedrigen Tagessatz, welcher erstattet werden kann. 50 Euro pro Tag sind angesichts der Inflation, der jüngsten Tarifergebnisse und der Kostensteigerungen nicht mehr ausreichend. Daran hätte dieses Gesetzesvorhaben etwas ändern können, tut es aber leider nicht.
Aber es geht nicht nur um Verbesserungen bei der finanziellen Unterstützung, sondern auch um die Sicherstellung der kurzfristigen Verfügbarkeit von Betreuungs- und Pflegeplätzen. Und genau da wird der omnipräsente Fachkräftemangel zu einem Problem. Auch hier könnten Gesetzesänderungen helfen. Eine Maßnahme, die bei diesem Gesetzesvorhaben hätte ergriffen werden können, wäre ebendiese vollständige Abschaffung der Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogenen Altersrenten gewesen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ehemalige Soldaten, die noch arbeiten wollen, sollen dies auch ohne finanzielle Einbußen tun können. Zwar setzt der Entwurf hier an und schafft die Hinzuverdienstgrenze bei vorübergehender Erhöhung der Ruhegehaltsfähigkeit ab, bleibt aber leider hinter dem zurück, was möglich gewesen wäre.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, neue Wege müssen gegangen werden. Die sozialen Bedürfnisse unserer Soldatinnen und Soldaten müssen in den Fokus gerückt werden. Ohne ein Umdenken sind Ziele wie Kaltstartfähigkeit oder gar Kriegstüchtigkeit nicht zu erreichen. Was wir benötigen, ist ein ganzheitliches Konzept, das sowohl die persönliche Einsatzbereitschaft sicherstellt als auch die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Dienst gewährleistet, und das auch bei kurzfristigem Bedarf. Darauf warten wir leider nach wie vor.
Danke schön.
Beifall bei der CDU/CSU)
Die nächste Rednerin ist Sara Nanni für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)