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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Zauberwort nach all der Emotionalität, die wir gerade erfahren haben, scheint mir in diesem Zusammenhang Folgendes zu sein: Verantwortung. Und diese haben wir in Bezug auf zwei Fragen ins Zentrum zu stellen.
Zum Ersten: Wenn wir uns heute entscheiden, Georgien und Moldau zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären, ist das ein wirksames und legitimes Mittel, um irreguläre Migration, also Migration ohne Aussicht auf Schutzbedürftigkeit, wirksam zu reduzieren? Das ist die erste Verantwortung. Die Antwort lautet Ja.
Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Die zweite Verantwortung, der wir uns auch zu stellen haben, ist, über die Situation der Schutzbedürftigen zu sprechen, was in allen Diskussionen ja immer eine große Rolle spielte. Wir können dabei nicht verkennen – und auch das zeigten die Anhörungen und parlamentarischen Verhandlungen in den letzten Jahren zu dem Thema wiederholt –: Bei Georgien und Moldau kann man den Umstand nicht ignorieren, dass es sich um Staaten mit Visafreiheit handelt. Das bedeutet in Bezug auf viele Menschen konkret, dass sie real und auch subjektiv keinen Schutzanspruch haben, das auch wissen, aber mangels Alternativen diese Möglichkeit über die Visafreiheit nutzen. Das Ergebnis ist allerdings voraussehbar: negative Bescheide mit all den Folgen. Ist das rational und sinnvoll? Aus unserer Sicht lautet die Antwort Nein.
Darüber hinaus wird die Schutzbedürftigkeit schutzbedürftiger Menschen – und es ist wichtig, das deutlich zu machen – durch das Rechtsinstitut der sicheren Herkunftsstaaten nicht geleugnet, sondern bei allen beschleunigten Verfahren gibt es immer noch eine Anhörung und reguläre Mechanismen.
Das sagen wir seit Jahren!)
Bei Schutzbedürftigkeit besteht trotz Visafreiheit auch die reale Möglichkeit, Schutzanspruch zu bekommen. Und es gibt keinen nachgewiesenen Zusammenhang, dass durch die Einführung sicherer Herkunftsstaaten weniger Menschen Schutz erhalten.
Europäische Beispiele – und ich nenne hier nur Österreich – zeigen das Gegenteil: einen signifikanten Rückgang der Anzahl von Anträgen, aber einen Anstieg der Quote derjenigen, die Schutz erfahren haben, die eine Aufenthaltserlaubnis bekommen haben. Also, dieser Konnex, diese Kausalität ist gerade nicht gegeben. Und damit können wir auch selbstbewusst antworten: Ja, wir können es verantworten.
Darüber hinaus sehen wir – wir machen es uns eben nicht einfach; wir entscheiden hier nicht mit Hurrarufen – natürlich die Situation von LGBTQI+-Personen in Georgien. Und wir sehen auch, dass mit der Entscheidung des BAMF, die stigmatisierende Praxis der Diskretionsprognosen und der Diskretionsgebote zu beenden, noch nicht alles getan ist und dass weitere Schritte notwendig sind, aber in allen Verfahren, um vulnerable Personen besser zu schützen.
Zum anderen – hier spreche ich über die Situation der Roma in Moldau – wird es unsere Aufgabe sein, sicherzustellen – das ist kein leichter Weg –, dass die Situation der Roma in Moldau selbst eine bessere ist. Außerdem muss in allen Asylverfahren, ungeachtet des Herkunftslandes, die Vulnerabilität von Roma besser geachtet werden. Wir müssen uns immer wieder klarmachen, dass diese Personengruppe, nicht nur die deutschen Sinti und Romas, sondern die europäischen Roma, Opfer des Holocaust waren.
Ich fasse zusammen. Unsere Entscheidung für sichere Herkunftsstaaten ist nicht die Generallösung, sie ist nicht der absolut einfache Weg, sondern sie ist im Zusammenhang zu begreifen, mit einem ganzheitlichen Ansatz, der nicht schnell populistisch Applaus verursacht, aber der der richtige ist, weil er mit Vernunft und Augenmaß konsequent durchgesetzt wird.
Das heißt, wir kümmern uns auch um Migrationsabkommen. Und wir ignorieren auch das Ruanda-Urteil des britischen Supreme Court nicht. Es lautete nicht: Drittstaatenverfahren sind generell ungültig. Vielmehr steht dort sehr deutlich: Wir können nicht einfach – vorbei an Rechten und vorbei an Standards – unsere Fragen und Probleme externalisieren.
Ein Letztes noch. Ein Kollege der Union sagte mir gestern öffentlich in einem TV-Interview: Lieber Ruanda oder Nordafrika als auf dem Sozialamt in Deutschland. – Ich glaube, dieses Niveau können und dürfen wir nicht erreichen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir müssen bei aller Beschränkung, aller Reduzierung immer noch unsere Prinzipien, –
Kollege, denken Sie an Ihre Redezeit.
– unsere Standards einhalten und unseren Kompass bewahren. Genau so ist es verantwortbar, Georgien und Moldau zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Stephan Thomae [FDP]
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Detlef Seif das Wort.
Beifall bei der CDU/CSU)